Wissen Eigener Geschmackssinn für Lakritze

Bei Lakritz-Freunden ein Klassiker sind die Schnecken.
Bei Lakritz-Freunden ein Klassiker sind die Schnecken.

Salzig? Bitter? Und auch ein bisschen sauer? Der Geschmack von Lakritz lässt sich schwer einordnen, er ist ziemlich speziell. Laut einer US-Studie ist das nicht verwunderlich. Denn Lakritz enthält große Mengen an Salmiak – und den können wir auf unserer Zunge gezielt schmecken.

Salzig, süß, sauer, bitter und umami (vollmundig) – auf die Wahrnehmung dieser Geschmacksrichtungen ist unsere Zunge geeicht. Doch Wissenschaftler wissen schon länger, dass es noch weitere Gechmacksrichtungen gibt. Wie beispielsweise den Geschmack für Fette, für den man 2012 am Deutschen Institut für Ernährungsforschung eigens ausgebildete Sinneszellen auf der Zunge entdeckte. Und US-Forscher fanden dort einen Rezeptor namens T1R1, der uns Calcium schmecken lässt. Auch dass wir Ammoniumchlorid, so der chemische Terminus für Salmiak, schmecken können, ist schon länger bekannt. Viele Menschen meiden ihn, wenn er zu intensiv durchschmeckt. In Skandinavíen und Holland wird er hingegen geliebt, Lakritze sind dort fast ein Grundnahrungsmittel. Einen eigenen Rezeptor für seinen Geschmack konnte man allerdings niemals finden - doch den brauchen wir offenbar auch gar nicht.

Ein Forscherteam um Emily Liman von der University of Southern California (Südkalifornien) hat entdeckt, dass die Sinneszellen der Zunge, die uns die Geschmacksrichtung „sauer“ vermitteln, auch auf Ammoniumchlorid reagieren. Dies geschieht über ein Protein namens Otop1. Im Laborexperiment an Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass Ammoniumchlorid diese Mechanismen genauso und manchmal sogar stärker aktiviert als Säure.

Der Sitz der Salmiakwahrnehmung auf den Sauer-Rezeptoren könnte bedeuten, dass wir das Salz als sauer wahrnehmen, sodass wir es letztendlich nicht von Zitronensaft oder anderen sauren Substanzen unterscheiden können. Doch das wird verhindert, indem Ammoniumchlorid auch die Bitterrezeptoren auf der Zunge stimuliert. Dadurch entsteht ein spezifischer Sauer-Bitter-Mix, den wir als Salmiak erkennen können.

Bleibt die Frage, was es aus evolutionärer Sicht für einen Vorteil hat, dass der Mensch Salmiak schmecken kann. Süß, fett und umami lassen ihn zielsicher zu energiereichen Speisen greifen, salzig führt ihn zu wichtigen Mineralien, und bitter und sauer schützen vor Giften. Liman vermutet letzteres Ziel auch bei der Wahrnehmung für Ammonium: „Denn es kommt in Abfallprodukten vor, man denke nur an Düngemittel, und daher ist es naheliegend, dass wir Geschmacksmechanismen entwickelt haben, um es zu erkennen.“ Selbst für den tütenweisen Verzehr von Lakritze sind schwere bis tödliche Vergiftungsfälle dokumentiert. Es ist eben die Dosis, die das Gift macht.

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