Eisenberg Eine Stadt sieht Rot

Die heutige Karl-Marx-Straße hieß früher einmal Josef-Bürkel-Straße.
Die heutige Karl-Marx-Straße hieß früher einmal Josef-Bürkel-Straße.

Daran hat Karl Marx bestimmt nicht gedacht, dass einmal sogar eine Stadt und Straßen oder Plätze nach ihm benannt werden. Und schon gar nicht in Eisenberg.

Als er vor 150 Jahren im Jahre 1867 den ersten Teil seines Hauptwerks „Das Kapital“ veröffentlichte, waren im Gebiet der heutigen Karl-Marx-Straße, die an der Kinderdorfstraße beginnt und am Evangelischen Gemeindehaus in die Friedrich-Ebert-Straße mündet, noch Felder und Wiesen. Nach der Bebauung hieß die Straße zunächst „Köchernberg“. Zur Zeit der NS-Diktatur wurde sie wie einige andere in Eisenberg auch nach NS-Großkopferten benannt und hinfort stand der Name des pfälzischen NSDAP-Gauleiters Josef Bürckel auf den Straßenschildern. Nach 1945 besannen sich die Gemeinderäte auf den neben Friedrich Engels einflussreichsten Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus, den 1818 in Trier geborenen Karl Marx. Mit dieser Namensgebung griffen die damaligen Gemeindeväter die stolze Geschichte der sozialistischen Idee im Arbeiterdorf auf. 1902 gründete sich der SPD-Ortsverein und 1922 bildete sich auch vor Ort die „Sozialistische Arbeiterjugend“ (SAJ), die ebenfalls mit den Ideen des Vordenkers Marx eng verbunden war. Das Symbol dieser Jugendgruppe war eine rote Fahne mit den Maßen 98 mal 77 Zentimeter. Die Ehefrau des SPD-Mannes Adam Blaum stickte mit gelbem Garn die Aufschrift „Soz.-Arbeiter-Jugend. Eisenberg“. Sie war Begleiterin bei Ausflügen und sonstigen Veranstaltungen der SAJ und verschwand nach der Reichstagswahl im März 1933 von der Bildfläche, da auch die SAJ als politische Organisation verboten wurde. Bei der Hausdurchsuchung des damaligen Jugendleiters wurden zwar die noch vorhandenen Unterlagen der Gruppe beschlagnahmt und vernichtet, die Fahne blieb jedoch verschwunden. Ihr Versteck hatte sie bei Familie Asel gefunden. Aber auch die wurde von der SA heimgesucht. Das gute Stück hatte die mutige Dame des Hauses unter dem Kleid um ihren Körper gewickelt. Offensichtlich trauten sich die SA-Männer nicht, eine Leibesvisitation vorzunehmen und zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Während der restlichen Zeit der Schreckensherrschaft hatte Heinrich Asel das rote Tuch hinter einer Mauer versteckt. Die gerettete Fahne übergab er nach 1945 bei der Wiedergründung des SPD-Ortsvereins an den Vorsitzenden. Und bis heute wird das gut erhaltene Tuch immer vom jeweiligen Vorsitzenden aufbewahrt und nur bei besonderen Parteianlässen gezeigt.

Die Büste auf dem Grab von Karl Marx in London.
Die Büste auf dem Grab von Karl Marx in London.
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