Rheinpfalz Prunksitzung so politisch wie noch nie

„Je suis Charlie“. Diese drei Worte haben seit der Ermordung von elf Mitarbeitern des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ am 7. Januar durch islamistische Terroristen eine ganz besondere Bedeutung. Sie sind zum Symbol für Demokratie, für den Erhalt der Meinungs- und Pressefreiheit geworden. Mit diesen Worten setzte auch der Fastnachtsclubs Felsenland (FCF) bei seiner Prunksitzung am Freitag ein starkes Zeichen für die freie Meinungsäußerung.

„Je suis Charlie“ stand auf einen Schminkspiegel auf der Bühne des restlos ausverkauften Saals im Biosphärenhaus geschrieben. Als tapfere Ritter wollten sich die FCF-Aktiven dabei gar nicht verstanden wissen, obwohl das Motto „Ritterspiele“ gepasst hätte. Vielmehr gelang es der Truppe erneut, fünf Stunden die Menschen aufs Vortrefflichste zu unterhalten. Dieses Jahr politischer als je zuvor. „Meine Meinung frei zu äußern, das ist mein höchstes Gut, heute und in Ewigkeit. Ich hoffe, mir fehlt nie dazu der Mut, werd ich auch dafür geknechtet, oder tut man es versuchen zu verhindern auch mit Morden. Keine Waffe ist jemals so stark wie des Menschen ehrliche Worte“, sprach Tilline, der weibliche Till Eulenspiegel, verkörpert von Sandra Schmitt. Hexe Rabia, die Hex’ vom Dahner Felsenland (Ramona Hingst), begrüßte die Narren so: „Hokus Pokus Spinnenbein, heut lass ich das spinnen sein, Bärenpups und Mäusedreck, Abfallbeseitigungs- und Müllkonzept, grüner Mond und lila Sonne, blaue schwarze, braune Biotonne, mit diesem neuen Konzept, das Dahner Felsenland völlig verdreckt.“ Ihr zur Seite stand Stefan Mainberger als Zauberer Merlin in der Rolle des Moderators, dem einige Besucher amüsiert attestierten: „Ich glääb, der hat was eigeworfe.“ Mit staub-trockenem Humor moderierte das närrische Programm. Oliver Betzer in der Paraderolle als „Die sprechende Puppe Oli“ wetterte gemeinsam mit Puppenspieler Matthias Schreiber über die (Miss-)Erfolge des Gemeinderates und der Gemeindespitzen vor und nach der Kommunalwahl. Als „Ruinators“ betitelte Puppe Oli die alte Gemeindeführung. Nach Einnahme des Zaubertranks meinte Betzer zum Puppenspieler: „Mann, ist das ein Teufelszeug.“ Neben der musikalischen Hommage an das Dahner Felsenland, die der FCF-Vorsitzende mit Publikumsunterstützung sang, beleuchtete er als „Klää Härtschd“ auf seinem überdimensionalen Holzstuhl die Welt aus Kinderaugen. Er hat es eben einfach nur drauf, sonst wär er nicht zum wiederholten Male zum Superfasnachter des Südwestrundfunks gewählt worden. Ein anderer, Tobias Palz, zeigte bei der „Heimsitzung“ seines FCF eindrucksvoll, dass man ihn eben nicht als „Bauer Sepp“ oder „Türke“ einzugrenzen hat. Palz trat zwar auch als Bauer Sepp auf und vermischte dabei auf sehr hohem komödiantischem Niveau bekannte Rolle mit neuen Elementen. Vom Striptease hin zu Zumbatanz im pinken Sportdress brachte er die Damenwelt zum Kreischen. Seine größte schauspielerische Leistung lag jedoch in der Rolle des Geschöpfes Gollum aus dem Film „Der Herr der Ringe“. „Besser als das Original, Hammer“, lautete der Tenor derjenigen, die die Figur aus dem Film kennen. Die Herausforderung, einmal das eigene Teufelchen und Engelchen zu spielen und dies in der eigenen Person auf der Bühne umzusetzen, sowohl sprachlich als auch schauspielerisch, gelang Palz grandios. Nicht weniger grandios zeigte das Männerballett beim Rittersport sein tänzerisches, aber auch sportliches Können. „Bei dänne tanzen die Männer besser als annerschwo wo die Fraue“, lautete der Kommentar einer Zuschauerin. In glamourösen Kostümen und stattlicher Anzahl zeigten die Mädels der eigenen Funkengarde Kostproben ihres Könnens, ebenso wie die Allerkleinsten, die Bambini als Elfen verkleidet. Im zweiten Teil fegten die FCF Damen als „Hexen“ über die Bühne. Sie demonstrierten, wie zweckentfremdet ansehnlich so ein Hexenbesen zu Tanzzwecken eingesetzt werden kann. Die aufwändigen Kostüme waren überwiegend selbst kreiert und geschneidert. In der Bütt startete Rico Babilon. Der 13-jährige Zauberlehrling berichtete vom Stress, Zauberformeln auswendig zu lernen. Seine Zaubereranfänge begannen im Alter von drei Wochen: „Ich konnte einen halben Liter Muttermilch trinken und sie dann an anderer Stelle erscheinen lassen.“ Heiko Ganster als „De Feddes“ entpuppte sich als großer Fußball Fan und wortwitziges Büttenass, dem die Frage, warum man beim Hellseher einen Termin braucht, unbeantwortet blieb. Wortwitz-Beispiel: „Im Frühling paaren sich die Vögel und umgekehrt“. Als Gastredner berichtete der Pirmasenser „Braddler“ Hans Ritter, sein Name war also Programm, von Erlebnissen im „Hawerkaschde“ und den anschließenden intimen Begebenheiten bei seinem Freund „Loinewewer“ und die daraus resultierenden Problemchen „as was mer saht“. Für den guten Ton in der dritten Halbzeit der Ritterspiele sorgte aufs Vortrefflichste Musikus „BB Kusch“ bis in den frühen Morgen. (elim)

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