Rheinpfalz „Mehrsprachigkeit ist doch ein Geschenk“

Bei der Übergabe der Zertifikate (von links): VHS-Leiterin Alexandra Matern, die Schüler Paul Rodionov, Oleksii Panasenko, Maria
Bei der Übergabe der Zertifikate (von links): VHS-Leiterin Alexandra Matern, die Schüler Paul Rodionov, Oleksii Panasenko, Maria Melnik, Lehrerin Maria Lorenz, Jasmin Lutz, Evelin Lehmann und Vanessa Albegov. Hinten von links: Schulleiter Uwe Steinberg, Landrat Otto Rubly und Bürgermeister Christoph Lothschütz.

Für ihre Teilnahme am Herkunftssprachen-Unterricht in Russisch sind sechs Schüler der Integrierten Gesamtschule Schönenberg-Kübelberg/Waldmohr ausgezeichnet worden. Bei einer Feier in den Räumen der Verbandsgemeindeverwaltung erhielten sie Zertifikate aus den Händen von Landrat Otto Rubly und Verbandsbürgermeister Christoph Lothschütz.

Es war eine Premiere: Die Zertifikate für die Russisch-Prüfungen wurden nämlich erstmals vergeben. Zusammen mit ihrer Lehrerin Maria Lorenz hatten sich Paul Rodionov, Oleksii Panasenko, Maria Melnik, Jasmin Lutz, Evelin Lehmann und Vanessa Albegov intensiv auf ihre Prüfung vorbereitet. Organisiert wurde der Unterricht durch die Kreisvolkshochschule. Dort fanden – bereits im Juni – auch die Prüfungen der Niveaustufen B1 und B2 statt. Das vom Bildungsministerium geförderte Angebot wurde von dem Frankfurter Testanbieter telc entwickelt. Das Zertifikat in der Herkunftssprache trage zu einer Kultur der Anerkennung fremder Muttersprachen bei und stärke das Selbstbewusstsein von Schülern aus nicht-deutschen Herkunftsfamilien, betonen die Organisatoren. Die Leistung der Russisch-Schüler sei deshalb besonders hervorzuheben, da telc für diese Sprache keine gesonderte Schüler-Prüfung anbietet. Die Schüler absolvierten daher die für Erwachsene vorgesehene Prüfung. Schulleiter Uwe Steinberg betonte das hohe Niveau des Kurses, die Leistung entspreche ungefähr dem Kenntnisstand einer Fremdsprache im Abitur, sagte er bei der Verleihung. Die aus Kasachstan stammende Lehrerin ist auch aus diesem Grund besonders stolz auf ihre Schützlinge. Maria Lorenz, die Englisch, Deutsch und Sprachen studierte und neben dem Unterricht an der IGS noch in Zweibrücken an der Albert-Schweitzer-Schule lehrt, bietet den Unterricht schon seit vier Jahren an. Sie betreut 24 Teilnehmer in zwei Gruppen mit Anfängern und Fortgeschrittenen. Von der IGS nahmen Schüler ab Klasse sieben teil, von der Albert-Schweitzer-Schule waren es Schüler der Klassen 1 bis 10. Die Zweibrücker Schüler werden später ausgezeichnet. Auf dem Stundenplan standen laut Lorenz für die jüngeren Schüler unter anderem Gedichte, Lieder, Dialoge und Gespräche, für die Älteren auch Politik und Geschichte Russlands sowie dessen Literatur. Bei dem freiwilligen Angebot waren die Schüler auch nicht vor Hausaufgaben gefeit und es gab auch Noten. An der Prüfung in Kusel nahmen sechs Schüler der Klassenstufen 7 bis 11 teil, vier davon waren aus der Klassenstufe 7. Während einige „bei Null“ anfangen, können andere souverän Unterhaltungen führen, illustriert Lorenz die Heterogenität in den Kursen. Einige seien erst wenige Jahre in Deutschland, bei einigen Familien werde allerdings nur noch Deutsch gesprochen. „Mitunter beobachten Eltern, dass da etwas verloren geht“, schildert die Pädagogin und fügt hinzu: „Mehrsprachigkeit ist doch ein Geschenk.“ Die anerkannten Zertifikate öffneten Türen für die Ausbildung. An der IGS fühlte sich Lorenz „sehr gut aufgehoben“. Auch hob sie die gute Zusammenarbeit mit der VHS hervor. Bürgermeister Christoph Lothschütz dankte Lorenz für ihr Engagement. Schulleiter Uwe Steinberg schätzt die Zahl der Schüler, die Wurzeln in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion haben, auf rund 50. Insgesamt besuchen rund 700 Schüler die IGS. Das Angebot des Herkunftssprachenunterrichts in Russisch sei bereits vor einigen Jahren auf seine Initiative hin gestartet, berichtet Steinberg. In der ehemaligen DDR aufgewachsen, spricht er selbst Russisch. „Ich finde es schade, wenn Kinder zwar die Sprache sprechen, die Schriftsprache aber nicht vervollkommnen können“, sagt der Schulleiter. Das Russisch-Angebot sei selten, „in der Region aber durchaus berechtigt“, sagt er mit Blick auf zahlreiche Familien ehemaliger Aussiedler, die im südlichen Landkreis Fuß gefasst haben. Neben Russisch wurde auch schon Unterricht in Türkisch angeboten. Herkunftssprachen-Unterricht wird allgemein von der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe 1 angeboten und umfasst rund zwei Wochenstunden. Nach Angaben der Kreisverwaltung ist die Volkshochschule Kusel eine von nur drei Volkshochschulen, die Russisch im Angebot haben. 2018 legten bisher mehr als 250 Schüler an 15 Volkshochschulen im Land die Prüfung ab, davon nur etwa 20 in Russisch. VHS-Leiterin Alexandra Matern geht von einer Fortsetzung im nächsten Jahr aus. Für den Kreis Kusel lagen nach ihrem Kenntnisstand in diesem Jahr nur Bewerbungen der IGS für Russisch vor. Doch würden Zertifikate auch in Türkisch, Spanisch, Polnisch und Italienisch angeboten. Matern: „Die Nachfrage regelt das Angebot.“

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