Rheinpfalz Neues Modell für die Tonne

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Mannheim. Seit wenigen Wochen ist es amtlich: Mannheim hat ein neues Entsorgungsmodell. Die dünnen Gelben Säcke gehören der Vergangenheit an. Neue Wertstofftonnen sollen sie ersetzen. Gut gedacht, schlecht gemacht, denn bei der Umstellung hakt es immer noch.

Die Bilanz klingt eigentlich rekordverdächtig: Über 8000 Anrufe und fast 900 Briefe von verunsicherten Verbrauchern beschäftigen die Abteilung Abfallwirtschaft der Stadt. Der Anlass, die neue Wertstofftonnen, ist freilich kein positiver. Der große grau-gelbe Abfalleimer sorgt für Probleme. Wo früher aufgeplatzte Plastikbeutel die Ratten angelockt haben, quellen jetzt die hohen Behälter über. Denn die Tonnen werden zu schnell voll und zu selten geleert, sagen viele Bürger. Auf dieses Problem hatte der CDU-Stadtrat Nikolas Löbel die rot-grüne Mehrheit im Stadtparlament schon vor Monaten erfolglos aufmerksam gemacht. Die Folge: Aus Mangel an umweltfreundlichen Entsorgungsmöglichkeiten landen bald Rohstoffe im Restmüll oder am Stadtrand. Eine Idee kommt beim Bürger nicht an und könnte sogar das Gegenteil von der guten Absicht bewirken. Doch die Stadtverwaltung sieht keinen Grund zur Selbstkritik, sondern lobt sich lieber selbst. Die Einführung des Sammelbehälters für wiederverwendbaren Müll sei „eine große logistische Leistung“, sagt die für Umwelt zuständige Bürgermeisterin Felicitas Kubala (Grüne). Natürlich habe es Anlaufschwierigkeiten gegeben, aber „wir hatten einen Sonderzustand, da zwischen der letzten Abholung der Säcke und der ersten Leerung der Tonne bis zu sechs Wochen lagen. Und über Weihnachten ist mehr Verpackungsmüll angefallen“, erklärt Kubala die Probleme. Der Direktor der städtischen Abfallbetriebe, Stefan Klockow, nennt die Zusammenarbeit mit dem Privatentsorgungsunternehmen, das rund dreiviertel der bisher 51.100 Tonnen im Stadtgebiet bewirtschaftet, „wirklich gut gelungen“, obwohl noch nicht alles rund laufe. Die Nachlieferung fehlender Tonnen werde gerade abgeschlossen. Und er ergänzt: An vielen Plätzen in den 17 Stadtteilen reiche eine vierwöchige Leerung von 240-Liter- oder 1100-Liter-Tonnen völlig aus. „In drei Monaten wird niemand mehr über die Gelbe Tonne sprechen“, glaubt Klockow. Es klingt nach Pfeifen im Walde, denn die Wirklichkeit sieht anders aus. Selten zuvor haben sich so viele Bürger über eine städtische Leistung beschwert. Ganz besonders in der Kritik: die vierwöchige Abholung. Schon in den ersten Wochen des Jahres hat sich gezeigt, dass die Behälter in vielen Fällen zu klein sind. Sie quellen über und daneben liegen gerade in Problemstadtteilen bergeweise jene Gelben Säcke, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Zwar gilt bis Ende März eine Übergangsfrist, bei der Gelbe Säcke und Wertstofftonne noch gemeinsam auf die Straße gestellt werden dürfen. Dann allerdings hört beim Müll der Spaß auf. Wer öfter entsorgen möchte, der könne gegen einen Aufpreis von unter 50 Euro mit einer „individuellen Zwischenleerung“ monatlich den orangenen Wagen der Privatfirma zweimal anrollen lassen, sagt Kubala. Sie setzt sich damit über eine Entscheidung des Ausschusses Technische Betriebe hinweg. Der hatte diese kostenpflichtige Zusatzleistung abgelehnt. Eine andere Alternative: eine weitere Wertstofftonne auf den Hof stellen. Das kostet zwar nichts extra, aber der Anblick von bis zu fünf Plastikkästen verdient auch keinen Schönheitspreis. Beunruhigten Bürgern, die sorgenvoll auf die drohenden Geruchsbelästigungen in den Sommermonaten blicken, empfiehlt die Bürgermeisterin: bewusst einkaufen und Verpackungsmüll einsparen. Die neue Wertstofftonne als Modell für eine „Saubere Stadt“ und zur Erziehung ihrer Bürger? Schuld an dem neuen Konzept, das keine flächendeckende 14-Tages-Abholung mehr gestattet, sind nach Ansicht der Mannheimer Verwaltung übrigens allein die politischen Entscheidungen zum Dualen System. Diese Systemvereinbarungen hätten der Kommune Mannheim und dem Privatentsorger keinen finanziellen Spielraum gelassen. Der geschlossene Vertrag gilt drei Jahre lang und lässt sich laut Klockow nicht mehr ändern. Die Bürger Mannheims seien allerdings bislang auch von den Dienstleistungen der städtischen Abfallwirtschaft „verwöhnt“ worden.

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