Wissen Sprache: Sinn für Grammatik schon bei Babys

„Lange bevor Kinder die Regeln ihrer Muttersprache verstehen, wenden sie diese schon unbewusst an und können grammatikalisch korrekte Sätze bilden. Dafür muss das kindliche Gehirn die regelhaften Beziehungen zwischen den Elementen der Sprache erst einmal erkennen und in irgendeiner Form im Gedächtnis ablegen“, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) Leipzig und der Humboldt-Universität Berlin. Einer aktuellen Studie zufolge beginne dies bereits im ersten Lebensjahr.
Sechs bis acht Monate alte Babys würden sehr schnell ein Gedächtnis für die regelhaften Beziehungen von sprachlichen Elementen aufbauen – selbst dann, wenn die Elemente nicht direkt aufeinander folgten, sondern durch ein variables weiteres Element getrennt seien.
Reaktion von 85 Babys gemessen
In der Studie haben die Forscher die Hirnreaktion von 85 Babys aus einsprachig deutschen Familien gemessen, während diese in einer Lernphase und einer späteren Testphase jeweils zehn Minuten lang kurze italienische Sätze hörten. Die Hirnreaktionen der Babys in der Testphase hätten in zwei Gruppen – eine mit und eine ohne Mittagsschlaf – deutliche Unterschiede zwischen den richtigen und falschen Kombinationen gezeigt. Der Schlaf sei also nicht ausschlaggebend gewesen.
Die Babys könnten ihr Wissen verallgemeinern und würden das richtige Element einer gelernten sprachlichen Kombination selbst dann erwarten, wenn sie einen völlig neuen Verbstamm hören. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder schon im Alter von einem halben Jahr über Gedächtnismechanismen verfügen, die für das Lernen von Grammatik relevant sind“, fasst Angela Friederici, Direktorin am Max-Planck-Institut zusammen. Darüber hinaus biete die Studie einen ersten Hinweis darauf, „dass sich die frühesten Mechanismen des Grammatiklernens von denen des Lernens von Wortbedeutungen unterscheiden“.