Fragen und Antworten Muss ich beim Zensus mitmachen?

Interviewer für den Zensus kündigen ihren Besuch immer schriftlich an. Sie klingeln nicht unangekündigt an der Haustür.
Interviewer für den Zensus kündigen ihren Besuch immer schriftlich an. Sie klingeln nicht unangekündigt an der Haustür.

Derzeit werden mehr als 30 Millionen zufällig ausgewählte Bürger in Deutschland in einer Volkszählung etwa zu Familienstand, Staatsangehörigkeit sowie Wohn- und Arbeitssituation befragt. Interviewer klappern gerade die Haushalte ab, um Auskünfte zu ergattern – von Wohnverhältnissen über Familienstand bis hin zum Beruf. Dürfen die das?

Kommen die Interviewer einfach so vorbei?
Interviewerinnen und Interviewer für den Zensus kündigen ihren Besuch immer schriftlich an. „Sie klingeln nicht unangekündigt an der Haustür“, erklärte Katja Wilken, Gesamtprojektleiterin des Zensus 2022 beim Statistischen Bundesamt, am Mittwoch in Wiesbaden. Auf der Ankündigung seien das Datum und ein konkretes Zeitfenster sowie die Kontaktdaten vermerkt, teilte das Bundesamt weiter mit.

Der Termin könne nach Absprache verschoben werden. Die Interviewerinnen und Interviewer würden sich außerdem mit einem Ausweis für Erhebungsbeauftragte ausweisen, der nur in Kombination mit einem amtlichen Lichtbildausweis gültig sei.

Muss ich den Interviewer in die Wohnung lassen?
Die persönliche Befragung sei kurz und könne an der Tür erledigt werden, zu Befragende müssten niemanden in ihre Wohnung lassen. Die Erhebungsbeauftragten würden auch nicht anrufen – es sei denn, die Befragten selbst hätten vorher telefonisch Kontakt aufgenommen, so Wilken weiter.

Beim Zensus werden mehr als 30 Millionen Menschen in den kommenden drei Monaten zu verschiedenen Themen wie Bildung oder Beruf befragt. Die Bevölkerungsbefragung ist Teil einer EU-weiten Erhebung.

Was ist das Ziel der Volkszählung?
Ziel ist, eine verlässliche Planungsgrundlage für politische und wirtschaftliche Entscheidungen in Bund, Ländern und Gemeinden zu schaffen. Mit dem Zensus sollen die genaue Bevölkerungszahl ermittelt und Ungenauigkeiten in den Melderegistern behoben werden. 2011 hatte sich herausgestellt, dass in vielen Städten und Gemeinden weniger Menschen leben als angenommen – mit schmerzhaften finanziellen Konsequenzen, da sich die Höhe von Zahlungen aus dem Finanzausgleich an der Bevölkerungszahl bemisst.

Wer wird gezählt?
Nicht alle Bewohner des Landes werden gezählt. Es muss nur eine Stichprobe Auskunft geben, wie sie wohnt und arbeitet. Individuelle Lebensverhältnisse oder persönlichen Einstellungen der Befragten werden nicht erhoben. Um in allen Gemeinden die gewünschte Qualität der Einwohnerzahlen zu erhalten, müssen in kleinen Orten prozentual mehr Männer und Frauen befragt werden als in Großstädten, erläutert Alexander Grund vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg. Eine Vollerhebung wird allein in Gemeinschaftsunterkünften wie Studentenwohnheimen vorgenommen.

Wie wird gezählt?
Die für die Stichprobe ausgewählten Haushalte erhalten seit Mitte Mai einen Terminvorschlag. Zum vereinbarten Datum kommen die Interviewer persönlich vorbei und stellen Fragen zu Namen, Geschlecht, Familienstand, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnstatus. „Die Erhebungsbeauftragten betreten das Haus oder die Wohnung nur auf ausdrückliche Erlaubnis hin“, wie Grund erläutert. Im Anschluss werden die Zugangsdaten für einen Online-Fragebogen mit weiteren Fragen zu Bildung und Beruf übergeben. Für die Statistiker spielt das Online-Verfahren eine immer größere Rolle, auch wegen des Klimaschutzes. Alle Papier-Fragebögen von 2011 hätten übereinandergestapelt den Mount Everest übertroffen. Bei Terminproblemen gibt es auch die Möglichkeit eines Telefoninterviews.

Was wird erhoben?
Etwa 10,3 Millionen zufällig ausgewählte Menschen werden unter anderem zu Name, Geschlecht, Familienstand und Staatsangehörigkeit befragt. Etwa drei Viertel der Personen werden laut Statistischem Bundesamt zudem Fragen aus einem erweiterten Fragebogen gestellt. Dabei geht es etwa um Schulabschluss oder Beruf. Auch die rund 300.000 Menschen, die in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften leben, werden erfasst. Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften werden nicht direkt befragt. Dort gibt die Einrichtungsleitung stellvertretend Auskunft.

Zudem sollen alle etwa 23 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer oder Verwaltungen von Wohnraum Auskunft zu ihren Wohnungen und Wohngebäuden geben. In Deutschland gibt es kein einheitliches Verwaltungsregister, das den Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen flächendeckend erfasst. Deshalb sei die Gebäude- und Wohnungszählung wichtiger Bestandteil des Zensus 2022, erläuterte das Statistische Bundesamt. Erstmals werden auch die Nettokaltmiete, Dauer und Grund für einen Leerstand sowie der Energieträger der Heizung abgefragt. Damit gehe man auf aktuelle Datenbedarfe ein und liefere eine wichtige Datengrundlage für künftige Planungen.

Kann man die ganze Befragung oder einzelne Antworten verweigern?
Um eine hohe Genauigkeit der Ergebnisse sicherzustellen, besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht. Kommen ihr Befragte auch nach mehrmaliger Erinnerung nicht nach, können Zwangsgelder erhoben werden. In der Regel sind dies 300 Euro. Mit großem Widerstand rechnen die Verantwortlichen aber nicht.

Wer zählt?
Bis August werden rund 100.000 Interviewerinnen und Interviewer im Einsatz sein. Die geschulten Ehrenamtlichen unterliegen der statistischen Geheimhaltungspflicht. Voraussetzungen für den Job sind Volljährigkeit, Zuverlässigkeit, gute Deutschkenntnisse und Verschwiegenheit. Für ihre Tätigkeit erhalten sie von den Stadt- und Landkreisen eine steuerfreie Entschädigung in Höhe von durchschnittlich 700 Euro.

Wie viel Zeit kostet im Schnitt die Beantwortung aller Fragen?
Der Aufwand für die Bürger ist den Statistikern zufolge gering. Die Befragung vor Ort dauere maximal fünf Minuten, die Beantwortung des Online-Fragebogens etwa zehn Minuten.

Warum wird trotz Pandemie und Ukraine-Krise gezählt?
Das Statistische Landesamt verteidigt den Zeitpunkt mit den bereits lange laufenden Planungen, drohenden Mehrkosten und Vorgaben der EU. Eine erneute Verschiebung sei unverhältnismäßig.

Wie steht es mit dem Datenschutz?
Das Statistische Bundesamt betont, dass Vorgaben zum Datenschutz aus dem Bundesstatistikgesetz und der Datenschutzgrundverordnung beachtet würden. Die Daten würden nicht an Behörden außerhalb der amtlichen Statistik weitergegeben und nur anonymisiert ausgewertet. Außerdem würden personenbezogene Daten zur Aufbereitung benötigt und zum frühestmöglichen Zeitpunkt gelöscht. Veröffentlicht würden nur zusammengefasste Ergebnisse, die keine Rückschlüsse auf einzelne Personen, Haushalte oder Gebäude zulassen, hieß es. Die Interviewer müssten sich schriftlich verpflichten, das Statistikgeheimnis zu wahren.

Der Landesdatenschutzbeauftragte in Baden-Württemberg, Stefan Brink, hat nichts auszusetzen. „Der Zensus ist in puncto Datenschutz unproblematisch“, meint er. Die Daten würden sofort in die Statistik eingespeist. Ein Personenbezug lasse sich dann nicht mehr herstellen. Die Kampagne werde von ihm und seinen Kollegen eng begleitet. „Wir sehen uns nicht mehr als Opposition zum Staat.“ Dieser sei auf eine Fülle von Informationen angewiesen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden – das habe nicht zuletzt die Pandemie gezeigt.

Wann ist der nächste Zensus?
Die Europäische Union verpflichtet ihre Mitgliedstaaten, alle zehn Jahre einen Zensus durchzuführen. Turnusmäßig wäre dies in Deutschland 2021 der Fall gewesen – der Termin wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Deshalb kommt der nächste Zensus bereits in neun Jahren, also 2031.

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