Wirtschaft Kommentar: Mitbestimmung wird schwieriger

Mit den neuen Umbauplänen trennt sich Siemens von alten Grundsätzen. Eine Erfolgsgarantie ist mit der neuen Struktur aber nicht verbunden.

Siemens steht im Dauerumbau. Die jetzigen Pläne künden allerdings nicht von einer weiteren Sparrunde. Es geht vielmehr um die Abkehr von bisherigen Grundsätzen. So steht die Zentrale von Siemens künftig nicht mehr primär in München, was daher kommt, dass es künftig sechs statt einem Siemens geben wird: Die drei demnächst selbstständigen Teilkonzerne haben ihre Hauptquartiere in Houston (USA), Zug (Schweiz) und Nürnberg. Dazu kommen drei Mehrheitsbeteiligungen – Healthineers, Siemens-Gamesa und die noch zu schaffende Siemens-Alstom. Während dieser neue Struktur keine Stellen zum Opfer fallen sollen, dürfte die Mitbestimmung künftig schwieriger werden. Zentralen im Ausland schwächen die Macht heimischer Betriebsräte und Gewerkschaften. IG Metall und die Siemens-Arbeitnehmervertreter lehnen eine Holding-Struktur deshalb rundweg ab. Doch sie werden diese kaum verhindern können. Die Frage ist, wann die Siemens-Holding komplett vollzogen ist und nicht, ob das geschieht. Flankiert wird der Radikalumbau bei Siemens von einem weltweiten Trend zu Nationalismus und Protektionismus, was lokale Wertschöpfung immer wichtiger macht. Das und die künftige Siemens-Struktur werden im Zusammenspiel fraglos erhebliche Auswirkungen auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben und die Entscheidung, wo diese entstehen. Zumindest agiert Siemens aus einer Position der Stärke heraus. US-Erzrivale General Electric dagegen – lange ein unerreichtes Vorbild – ist ein Getriebener und wälzt Pläne für seine eigene Zerschlagung. Große Konzerne auch in der Autoindustrie wie Daimler oder VW zerlegen sich, weil sonst die Gefahr droht, dass es Dritte für sie tun. Insofern ist Siemens nur ein Teil dieser Entwicklung. Wobei mit der neuen Struktur freilich keine Erfolgsgarantie verbunden ist. In die Irre managen kann man in jeder Struktur.

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