Rheinpfalz Aus der Vergessenheit ans Licht

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Speyer. Historisches, Originelles und Kurioses: Antiquitäten sind das eigentliche Geschäft von Marion und Andreas Wittmer, die – nach Stationen in der Speyerer Ludwig-, Hilgard- und Gilgenstraße – seit 2011 im Industriehof der Domstadt eine Werkstatt und Ausstellungsräume haben. Hinzugekommen ist nun noch eine Galerie – nämlich „Die kleine Kunsthalle am Rhein“.

„Hier kreischt jeder nach Hans Purrmann und Anselm Feuerbach“, weiß Andreas Wittmer um die Popularität der bedeutenden Söhne der Stadt. „Wir wollen weniger bekannte und vergessene Speyerer und Pfälzer Künstler vorstellen.“ Dazu gehören ihm zufolge Hermann Kauer, Fritz Schwab und Roland Schmidt, deren Werke gezeigt werden – neben Drucken weltbekannter Künstler wie Miró; überhaupt treffen in der kleinen Galerie der Wittmers völlig unterschiedliche Dinge aufeinander. Beispielsweise steckt „ein Picasso-Nachdruck mit Zertifikat und allem Drum und Dran in einem alten Rahmen. Das ist eine Kombination, die wir gerne vermitteln möchten“, sagt der 61-jährige Speyerer. „Wir wollen spielen – kein 08/15-Angebot.“ Alles andere als 08/15 ist denn auch das Sortiment der Wittmers: Schränke, Kommoden, Tische, Stühle und Sessel aus Biedermeier, Jugendstil und Art déco, die Andreas Wittmer restauriert. Dazu arbeitet der gelernte Schreinermeister mit einer Ablaugerei zusammen, bevor er beschädigte Furniere und fehlende Holzteile ersetzt, Türen und Schubladen gangbar macht oder neu anfertigt. „Hierbei wird – nach den Regeln der alten Schreinerkunst – gezinkt und gezapft; es werden dem Alter des Möbels entsprechende Hölzer verwendet“, sagt Wittmer, der seinen Kunden im Vorfeld genau erklärt, was mit dem Stück passiert; Stichworte wie schleifen („der langwierige Teil der Arbeit“), Schlösser und Beschläge reinigen und reparieren oder lackieren („sowohl manuell als auch maschinell“) liefern Einblicke in den Prozess. Und nach der Restaurierung baut er „das neue alte Möbel“ (O-Ton Wittmer) bei seinen Kunden zu Hause auf. Neben Kunst und Möbeln bieten die Wittmers auf rund 300 Quadratmetern auch Schmuck sowie Glas, Porzellan und Keramik an. Hinzu kommt nicht mehr ganz so Alltägliches wie eine Stechuhr und ein Reittier-Automat im Freien, der nach dem Einwurf von einer D-Mark rattern soll. Und es hängt auch noch ein Bügel mit der Aufschrift „Herren- u. Damenkleidung, A. Wittmer Speyer, Knabenkleidung“ im Eingangsbereich. „Der stammt aus dem Laden meines inzwischen 91 Jahre alten Vaters“, erzählt Andreas Wittmer. Ältere Speyerer erinnern sich daran – und an die gläserne Passage in der Nähe der Sonnen-Apotheke „uff de Hauptstrooß“. Apropos Vater: Mit einer Ausstellung wollen Marion und Andreas Wittmer die kleine Galerie dann auch „offiziell“ eröffnen; gezeigt werden sollen Arbeiten von Jürgen Schneider. „Das ist mein Schwiegervater“, erläutert Andreas Wittmer – und weist auf ein Werk des weniger bekannten Speyerer Künstlers hin, das schon jetzt zu sehen ist. „Allerdings erheben wir einen Eintritt – nicht weil wir müssen, sondern weil wir wollen; vier Euro kostet der Besuch der Kunsthalle – zugunsten des Kinderhospizes ,Sterntaler’ in Dudenhofen. Im Gegenzug bieten wir die Möglichkeit, zu entschleunigen, zu staunen oder sich einfach nur an der Kunst zu erfreuen.“ Kontakt M. Wittmer Antiquitäten, Franz-Kirrmeier-Straße 19, Speyer, Telefon: 0163/9108490

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