Rheinpfalz „Riesenstress im Dorf“

Mit einem Verbissgutachten soll im April eine objektive Grundlage gefunden werden, um festzulegen, wie viel Wild im Großsteinhauser Wald geschossen werden darf. Das kündigte Bürgermeister Volker Schmitt an. Bei der Versammlung der Jagdgenossenschaft war es zum Streit über die hohe Abschusszahl des neuen Jagdpächters Uli Osterheld gekommen. Die Jagdgenossen sind nicht unbedingt Jäger, sondern die Besitzer der Grundstückstücke, auf denen gejagt wird – oft also Landwirte (die RHEINPFALZ berichtete).

Schmitt, der auch stellvertretender Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft ist, erläuterte, dass es erst im April sinnvoll sei, sich die Verbissschäden anzuschauen, da zwischen Januar und Ende März die Hauptverbisszeit sei. Anhand der Schäden könne dann ein Fachmann objektiv beurteilen, ob rund um Großsteinhausen zu viele Rehe leben oder der neue Jagdpächter im vergangenen Jahr zu viele geschossen hat. Der Streit entzündete sich an der Zahl von 80 Rehen, die Osterheld im vergangenen Jahr zusammen mit anderen Jägern rund um Großsteinhausen erlegt hatte. In früheren Jahren waren es nur 19 bis 25 Rehe. Im Pachtvertrag stand die Zahl von „mindestens 22 Rehen“ als Richtgröße. Nach dem ersten Jahr im Großsteinhausener Revier schätzt Osterheld, dass sich dort rund 120 Rehe in Feld und Wald getummelt haben könnten. Ansonsten hätte er auch kaum die Zahl von 80 Tieren schießen können. „Die vielen Rehe waren ja da“, bekräftigte Jagdvorsteher Gerd Schnöder. Dass dabei auch Tiere aus benachbarten Revieren geschossen worden sein könnten, lasse sich nicht vermeiden. Osterheld verwahrte sich auch gegen die Behauptung, er würde im Großsteinhauser Wald tun und lassen, was er will. Das übliche Vorgehen sei, im Frühjahr den Bestand zu schätzen, mit dieser Zahl den Zuwachs zu prognostizieren und anschließend die Abschusszahl festzulegen. So werde nun im laufenden Jahr auch anhand des Verbissgutachtens als Grundlage für die Bestandsschätzung verfahren. Grundsätzlich sieht Osterheld einen erhöhten Wildbestand rund um Großsteinhausen, wie die Abschusszahl von 80 Tieren gezeigt habe. Bei der Größe des Großsteinhausener Reviers wären etwa 45 Tiere als Population optimal gewesen. Um diese Zahl zu halten, wäre dann auch ein jährlicher Abschuss von 22 Tieren angemessen gewesen. Kritik wurde in der Versammlung der Jagdgenossenschaft laut an der Jagdmethode Osterhelds und daran, dass es vor Beginn der Jagd keine Begehung gab, um den Bestand zu schätzen. Auch habe Osterheld mit seinen Jagdkollegen bei seinen Drückjagden nicht selektieren können und damit waidmännisch unkorrekt gehandelt. Außerdem seien die Drückjagden nicht korrekt beschildert worden, um Spaziergänger oder Autofahrer zu warnen. Statt viermal so viele Rehe wie üblich zu schießen, wäre besser gewesen, erst nur ein paar mehr als in den Vorjahren zu erlegen und dann zu überprüfen, ob es immer noch zu viele Tiere im Großsteinhausener Wald gibt, so der Vorschlag aus der Runde der 13 am Mittwoch anwesenden Jagdgenossen. „Wir haben hier einen Riesenstress im Dorf wegen der Jagd, und im Staatsforst regt sich kein Mensch auf, wenn dort die gleichen Jagden gemacht werden“, monierte hingegen der Beigeordnete Berthold Lauer, der auch als Beisitzer in der Jagdgenossenschaft fungiert. Der Forst müsste die Gemeinde und Jagdgenossenschaft besser beraten, forderte Lauer. Bei der Versammlung wurde auch der Vorstand neu gewählt. Schnöder und Schmitt wurden in ihren Ämtern bestätigt. Als Beisitzer fungiert Lauer, und Stellvertreter Lauers wurden Wolfgang Schäfer sowie Rolf Schnöder. Die Versammlung beriet auch über die Verwendung der Jagdpacht, die laut Schnöder 5100 Euro pro Jahr beträgt. Ein Jagdgenosse schlug vor, das Geld für die Förderung des Rebhuhnbestands im Großsteinhausener Bezirk zu verwenden. Das Rebhuhn sei nur noch selten zu sehen und akut vom Aussterben bedroht. Der Bestand könne sich beispielsweise durch die Neuanlage von Hecken, Streuobstwiesen, Ausgleichsflächen zum Äsen oder Steinhaufen erholen. „Wir müssen der Natur auch was zurückgeben und nicht nur rausholen“, forderte der Jagdgenosse. Die Versammlung beschloss, die Jagdpacht zunächst der Rücklage zuzuführen und über die Rebhuhnförderung zu entscheiden, wenn konkrete Vorschläge dazu vorhanden sind. Die Rücklage beträgt aktuell laut Schnöder 69.000 Euro. In naher Zukunft müssten jedoch zwei Wirtschaftswege neu gemacht werden. (kka)

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