Wirtschaft Intensive Suche nach Covid-19-Heilmittel

Das Coronavirus lähmt den Alltag vieler Menschen – und macht einige krank. Noch gibt es kein zielgerichtetes Medikament dagegen. Doch die Forschung hat außerordentlich schnell Fahrt aufgenommen.

Die Welt stemmt sich gegen das neue Coronavirus. Mit Ausgangssperren, Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen. Ein zielgerichtetes Medikament gegen die von Sars-CoV-2 verursachte Lungenerkrankung Covid-19 gehört bislang nicht zum Arsenal im Kampf gegen die Pandemie. Doch die Forschung läuft auf Hochtouren. Experten setzen vor allem darauf, Medikamente einzusetzen, die bereits für andere Anwendungen erprobt sind. Diese müssten dann vor ihrer Zulassung nicht mehr so aufwendig getestet werden.

So wollen Tübinger Mediziner das Medikament Chloroquin im Kampf gegen Corona-Erkrankungen testen. Bereits in der kommenden Woche soll mit einer Studie an Menschen begonnen werden. Chloroquin ist eigentlich ein Medikament gegen Malaria. Es wirke aber auch gegen viele Viren, sagen die Forscher. Auch gegen Sars-CoV-2, wie zumindest Versuche im Reagenzglas zeigten.

Roche testet ein Arthritis-Medikament

Bereits Anfang April will der Schweizer Pharma- und Diagnostika-Konzern Roche, zu dem auch ein Standort in Mannheim mit 8370 Mitarbeitern gehört, in größerem Umfang testen, wie ein eigenes Medikament bei Patienten wirkt, die schwer an Covid-19 erkrankt sind. Bei dem Roche-Medikament handelt es sich um Actemra, ein Mittel das eigentlich gegen Arthritis eingesetzt wird, eine entzündliche Gelenkerkrankung, und das in 110 Ländern weltweit zugelassen ist. Wie der Schweizer Konzern mitteilte, habe es einige unabhängige klinische Tests gegeben, die Hinweise auf eine positive Wirkung bei der Behandlung von Patienten mit einer Covid-19-Lungenentzündung zeigten.

Die meisten benötigen keine Medikamente

Die meisten Menschen, die sich mit Sars-CoV-2 anstecken, benötigen keine Medikamente. Etwa 80 Prozent der Infizierten erholen sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ohne besondere Behandlung. Doch es kann auch zu einem schweren Krankheitsverlauf mit Atemproblemen kommen. Meist sind das Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen.

„Sie werden behandelt wie ein Patient, der eine schwere Lungenentzündung hat – nur dass wir eben kein Antibiotikum haben wie bei einer bakteriellen Infektion“, erläutert Susanne Herold, die an der Justus-Liebig-Universität Gießen eine Professur für Infektionskrankheiten der Lunge hat. Die Patienten würden etwa mit Sauerstoff versorgt oder künstlich beatmet.

Impfstoff vielleicht im Herbst

Bislang gibt es keinen Impfstoff, der eine Ansteckung unterbindet. Ein spezifisch wirkendes Medikament könnte helfen, schwere Verläufe abzumildern oder gar zu verhindern. Die Tübinger Biopharma-Firma Curevac hat einen neuen Corona-Impfstoff für den Herbst in Aussicht gestellt. An Curevac ist neben dem SAP-Mitgründer Dietmar Hopp auch die Bill & Melinda Gates Stiftung beteiligt. Curevac kooperiert unter anderem mit dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Auch die Mainzer Biotech-Firma Biontech will mit ihrem chinesischen Partner Fosun Pharma einen Impfstoff entwickeln.

Schaut man bei ClinicalTrials.gov, der größten Datenbank zu klinischen Studien, nach Studien zu Covid-19, die in Vorbereitung sind oder bereits Teilnehmer aufnehmen, landet man derzeit bei deutlich mehr als 50 Treffern. In zahlreichen dieser Untersuchungen werden Medikamente oder Wirkstoffe getestet, die bereits im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen entwickelt und untersucht wurden – darunter neben Chloroquin das Hepatitis-Präparat Ribavirin und ein Mittel gegen Multiple Sklerose (Fingolimod). Große Hoffnungen setzen Fachleute auf die Substanz Remdesivir. Sie wurde ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt, brachte aber in der klinischen Prüfung keine guten Ergebnisse. Eine gewisse Wirksamkeit zeigte sich gegen das Mers-Coronavirus, das 2012 entdeckt wurde. Nun wollen Mediziner prüfen, ob sich der Wirkstoff möglicherweise auch zur Behandlung von Covid-19 einsetzen lässt.

Um klinische Studien kommt man aber auch bei bereits bekannten Mitteln nicht herum. Man spart allerdings bei der Zulassung eines Präparats im besten Fall Zeit. Bereits erforschte Wirkstoffe können unter Umständen schneller in die klinischen Prüfung eintreten, in der das Mittel an größeren Patientengruppen getestet wird – und dann bei erfolgreicher Testung auch schneller zugelassen werden.

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