Rheinpfalz Karlsberg – ein erfolgreicher Weinhandel

Bilden Sie bitte ein Wortpaar: Karlsberg und ...? Vermutlich haben Sie um Ur-Pils, wahlweise Bier oder einfach Brauerei ergänzt. Weinhandlung wird Ihnen wohl kaum in den Sinn geraten sein. Dabei wurde die Karlsberg-Tochter Vendis Gastro, die Wirte mit Homburger Bier, aber auch konzerneigenen Säften und Mineralwässern bis hin zu kompletten Küchenausstattungen versorgt, jüngst als Weinhändler des Jahres, Kategorie Fachgroßhandel, ausgezeichnet. Auf acht Mitarbeiter ist mittlerweile die Weinhandlung der Brauerei angewachsen.

Man sei mächtig stolz auf die Auszeichnung des verleihenden Magazins Weinwirtschaft, so was wie der Michelin der Weinbranche, sagt Vendis-Geschäftsführer Frank Oran. Stolz darauf, dass die Arbeit der vergangenen fünf Jahre gewürdigt wurde. Zur Erinnerung: 2010 war die Vendis zu einem Komplettumbau mit einem schmerzlichen Personalabbau gezwungen. Betriebsbedingt musste 140 Mitarbeitern gekündigt werden, weitere schieden aus Altersgründen und mit anderen Optionen aus. Von 347 Mitarbeitern blieben rund 150, aktuell hat die Vendis 155. Vom Geschäftsfeld Getränkemärkte verabschiedete man sich komplett, dafür wurde der Karlsberg eigene Tiefkühlkost-Versorger TKZ integriert. „So eine Restrukturierung bietet natürlich auch Chancen. Nämlich eine Ausrichtung des Geschäfts auf mehr Qualität, auf margenstärkere Geschäfte“, sagt der für den Umbau der Vendis eigens geholte Oran. Marktgebiet der Vendis ist das Saarland, große Teile der Westpfalz und der nördliche rheinland-pfälzische Landesteil bis nach Wittlich. Ein ganz überwiegend ländlich geprägter Landstrich, vielfach getroffen von der Landflucht. Dorfkneipen gingen in den letzten zehn, 15 Jahren reiheweise in die Knie. Eine Entwicklung, die das Gastronomie-Geschäft einer regionalen Brauerei wie das der Karlsberg hart trifft. Der Gegentrend hat etwas zeitverzögert eingesetzt. Die sogenannte Erlebnisgastronomie, Kneipen mit Mehrwert, und die gehobene Küche, angesiedelt in offenen, nicht mehr steifen Restaurants, besetzten weiße Flecken. „Und da kommt unser Weinkonzept ins Spiel. Die Karlsberg hat über die Vendis immer schon Wein gehandelt, aber nicht mit der letzte Konsequenz und auch Kompetenz, den beispielsweise Sterneköche erwarten“, sagt Oran. Und wozu in die Ferne schweifen? Die Vendis ging eine Kooperation mit einem der ausgewiesen profundesten deutschen Weinkennern, einem von nur fünf Deutschen, denen das elitäre Londoner Institut Masters of Wine das Prädikat Master zuerkannte, ein. Frank Roeder. Ein Saarländer, seit 1990 Weinhändler in Völklingen. Die Masters of Wine sind Querschnitts-Experten, die vom Weinbau, der Kellerarbeit übers Marketing, der Weinlogistik bis zum Kulturgut Wein einfach alle Disziplinen der Vinologie beherrschen müssen. „Ein Weltmeister der Sommeliers hat gesagt: Die Master-Prüfung sei die härteste Prüfung gewesen, die er je habe ablegen müssen“, verdeutlicht Roeder, warum erst fünf Deutsche den Titel tragen dürfen. Roeder zeichnet seit vier Jahren für das Weinsortiment der Vendis, rund 1100 Weine, deutsche, europäische, überseeische bis nach Australien und Chile, verantwortlich; schult die Mitarbeiter, berät die Kunden, organisiert Weinreisen und -seminare für die Vendis-Gastronomie. Vor allem: Er strafft das Sortiment, nimmt aufstrebende Winzer auf und listet andere aus. „Klar ist, kommt ein Wein hinzu, muss ein anderer gehen“, formuliert Geschäftsführer Frank Oran die Vorgabe. Wobei es sich nicht um eine elitäre Herangehensweise handele. Der Wein muss munden und für den Kunden erschwinglich bleiben. In der Karlsberg-Weinhandlung finden sich Schankweine ab 3,29 Euro Einkaufspreis die 0,75-Liter-Flasche, aber auch ein Gewächs zu 1799 Euro – 0,375 Liter wohlgemerkt. Die Vendis beliefert einige Sterne-Köche im Saarland. Und auch eine bekannte Zweibrücker Adresse. „Roland Zadra ist ein ganz großer Kunde von uns, soviel darf ich sagen“, erklärt Vendis-Geschäftsführer Oran. Die gesamte Zadra-Gruppe habe man 2013 unter Vertrag nehmen können. Die Weinhandlung unterm Dach der Vendis will Karlsberg weiter ausbauen. Schon jetzt steht sie für zehn Prozent des Umsatzes von zuletzt 42 Millionen Euro. Und sei, so Frank Oran, eine Ertragsperle. Man sei auf Wachstum eingestellt, investiere dafür auch ins Personal. Zu den acht Weinleuten unter den Brauern komme in Kürze ein neunter hinzu. Die Stelle eines eigenen Bereichsleiters wurde geschaffen und mit Jochen Müller besetzt. Der „Master“ Frank Röder bleibt als freier Berater tätig. Im Bau ist das neue Vendis-Zentrallager auf dem Brauereigelände, Ecke Talstraße. Das alte Zentrallager in Ramstein, wo an die 100.000 Flaschen Wein lagern, wird dann geräumt. Karlsberg konnte das Lagergebäude an Coca-Cola vermieten. Im neuen Lager werden Klimaräume für die Grand Crus, die besonders teuren Weine, eingerichtet. Die ureigenen Karlsberg-Produkte müssen sich mit Kühltanks begnügen ...

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