Kultur Südpfalz Genaues Hinsehen will gelernt sein

Teenie von Denise Raquet-Stark.
Teenie von Denise Raquet-Stark.

„Ich und Du – Variationen des Porträts“ lautete ein Schwerpunktthema des Wintersemesters am Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Künste der Universität Landau. Die Ergebnisse werden nun in einer umfangreichen Ausstellung im Frank-Loebsche-Haus gezeigt. Auch die dadurch gefestigte Kooperation der Uni mit der Stadt ist eine sympathische Interpretation dieses „Ich und Du.“

„Wir sehen täglich in unzählige Gesichter – aber wie genau sehen wir eigentlich wirklich“, gab Professorin Tina Stolt bei der Vernissage den Kern ihres Anliegens preis: Dass ihre Studenten bei aller Schnelllebigkeit des Alltags und der permanenter Möglichkeit des Fotografierens samt „Likens“ im weltweiten Netz das „Schauen“ nicht verlernen. Genaues Hinsehen ist gefordert, und das bedeutet auch hinter eine Kulisse oder eine Miene zu blicken, um das Gesehene zu verstehen, zu deuten und neu zu interpretieren, damit aus dem bloßen Abbild Kunst hervorgehen kann. Ob es dem Künstler nach diesem Prozess letztendlich um die besonders korrekte Wiedergabe einer Physiognomie oder um eine Karikatur, um eine reale Darstellung oder surreale Verfremdung geht, bleibt ihm freigestellt. Dementsprechend facettenreich sind die Arbeiten, die das Frank-Loebsche-Haus mit Leben füllen, wobei die Fotografie dominiert und sich die Studenten auffällig oft selbst zu Protagonisten ihrer Werke machen. Einige wie Anna Peter und Annabell Müller reflektieren dabei vor allem ihre persönlichen Gemütszustände, andere setzen sich in Bezug zu einem bestimmen Umfeld oder ihrer Familie. So hat Jana Thelen mit den unscharfen, dunkel und diffus belichteten Schwarz-Weiß-Aufnahmen einer Lochkamera eine Art historisches Fotoalbum geschaffen. Sarah Lincks hingegen transformiert ihre Familienfotos auf eine Holzplatte, die sie dann malend und ritzend zu Unikaten verarbeitet. Ebenfalls mit Hilfe alter Fotos hat Denise Raquet-Stark ihre eigenen Kinder porträtiert und deren verschiedene Lebensabschnitte als „Zeitreise“ in Acryl auf Holz dokumentiert. Und Ann Kathrin Schmitt hat ihre Oma charakterisiert, indem sie die fotografischen Vorlage – bewaffnet mit allerlei Werkzeug – mit Acrylfarben in eine Gartenlandschaft integriert. Eine besonders charmante Ahnengalerie hat Lisa Lorenz mittels Linolschnitt und Seidenaquatinta gefertigt und in alten Rahmen an die Wand genagelt. Auch „Tschaikowskys Blumenwälzer“ von Julia Haimerl verströmt nostalgische Wirkung. Das Porträt des Komponisten samt stimmiger Umgebung wurde aus dem Seiten eines Buches geschnitten. Papier ist auch der Werkstoff einer Skulptur von Tudor-Ciprian Savescu. Sein tanzendes, sehr figurativ anmutenden Paar entstand aus Papiersegmenten, die ein Computerprogramm ersann. Noch bewegter ist das Video von Chantal Belle Volkemer, obwohl sich dabei beklemmende Szenen abspielen, die den Betrachter emotional zum Mitfühlenden machen. Ganz ohne moderne Technik hat Manuel Weiland das Ich und Du interpretiert. Seine Kopf-Skulpturen aus Keramik sind Hohlmasken, die die Frage nach der Urgestalt aufwerfen. Auch das benachbarte Bild an der Wand hält seinen Protagonisten verborgen. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man das schemenhafte Abbild „Nathans“. Dass auch minimaler Aufwand eine große Wirkung erzeugen kann, beweist die Bildserie „Transparenz“ von Diana Gabriela Popescu. Sehr spielerisch fügen sich hier Faden, Folie und Pigmente zu filigranen Gesichtszügen. Geradezu umgekehrt funktionieren die Zeichnungen von Lina Zhou, weil ihre fein gearbeiteten Linienführungen die Verfremdung ihres Selbstporträts bewirken. Auch Stephanie Schuberts Porträt war vielen Veränderungen ausgesetzt, die sich durch die schichtweise ausgeführte Drucktechnik und die damit verbundene Farbreduktion ergaben. Info Die Ausstellung ist bis 25. Februar im Frank-Loebsche-Haus zu sehen, jeweils Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, Freitag bis Sonntag von 11 bis 13 Uhr .

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