Rheinpfalz „Warum gerade wir?“

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Koblenz (gana). Es sollte ein Tagesausflug von Mainz nach Bonn werden. Doch der 25. Januar 2014 wird den Klägern in Erinnerung bleiben. Gemeinsam mit seinen zwei kleinen Töchtern sitzt das deutsche Ehepaar auf einem Vierersitz. Es unterhält sich – auf Englisch – über einen Artikel, den es gerade in einer deutschen Zeitung gelesen hat. In Bingen steigen Bundespolizisten ein. Sie kontrollieren die Personalien der Familie. Nachdem sie festgestellt haben, dass alles in Ordnung ist, bedanken sich die Beamten und steigen beim nächsten Halt wieder aus. Das Ganze dauert gerade einmal vier Minuten – und beschäftigt doch schon seit mehr als zwei Jahren die Justiz. Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte den beiden Klägern, die vom „Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung“ unterstützt werden, in erster Instanz Recht gegeben. Die Feststellung ihrer Personalien sei rechtswidrig gewesen. Die Bundesrepublik Deutschland ging als Beklagte dagegen in Berufung. Nach dem ersten Verhandlungstag am OVG im Juli vergangenen Jahres, wurden gestern neue Zeugen gehört, unter anderem die Klägerin, die beim ersten Termin fehlte. Sie sprach von einem „sehr emotionalen Moment“ im Zug. Sie und ihr Mann hätten sich gefragt: „Warum gerade wir?“ Die Polizei habe sie nur aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert. Ihr Mann fand noch deutlichere Worte, er warf den Polizisten „rassendiskriminierende Hintergedanken“ vor. Ein weiterer Fahrgast, der die Szene beobachtet hatte, gab gestern zu Protokoll, dass er vom Vorgehen der Polizei irritiert gewesen sei. Die habe zwar angekündigt, auch andere Personen zu kontrollieren, das sei aber nicht geschehen – „obwohl noch hinreichend Zeit dafür war“. Ganz anders stellte der Bundespolizist aus Kaiserslautern die Sache dar, der den Mann und die Frau damals kontrolliert hatte. Er habe gedacht, bei der Familie handele es sich um Touristen oder US-Soldaten. Diesen Gedanken begründete er damit, dass das Paar sich auf Englisch unterhalten habe. Als Polizist müsse er auch Touristen überprüfen, beispielsweise um festzustellen, ob deren Visum noch gültig ist. Kern der juristischen Auseinandersetzung war die Frage, ob ausreichend Verdachtsmomente vorlagen, um das Ehepaar zu kontrollieren – und zwar unabhängig von deren Hautfarbe. Die Koblenzer Richter kamen nach der ganztägigen Verhandlung gestern kurz vor 19 Uhr zu dem Schluss, dass die Kontrolle der dunkelhäutigen Familie rechtswidrig war. Die Vertreter der Bundesregierung konnten den siebten OVG-Senat nicht davon überzeugen, dass die Auswahl der Personen unabhängig von deren Hautfarbe erfolgte. Die beklagte Bundesrepublik hat die Möglichkeit, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Sollte das geschehen, würde der Fall wohl am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt werden. Einwurf

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