Fussball Als der „Spargeltarzan“ an Real Rache nahm

1982 – der Coup auf dem Betzenberg: Friedhelm Funkel, Hannes Bongartz, Hans-Peter Briegel, Andreas Brehme und Michael Dusek (von
1982 – der Coup auf dem Betzenberg: Friedhelm Funkel, Hannes Bongartz, Hans-Peter Briegel, Andreas Brehme und Michael Dusek (von links) feiern ihr 5:0 gegen Real Madrid.

Für Hannes Bongartz wurde einst eine eigene Währung eingeführt. Trotz seiner nur vier Länderspiele hat der ab Sonntag 70-Jährige einen festen Platz im deutschen Fußball. Seinen größten Sieg errang er einst mit dem 1. FC Kaiserslautern, seine Heimat aber wurde das Ruhrgebiet.

Angeblich dauert die Suche in Belgrad noch heute an. Die Suche nach dem Ball, den Uli Hoeneß im Endspiel der Fußball-EM 1976 statt ins gegnerische Tor in den nächtlichen Himmel der Hauptstadt des früheren Jugoslawiens drosch. Einer, der dem Münchner Stürmerstar anschließend ganz nah war, ist Hans Bongartz.

Der damalige Schalker, von allen nur „Hannes“ genannt, wird am Sonntag 70 Jahre alt. Das Endspiel gegen die damalige Tschechoslowakei vor 45 Jahren ist der „größte Moment“ seiner Fußballerkarriere. Bongartz wird in der 80. Minute für Erich Beer eingewechselt. Nach 90 Minuten steht es durch das späte Ausgleichstor von Bernd Hölzenbein 2:2, in der Verlängerung tut sich nicht mehr viel, der Krimi muss vom Punkt entschieden werden. Der Rest ist Geschichte, Hoeneß vergibt den letzten Strafstoß, und der Underdog triumphiert über den Titelverteidiger und amtierenden Weltmeister.

Uli Hoeneß getröstet

Antonin Panenka macht dem Spektakel mit seinem frechen Lupfer gegen Sepp Maier ein Ende – der Elfmeter des Tschechen ist noch berühmter als Hoeneß’ krachender Fehlschuss. „Und in der Nacht habe ich den Uli getröstet“, erzählt Bongartz heute.

Der wegen seines schmächtigen Körperbaus als „Spargeltarzan“ bekannt gewordene ist Hoeneß’ Zimmernachbar im Mannschaftshotel. Mit seinen 25 Jahren ist er einer der jüngsten Spieler im deutschen Staraufgebot um Franz Beckenbauer. Das EM-Finale 1976 ist eins von nur vier Länderspielen, die in der Vita des begnadeten Mittelfeldkickers stehen. „Es hätten mehr werden können“, befindet Bongartz. „Aber erstens war die Konkurrenz damals schon sehr groß, wenn ich nur an Spieler wie Günter Netzer und Wolfgang Overath oder später Hansi Müller denke. Und ich war aber auch nie ein Typ, der die Ellenbogen ausfährt.“

Zurückhaltend neben, aber umso bestimmter auf dem Platz: Das ist das Markenzeichen des am 3. Oktober 1951 in Bonn geborenen Blondschopfs. Über seinen Jugendverein Preußen Duisdorf und den Bonner SC landet Bongartz mit 20 Jahren beim damaligen Zweitligisten Wattenscheid 09. Vorher absolviert er brav eine Lehre zum Industriekaufmann und versucht sich als Jugendlicher auch im Kunstradfahren, dem Sport, den sein Vater erfolgreich ausübt.

Dank Mäzen Klaus Steilmann schafft es der Bochumer Vorortklub später sogar in die Bundesliga. Da ist der beste Spieler Wattenscheids aber schon lange weg. 1974 wechselt das auffällig dünne Talent zum FC Schalke 04. Der Nachbar aus Gelsenkirchen legt dafür eine Million D-Mark auf den Tisch. Um das Geld wieder reinzuholen, kassiert Schalke bei den Fans ab: Der Eintrittspreis für die Heimspiele in der Saison 1974/75 wird um die sogenannte „Bongartz-Mark“ erhöht.

Der FCK-Coup gegen Madrid

1978 wechselt Bongartz zum 1. FC Kaiserslautern. Dort spielt er mit Hans-Peter Briegel und Friedhelm Funkel unter Karl-Heinz Feldkamp. 1982 sorgen die „Roten Teufel“ für einen international vielbeachteten Coup. Im Viertelfinale des Uefa-Cups deklassieren sie Real Madrid mit 5:0. „Im Hinspiel haben die uns fürchterlich zusammengetreten“, erinnert sich Bongartz an das 1:3 im berühmen Bernabeu-Stadion. „Danach waren wir heiß ohne Ende und haben die richtig verdroschen.“ Die Pfalz ist Bongartz’ letzte Station als Profi, er absolviert die Lizenz zum Fußballlehrer und wird Trainer. Zuerst in Kaiserslautern, später in Zürich, Wattenscheid, Mönchengladbach, Duisburg und Siegen.

Nach wie vor ist er dem Fußball eng verbunden. Wenn er nicht gerade auf der Trabrennbahn ist und seine alten Kumpel Klaus Fischer, Norbert Nigbur und Klaus Fichtel bei den Pferden trifft, verbringt er das Wochenende, wie früher, meist auf dem Sportplatz. Bei Rot-Weiss Essen, Schalke 04 – dort häufiger beim Nachwuchs als bei den Profis – und natürlich bei seiner früheren Liebe Wattenscheid.

Die Altintops entdeckt

An die Lohrheide holte er einst die Altintop-Zwillinge Hamit und Halil, heute betreut Bongartz als eine Art väterlicher Spielerberater andere junge Talente. Der runde Geburtstag aber gehört der Familie. Am 3. Oktober kommen die Töchter Nathalie (38) und Jacqueline (35) nach Bottrop, abends geht es noch gemeinsam in ein Restaurant. „Bloß keine große Feier“, sagt Bongartz. Bescheiden war er halt immer.

Bongartz 2014 – als Zuschauer und Schalke-Fan.
Bongartz 2014 – als Zuschauer und Schalke-Fan.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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