Rheinpfalz Viele Geschmäcker müssen in einen Topf

Neustadt. 60 Flüchtlinge aus ganz verschiedenen Kulturkreisen – das ist auch für Hatice Ilgar eine Herausforderung. Die türkischstämmige Muslima ist Hauswirtschafterin im Asylbewerberheim in Haardt und wird dabei ehrenamtlich von ihrem Ehemann Kemal unterstützt.

Die Küchentür zum Flüchtlingsheim in Haardt steht auf an diesem Morgen. Drinnen dampft es aus großen Töpfen auf dem Herd. Es gibt Lammgulasch mit Nudeln, Brot, Obst, Joghurt. Am Herd der Großküche ist Hatice Ilgar am Werk, ein schwarzes Tuch um die Haare gebunden. Fere Sheferaw aus Afghanistan und Mohammadi Salim aus Äthiopien helfen ihr. Morgens um 9 Uhr beginnt die Köchin mit den Vorbereitungen fürs Mittagessen für die 60 Heimbewohner. Zwischen 12 und 13.30 Uhr wird es serviert, und um 15 Uhr schließt Ilgar die Küche wieder zu. Außerdem ist die Hauswirtschafterin zuständig für die vier Waschmaschinen. Damit sie möglichst effizient genutzt werden, ist inzwischen ein Waschnetzsystem entwickelt worden. Die Wäschenetze haben unterschiedliche Farben, jede Farbe bezieht sich auf ein Stockwerk. Ein Wochenplan regelt den Waschmaschinenbetrieb. Hatice Ilgar ist nicht angestellt, sie arbeitet selbstständig. Sie muss also kalkulieren. Für das Mittagessen müssen 1,80 Euro pro Kopf reichen. Keine einfache Sache. Gerade im Winter, wenn die Preise für frisches Gemüse und Obst hoch sind und Ilgar auch auf Konserven zurückgreift. Das führe schon mal zu Protesten, sagt die Hauswirtschafterin. Aber sie müsse ja auch dafür sorgen, dass die Portionen groß genug sind. Beim Frühstück und Abendessen versorgen die Heimbewohner sich auf eigenen Wunsch selbst. „Das war der Kompromiss, den wir gefunden haben, nachdem es am Anfang große Probleme wegen des Essens gab“, sagt Armin Grimm, Leiter der Abteilung soziale Hilfen in Neustadt. Die Bewohner wollten selbst zu kochen, was die Stadt aber nicht zulassen könne: „In einer Großküche müssen bestimmte Regeln eingehalten werden, da kann nicht jeder kochen.“ Frühstück und Abendessen dürfen die Flüchtlinge aber selbst zubereiten. Sie erhalten dafür zwei Euro. Ganz gelegt haben sich die Diskussionen ums Essen trotz dem nicht. Klagen gibt es weiterhin, sowohl von Seiten der Heimbewohner als auch von Seiten der Hauswirtschafterin. Jack Catarata, sozialpädagogischer Betreuer, hält diese Probleme für ganz normal. „Die Menschen hier haben völlig andere Essgewohnheiten“, sagt er. Inzwischen seien aber Deeskalationsstrategien entwickelt worden. „Es läuft jetzt viel besser“, sagt er. Mittlerweile wird im Nebenraum gegessen. Zum Nachtisch gibt es Joghurt und Apfel, das mag nicht jeder. Hatice Ilagar schickt manchmal ihren Ehemann Kemal, wenn es Konflikte gibt. Als Frau, so klagt sie, werde sie von vielen jungen Männern nicht ernst genommen. Am Mittagessen können auch Besucher teilnehmen. Ilgar bietet das für 2,50 Euro an. Heute ist die Grünen-Kommunalpolitikerin Friderike Graebert da, die auch zum Helferkreis des Nachbarschaftsladen gehört. Sie hat gerade Bücher erhalten, einen Teil davon könne man zu Gunsten der Flüchtlingsunterkunft verkaufen, meint sie. Ein Teil soll aber in der Unterkunft bleiben und den Flüchtlingen helfen, die deutsche Sprache zu lernen, sagt Catarata.

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