Rheinpfalz Die ”Veilchen” schmerzen

Harter Kampf: Ariel Borysiuk (rechts) gegen den Ex-Lauterer Fabian Müller. Foto: Kunz

Aue. Es war die perfekte Neuinszenierung von David trifft Goliath: David Erzgebirge Aue feierte das 1:1 (0:1) gegen Goliath 1. FC Kaiserslautern als Sieg der Moral. Die ”Veilchen”, wie sich die Auer ob ihrer Vereinsfarben nennen, sorgten dafür, dass die Roten Teufel das Erzgebirge mit zwei blauen Augen verließen. Nach zwei Platzverweisen waren die neun Auer die gefühlten Gewinner.

Dabei hatte Aue Glück, dass nicht auch noch Torjäger Jan Hochscheidt nach Tätlichkeit an Chris Löwe den roten Karton von Schiedsrichter Felix Zwayer gezeigt bekam. Der hatte René Klingbeil, 2007 auf der Einkaufsliste des damaligen Lauterer Cheftrainers Wolfgang Wolf, nach der Notbremsung Albert Bunjakus mit Rot bestraft (66.) und Kevin Pezzoni nach rüdem Foul an Ariel Borysiuk mit Gelb-Rot bedacht (76.).

”Uns gehen die Abwehrspieler aus”, bemerkte Aues Trainer Karsten Baumann, weil Thomas Paulus, der resolute Hüne aus der Viererkette, auch noch die fünfte Gelbe Karte kassierte und am Sonntag in Braunschweig nur zuschauen darf. ”Vielleicht sollte ich eine Spielgenehmigung für mich selbst beantragen”, scherzte der ehemalige Bundesliga-Verteidiger, der nach dem Remis seines mit viel Leidenschaft spielenden Teams gegen die zu oft zu lässig wirkenden Favoriten gut lachen hatte. ”Hey, das geht ab, wir feiern die ganze Nacht, die ganze Nacht” - der massenkompatible Party-Hit dröhnte nach dem Schlusspfiff in voller Lautstärke aus den Boxen der Musikanlage im angenehm antiquierten, urigen Erzgebirgs-Stadion. Viele fröhliche Menschen in veilchenfarbenen Trikots und lilaweißen FCE-Schals tänzelten beschwingt aus dem Stadion in die laue sächsische Frühlingsluft. Für den Tabellen-14., vor zehn Tagen 3:0-Sieger in Bochum, war es ein nicht mehr unbedingt erwarteter Bonuspunkt im Abstiegskampf. Die Kulisse stand im richtigen Moment wie eine Eins hinter den ”Veilchen”. Und die verpassten den zuweilen überheblich-ratlos über den Platz stolzierenden Roten Teufeln am Ende mit neun gegen elf ein ganz, ganz dickes blaues Auge.

”Aue war aggressiver, viel bissiger”, gestand FCK-Trainer Franco Foda nach dem bitteren Verlust zweier wichtiger Zähler im Fernduell mit Köln um Platz drei. Das Rennen ist fünf Spieltage vor Schluss weiter völlig offen, aber das einst stolze Lauterer Punktepolster beschränkt sich nunmehr auf das Torverhältnis. Die 500-Kilometer-Busfahrt durch die Nacht zurück nach Kaiserslautern muss auch für Foda zur innerlichen Tortur geworden sein. Tagtäglich hat der Trainer seinen Schützlingen zuletzt vorgebetet, dass sie in Aue ein Kampfspiel bis zum Schluss erwarten würde. Er wollte vermeiden, dass es ein ”Spiel wie in Sandhausen” gibt und ein neuerliches 1:1. Doch erneut hat sich der FCK eine Führung aus der Hand nehmen lassen - weil echte Leidenschaft und unbedingter Siegeswille fehlten. Jene Eigenschaften, jene Mentalität aber braucht eine Mannschaft, die hohe Ziele wie den Wiederaufstieg anstrebt, dringend.

Der Führungstreffer Alexander Baumjohanns - schön und glücklich (22.). ”Wir haben zu langsam gespielt”, monierte Foda, der das Spiel in Überzahl gegen den kampfstarken Abstiegskandidaten als absolut mangelhaft entlarvt sah. ”Eine schwache Leistung von meiner Mannschaft. Aue hat sich das Unentschieden auch verdient”, anerkannte der Coach.

Die Lauterer Mannschaft hat bisher eine gute Zweitliga-Saison gespielt. Eigentlich gut, aber eben oft dann nicht sehr gut, wenn es brennt: Das gilt auch für Torwart Tobias Sippel, der in Aue eigentlich wieder bravourös hielt und gar eine mögliche Niederlage verhinderte. Dann aber wurde diese eine entscheidende Freistoßflanke immer länger, und Sippel griff daneben - 1:1 Kevin Schlitte (83.).

Das 3:0 gegen Köln, diese grandiose spielerische und kämpferische Leistung, hatte neue Euphorie rund um den Betzenberg ausgelöst. Die gefühlte Niederlage von Aue ist ein herber Stimmungsdämpfer. Weil alle wissen: So verspielt die Mannschaft den Aufstieg. Der Weg vom Triumphbogen in die Sackgasse ist kurz.

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