Verbraucherschutz Restschuldversicherungen am Pranger

Eine Restschuldversicherung kann sinnvoll sein. Sie macht einen Kredit aber auch teuer.
Eine Restschuldversicherung kann sinnvoll sein. Sie macht einen Kredit aber auch teuer.

Andreas Eichhorst ist empört. „Effektive Jahreszinsen über 20 Prozent sind Wucher“, stellt der Chef der Verbraucherzentrale Sachsen klar. Im Fall weit verbreiteter Verbraucherkredite mit verbundener Restschuldversicherung ist das aber schwer gerichtsfest zu machen.

Das Bündnis gegen Bankenwucher, das 2018 von den Sachsen mitgegründet worden ist, hat sich deshalb nun Versicherungsexpertise mit ins Boot geholt: Ab sofort ist auch der Bund der Versicherten (BdV) Teil der bundesweit aktiven Verbraucherschutzgemeinschaft. „Mit einer Restschuldversicherung wird ein teueres Darlehen zum Wucherdarlehen“, prangert auch BdV-Chef Axel Kleinlein an. Schuld daran seien überhöhte Provisionen für diese Art von Police, die im übrigen weitgehend unnötig sei, aber eben oft im Paket an Kreditsuchende verkauft wird. „Da wird viel Schindluder getrieben“, findet Kleinlein. Dreh- und Angelpunkt des Übels seien die Provisionen.

Kein Druckfehler

Das habe die Politik zwar theoretisch erkannt, leider aber praktisch soeben etwas beschlossen, das der BdV-Chef einen „Pseudoprovisionsdeckel“ nennt. Der liege bei 2,5 Prozent der Darlehenssumme. Erst habe er gedacht, es handle sich um einen Druckfehler und es seien 2,5 Promille gemeint sagt Kleinlein und versucht seine Verwunderung zu veranschaulichen. „Ein Deckel bei 2,5 Prozent ist wie ein Tempolimit von 230 Stundenkilometer.“ Beides sei praktisch ohne Auswirkung weil zu hoch, will der Verbraucherschützer damit sagen.

22 Prozent pro Jahr

Was die derzeitige Praxis bedeuten kann, schildert Eichhorst am Beispiel eines Ehepaars mit 2500 Euro Nettoeinkommen, das einen Kredit über 38.000 Euro aufgenommen hat und dazu von der Bank zusätzlich eine Restschuldversicherung aufs Auge gedrückt bekam. Eine solche Police springt ein, wenn Kredite zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit oder schwerer Krankheiten nicht mehr getilgt werden können. „Am Ende hätte das Paar über 70.000 Euro zurückzahlen müssen“, hat Eichhorst ausgerechnet. Der zugehörige effektive Jahreszins habe 22 Prozent betragen, was wohl nicht nur der Verbraucherschützer als dreist empfindet.

Um so etwas künftig zu verhindern, erwägt das inzwischen gut 20 Mitglieder starke Bündnis gegen Wucher nun auch eine sogenannte Musterfeststellungsklage. Für eine solche Verbandsklage braucht man eine bestimmte Zahl vergleichbar Betroffener, in deren Namen Verbraucherzentralen und BdV klagen können. „Wir haben hier aber eine große Verschämtheitsquote“, sagt Eichhorst. Er meint damit, dass Verbraucher, die von Banken und Versicherern gemeinsam über den Tisch gezogen wurden, oft Hemmungen haben, ihren Fall öffentlich zu machen. Sie fürchten, als allzu leichtgläubig und naiv wahrgenommen zu werden.

Verband sieht es anders

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht das anders. Restschuldversicherung biete Schutz vor finanziell existenzgefährdenden Risiken, erklärt er zu den Wuchervorwürfen. Provision sei die Vergütung für gründliche Beratung. In seiner Stellungnahme zum Provisionsdeckel hielt der GDV bis zu 4 Prozent für angemessen.

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