Betze-Geflüster Ein Autogramm von Azubi Spalvis

Noch ist alles neu für Lukas Spalvis (vorn), aber er macht seinem Job gern und sein Chef Mustafa Ucar hilft ihm dabei.
Noch ist alles neu für Lukas Spalvis (vorn), aber er macht seinem Job gern und sein Chef Mustafa Ucar hilft ihm dabei.

Lukas Spalvis kennt das Fußballgeschäft von ganz oben und ganz unten. Mit 23 hatte er mit der Nationalmannschaft Litauens fast alle Länder Europas bereist. Er hat die dänische Meisterschale und den Pokal hochgereckt, war Torschützenkönig, hat für Sporting Lissabon gespielt, wurde vor der Westkurve gefeiert. Sein neues Leben sieht anders aus. Er ist Azubi, drückt die Schulbank.

Eigentlich hätte Lukas Spalvis’ Lebensgeschichte das Märchen schlechthin werden können. Seine Mutter ist Profihandballerin, wandert mit ihm für den Handball nach Deutschland aus. Sie spielt Bundesliga, er wird Fußballprofi. Und beide leben glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage. Die Realität sieht ein bisschen anders aus und zwischen den Märchenteilen gibt es ein paar Gruselstücke.

Lukas Spalvis ist fünf, als er nach Deutschland kommt. Seine Mutter spielt erst in Leverkusen, wechselt dann nach Frankfurt/Oder, feiert mit den Handballern die Deutsche Meisterschaft und den Pokalsieg. Lukas kommt in Frankfurt in die Grundschule. Als er in die fünfte Klasse geht, folgt der letzte Familienumzug nach Grenzach-Wyhlen, einem 15.000-Einwohner-Ort an der Schweizer Grenze. Lukas machte der Umzug und der Wechsel nicht viel aus. Er fand immer schnell Freunde, hatte den Fußball. Mit sechs Jahren kickte er beim FFC in Frankfurt/Oder, mit 15, 16 wechselte er zum Sportclub Freiburg und nahm den Sport plötzlich „ernster“, wie er sagt. Er „verschob seine Prioritäten“, wechselte von der Realschule auf die Hauptschule, um mehr trainieren zu können. Er durfte mit dem U17-Kader der litauischen Nationalmannschaft trainieren, nahm an der U19-EM in Litauen teil. Als es in Freiburg einen Wechsel gab, Christian Streich vom Jugendleiter zum Profi-trainer wurde, zog Spalvis nach Litauen, wechselte an die Fußballakademie, ging dort zur Schule, trainierte mit dem Kader der Nationalmannschaft. Nach etwa einem halben Jahr entdeckte ihn ein Scout. Spalvis war bei Hertha BSC und in Dänemark im Probetraining. „Ich war gerade mit der Schule fertig und habe drei Monate in Dänemark mittrainiert“, erzählt er. Der Lohn für seinen Fleiß war ein Profivertrag bei Aalborg BK. Er zog allein nach Dänemark, hatte mit 18 seine erste eigene Wohnung. „Ich konnte zum Glück Englisch. Es war eine Herausforderung, hat aber auch Spaß gemacht“, sagt er heute.

Der Durchbruch

Für Lukas Spalvis ging es sofort steil bergauf. „Im ersten Jahr wurden wir Pokalsieger und dänischer Meister. Ich habe in meinem ersten Profijahr sofort den Durchbruch geschafft.“ Sein Vertrag wurde verlängert. Dann kam der große Fall. Nach Meisterschaft und Champions-League-Quali riss er sich das Kreuzband. Es war seine erste große Verletzung und der Beginn seiner Geschichte, die geprägt ist von „vielen Ups und Downs“. Nach einem Jahr Pause und Reha in der Schweiz ging es wieder bergauf: Er wurde Torschützenkönig in Dänemark. Im Februar unterschrieb er einen Vertrag für die neue Saison in Portugal. Sporting Lissabon wollte ihn. Und Lukas Spalvis erlebte eine komplett andere Welt. „Der Fußball ist da auf einem anderen Niveau. Das ganze Land ist komplett fußballverrückt. Jeder Taxifahrer ist Benficafan.“ Als er in Lissabon ankam, fehlten ein halbes Dutzend Spieler, die später dazukamen. Sie waren gerade Europameister geworden. „Und plötzlich sitzen sie bei Dir in der Kabine.“

Der Fall

Es hätte eine ganz große Zeit werden können. Doch Lukas Spalvis’ Höhenflug wurde mal wieder gebremst: Im Trainingslager in der Schweiz blieb er beim Freundschaftsspiel im Rasen hängen und er wusste sofort, was passiert war: Das Kreuzband war gerissen. Diesmal im anderen Knie. Dem Litauer war klar, was das bedeutete. „Es war ein schwerer, harter Schlag.“ Und er wusste, dass es schwer werden würde, in dem Verein, mit den großen Namen, zurückzukommen und Fuß zu fassen. Er machte Reha in Portugal, trainierte jeden Tag. Doch an dem Tag, an dem er sich zurückmelden und voll motiviert wieder ins Mannschaftstraining einsteigen wollte, kam der große Dämpfer: „Ich wurde höflich freigestellt“, erzählt er, und es klingt bitter. Urlaub machen und das Geld, das er weiter verdiente auszugeben, war aber nicht das, was er wollte. Er wollte spielen. Sein Berater nahm Kontakt zu Boris Notzon auf und schließlich wechselte er zunächst auf Leihbasis zum 1. FC Kaiserslautern.

Die Rückkehr

„Es war wie eine Rückkehr nach Hause. Ich kenne das Land, die Sprache, die Mentalität“, schwärmt er vom reibungslosen Wechsel und seinem schnellen Re-Start. „Sportlich ging es mir gut, ich habe mich gut gefühlt.“ Im Frühling wurde seine Tochter geboren, sein Vertrag in Lissabon wurde aufgelöst, er blieb in der Pfalz, unterschrieb beim FCK, und am sechsten Spieltag kam der nächste große Schlag: Im Spiel gegen Karlsruhe spürte er einen Schmerz im Knie, den er bisher nicht kannte. Die Diagnose lautete Knorpelschaden. Und eine lange Leidenszeit mit mehreren Operationen, viel Reha und vielen Arztterminen folgte. „Ich bin viel rumgereist, habe viel aus eigener Tasche bezahlt.“ Doch die richtige Lösung fand keiner. „Der Knorpelschaden hat mir den Rest gegeben, körperlich und mental. Irgendwann hast Du auch keine Kraft mehr.“ Spalvis fasste einen Entschluss: Er brauchte Abstand vom Fußball, einen Tapetenwechsel.

Sechs Jahre hat der 28-Jährige inzwischen insgesamt damit verbracht, zurückzukommen. „Ich habe mehr Reha gemacht als Fußball gespielt.“ Groll spürt er trotzdem keinen. „Das, was ich gesehen, was ich erlebt habe, das kannst Du für kein Geld der Welt kaufen.“

Tapetenwechsel

Spalvis fand seinen Weg. Er machte eine Umschulung und hat jetzt einen Ausbildungsplatz. Dank eines leidenschaftlichen FCK-Fans, der mitbekam, dass der ehemalige Fußballprofi auf der Suche war. Mustafa Ucar, Geschäftsführer der IHplus GmbH, einer alteingesessenen Firma aus Kaiserslautern, die Leiharbeiter vermittelt, unter anderem für den Servicebereich des FCK, auch Sponsor des FCK ist, lernte Lukas Spalvis kennen und war sofort begeistert von ihm. „Ich war schon Fan von ihm, als er noch Fußball gespielt hat“, erzählt Familienvater Ucar, 43, der selbst 25 Jahre lang Fußball gespielt hat. Vor kurzem hat Spalvis bei ihm eine zweieinhalbjährige Ausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation und -management begonnen. Sein Chef ist begeistert von ihm. „Er passt sehr gut ins Team, ist zuverlässig, engagiert und eine Bereicherung für uns“, schwärmt er, ist ein wenig stolz, dass ein ehemaliger FCK-Profi in seinem Büro sitzt. Und es macht ihm nichts aus, wenn jemand fragt, ob er von seinem Azubi ein Autogramm bekommt.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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