Rheinpfalz Immobilienagentur anderer Art

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„Keiner weiß, worauf wir uns einstellen müssen. Deshalb fahren wir auf Sicht“, sagt Rainer Zeimentz zu den Flüchtlingszahlen und seiner Aufgabe. Seit dem 8. September ist der Leiter der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz Mitglied des vierköpfigen Führungsstabs Flüchtlingshilfe des Landes. Sein Part ist es, Liegenschaften zu finden, in denen das Land den Menschen ein erstes Bett und ein Dach über dem Kopf anbietet. Über Wochen kamen etwa 500 Personen täglich in Rheinland-Pfalz an, seit einigen Tagen sind es noch 350 bis 400. Die Zeiten, in denen die Landesregierung wöchentlich mehrere neue Standorte für Erstaufnahmeeinrichtungen bekanntgab, sind vorbei. Der Puffer reicht laut Zeimentz für etwa einen Monat. Dennoch geht die Suche weiter – nicht zuletzt deshalb, weil noch 1800 Personen in Zelten wohnen, die bis Weihnachten in feste Unterkünfte umziehen sollen. Rund 16.000 Plätze gibt es an 27 Standorten. Die Belegungszahl wechselt täglich, weil ein Teil der Menschen in die Kommunen verteilt wird, andere freiwillig oder zwangsweise in ihre Heimat zurückkehren und wieder andere auf eigene Faust die Einrichtungen verlassen und weiterziehen. Bis zu drei Monaten können Flüchtlinge in der Erstaufnahme bleiben. Die allererste Nacht verbringen manche in einer der beiden „Alarmhallen“ in Trier und Bitburg. Das sind Notunterkünfte, die das Land auf Anregung des Deutschen Roten Kreuzes eingerichtet hat. Dort werden Flüchtlinge versorgt, die nachts mit Bussen aus Mannheim, dem Verteilzentrum für den Süden des Landes, ankommen. Das entlastet die Nachtschichten in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Wie kommt Zeimentz an die Liegenschaften? Die Bundesimmobilienverwaltung stellt leere Kasernen wie in Kusel bereit, die Bundeswehr hat etwa in Speyer vorzeitig Platz gemacht. Diese Kapazitäten sind aber erschöpft. Deshalb mietet das Land leerstehende Immobilien an, in denen 400 bis 2000 Menschen unterkommen können. Zeimentz spricht mögliche Vermieter selbst an – am Nürburgring beispielsweise war kein Platz frei. Ihn erreichen aber auch bis zu zehn Angebote täglich. Nur wenige Standorte bleiben übrig, wenn Zeimentz zusammen mit mit Brandschutz-Fachleuten, mit Architekten, Mitarbeitern der Hilfseinrichtungen, die den Betrieb übernehmen könnten, und mit Vertretern der Kommunen in die genaue Prüfung geht. Der ehemalige Technologiepark in Herxheim war ein Glücksfall. Der Brandanschlag möglicher Rechtsextremer habe keine Auswirkungen auf die Fertigstellung. Eher ist es das Wetter, das die Dacharbeiten verzögert, sagt Zeimentz. Deshalb ist unklar, ob die Flüchtlinge wie geplant bis Weihnachten einziehen können. Überhöhte Preisvorstellungen verhindern manches Geschäft. Das Land zahle nur ortsübliche Mieten, der Vertrag werde auf zwei Jahre geschlossen mit einer Option zur Verlängerung. Nach Vertragsschluss soll eine Liegenschaft in vier bis maximal acht Wochen bezugsfertig sein. In einem Fall im Landesnorden scheiterte ein Projekt an einer ungewöhnlichen Ursache: an der Kapazität der Kläranlage. Sie ist für das 400-Seelen-Dorf bemessen, reicht aber nicht für die menschlichen Bedürfnisse von weiteren 600 Menschen. Hätte eine solche Relation von Flüchtlingen und Einwohnern nicht zu sozialen Spannungen geführt? Zeimentz verneint die Frage. Langenlonsheim im Kreis Bad Kreuznach sei eine Ausnahme gewesen. Dort hatte sich im September die Gemeinde gewehrt, mehr als 1000 Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung aufzunehmen. Seit vorgestern ist klar, dass auf das ehemalige Werksgelände des Automobilzulieferers Delphi gar keine Flüchtlinge kommen. Die Verkaufsverhandlungen zwischen dem Alteigentümer und dem Interessenten, der die Liegenschaft dem Land vermieten wollte, kamen nicht vom Fleck. Zu den Vorbehalten in Langenlonsheim sagt Zeimentz: „Es gibt immer eine Geschichte vor uns.“ Zum Beispiel die, dass Delphi vielen Leute sehr unsanft die Arbeitsplätze weggenommen habe. Helfen konnte der verhinderte Investor Zeimentz dennoch: Er bot Liegenschaften in Bad Kreuznach und in Alzey an, die nun ausgebaut werden. Die jüngst geäußerte Kritik des Koordinators des Arbeitskreises Asyl, Siegfried Pick, die Halle in Bad Kreuznach sei ohne Tageslicht und entspreche mit 1500 Plätzen keiner humanitären Unterbringung, weist Zeimentz zurück. In der Halle gebe es Oberlichter und die Dimension sei der großen Anzahl an Menschen geschuldet, die kommen und schnell untergebracht werden müssen. Außerdem müssten die Hilfsorganisationen ihre Kräfte bündeln. Wie lange er noch Unterkünfte suchen wird, weiß Zeimentz noch nicht. Immerhin hatte er Ende November ein erstes freies Wochenende und weitere sind in Sicht.

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