Rheinpfalz Viel Raum für Kunst

Noch ziemlich kahle Wände: Mehr Kunst gibt es erst nach der Eröffnung 2018 zu sehen.
Noch ziemlich kahle Wände: Mehr Kunst gibt es erst nach der Eröffnung 2018 zu sehen.

«Mannheim.» Nach der Schlüsselübergabe heute Nachmittag mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird die Kunsthalle noch einmal für ein halbes Jahr geschlossen. Danach wird mehr Kunst zu sehen sein, nicht nur die hoch über den Köpfen der Besucher schwingende Bahnhofsuhr und Anselm Kiefers rätselhaftes riesiges Werk „Sefiroth“. Am Wochenende konnten die Besucher vor allem viele kahle Wände, Sichtbeton, Fensterfronten und leere Kuben auf sich wirken lassen. „Die Architektur wird die Werke gut zur Geltung bringen“, ist Hansjörg Kübler überzeugt. Der gebürtige Mannheimer, der in München lebt und am Wochenende bei seinem Vater zu Besuch war, zeigte sich besonders beeindruckt von den Lichtverhältnissen. „Heute ist ja eigentlich ein recht bedeckter Tag“, sagte er bei seinem Besuch am Sonntagvormittag. „Und trotzdem wirkt die Belichtung toll.“ Auch die Ausstellungsräume hätten eine angemessene Größe für die künftigen Objekte. Er werde mit Sicherheit wiederkommen, wenn die Kunsthalle richtige Ausstellungen zeigen werde, sagte Kübler. Von der Architektur des Museumsbaus sei er jedenfalls schon einmal überzeugt – vor allem davon, dass die Architekten nicht versucht haben, einen Widerspruch zum Jugendstil-Ensemble mit dem Wasserturm und dem Rosengarten zu schaffen. Die Diskussion darum habe er nicht verfolgt, sagte Kübler, und er sei in den vergangenen Jahren auch nur einmal an der Baustelle vorbeigefahren. Sein erster Eindruck jetzt: Die Fassade sei toll. „Aus der Ferne wirkt sie abweisend, und aus der Nähe wirkt sie einladend.“ In drei Jahren ist für 68,3 Millionen Euro ein Neubau entstanden, für den der SAP-Gründer und Mäzen Hans-Werner Hector 50 Millionen Euro gestiftet hat. „Welch ein Glück, dass die Sponsoren da sind und die Stadt sich zurücklehnen kann“, meinte Regina Zoth aus dem Mannheimer Stadtteil Neuhermsheim. Sie sei regelmäßig an der Baustelle vorbeigefahren und überrascht gewesen, wie schnell im Vergleich zum langsamen Abtragen des Altbaus der Neubau entstanden sei. Beim Rundgang durch das neue Museum denke sie gar nicht mehr an das Gebäude, das früher an diesem Platz stand. Spontan sei sie von der Großzügigkeit der Architektur beeindruckt gewesen. „Ich finde es gut, dass nur wenige Objekte gezeigt werden und man sie erst einmal auf sich wirken lassen kann.“ Sie sei schon immer „mit einer gewissen Regelmäßigkeit“ in die Kunsthalle gegangen, sagte Zoth. Gespannt sei sie, wie sich die Fassade in zehn Jahren darstellen werde. Zoths Begleiter, der seinen Namen nicht nennen wollte, interessierte sich – mit einem etwas skeptischen Unterton – vor allem für technische Details wie die Herausforderung, in diesem Bau, der eine Nutzfläche von rund 13.000 Quadratmetern hat, Raumklima und Feuchtigkeit konstant zu halten. Weniger für die Technik und mehr für die Menschen, die zum Tag der offenen Tür gekommen waren, interessierte sich Bernd Siegert. Von oben blickte der Sozialforscher aus Heidelberg auf die Besucher im Foyer, die man von oben beim Beobachten beobachten konnte. „Ich interessiere mich für alle Orte, an denen Menschen zusammenkommen, auch für den Weihnachtsmarkt vor der Tür“, sagte Siegert. Sein Urteil: „Das hier passt zu Mannheim. Es bietet Platz für Kunst und hält sich selbst zurück.“ Er selbst hätte sich – wenn schon fast 70 Millionen Euro investiert werden – einen „absoluten Knaller“ gewünscht, etwas Spektakuläres, Aufregendes: „Der Ort, an dem sich Kunst aufhält, muss anstoßen. Und dafür muss man Widerstände überwinden.“ Der Heidelberger, der sich nach eigenem Bekunden zum Erleben von Kultur eher zu Mannheim hingezogen fühlt als zu seiner eigenen Stadt, hofft nun auf inhaltlich Spektakuläres: Kunst, „die nicht nur die akademisch-interessierte Bevölkerung anzieht, sondern alle Menschen“. Die Architektur, glaubt er, werde bald in den Hintergrund treten.

Geflecht aus Edelstahl: die Fassade der neuen Kunsthalle.
Geflecht aus Edelstahl: die Fassade der neuen Kunsthalle.
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