Rheinland-Pfalz Schiersteiner Brücke und kein Ende

Eine Brücke soll die Restbereiche des „Mainzer Sandes“ – ein überregional bedeutsames Naturschutzgebiet – verbinden und so den U
Eine Brücke soll die Restbereiche des »Mainzer Sandes« – ein überregional bedeutsames Naturschutzgebiet – verbinden und so den Umweltschutz mit der mobilen Sicherheit versöhnen.

Drei Jahre nach dem spektakulären Bauunfall und der wochenlangen Sperrung der Schiersteiner Brücke ist der Weg nach Hessen immer noch ein tägliches Ärgernis mit Staus, Engpässen und Tempo 40. Während der Bau der neuen Rheinbrücke sichtbar vorangeht, stockt es mit dem Anschluss an die A 643 auf rheinland-pfälzischer Seite. Politische Kämpfe haben die Planung verzögert. Bei einem Ortstermin in einem Mainzer Vorort traf der Wormser Chef des Landesbetriebs Mobilität (LBM), Bernhard Knoop, auf Klagen – und auf mögliche Kläger.

«Mainz.»„Ich fahre seit 25 Jahren über die Brücke und stehe täglich im Stau. Wie lange muss ich das noch aushalten?“, fragte eine Frau, die dazu noch auf ihren Renteneintritt in 17 Jahren verwies. Geht alles nach den Plänen des LBM, dürften ihr einige, wenn auch nicht die meisten Jahre auf der neuen so genannten Vorlandbrücke beschert werden. „2021 ff“ steht in Knoops Powerpoint-Präsentation als Termin für den voraussichtlichen Planfeststellungsbeschluss. Bei einer Bauzeit von sieben Jahren stünde der Anschluss mitsamt der sogenannten Vorlandbrücke 2028. Doch „ff“ steht für „fortfolgende“. Zu oft schon wurden konkrete Jahreszahlen genannt und wieder verworfen. Jetzt legt sich niemand mehr fest. Immerhin: Noch in diesem Monat sollen die Unterlagen eingereicht und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Das ist ein Fortschritt. Wenn der Beschluss vorliege, sei mit Klagen zu rechnen, sagt Knoop – als wäre es ein Naturgesetz. So wird es wohl kommen, darauf deutet auch der Abend in einer Turnhalle hin. Es geht um den „Mainzer Sand“. ein als sehr wertvoll eingestuftes Naturschutzgebiet. Besser gesagt, es geht um das, was die in den 1960er Jahren brutal in die Landschaft gesetzte Autobahn davon übrig gelassen hat. Damals waren große Teile des Mainzer Sandes noch von Panzern befahren – als Übungsgelände der amerikanischen Truppen. Naturschutz war vielen ein Fremdwort. Inzwischen wird um jeden Meter gerungen. Deshalb haben SPD und Grüne 2011 die Idee der „Vier plus zwei“-Lösung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Der Verkehr, der über die Schiersteiner Brücke sechsspurig fährt, sollte in Rheinland-Pfalz auf vier Spuren mit zwei Standstreifen, die bei Bedarf als Fahrspuren genutzt würden, weitergeführt werden. Im Verkehrsministerium, das damals von Innenminister Roger Lewentz (SPD) geleitet wurde, lief die Planung nicht recht an. 2013 kam aus Berlin die Weisung, aus Sicherheitsgründen die Variante sechs plus zwei zu bauen, die 2015, kurz nach dem Bauunfall, vom damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erneuert wurde. 2016 folgte der Regierungswechsel in Mainz, FDP und SPD favorisierten die sechsspurige Lösung und vereinbarten mit den Grünen im Koalitionsvertrag, sich bei Straßenbauprojekten an den Bundesverkehrswegeplan zu halten. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) treibt das Projekt voran, trotzdem vergeht Jahr um Jahr. Die Kritik verstummt nicht und Zweifel bleiben. Zum Beispiel an den Verkehrsprognosen. Laut Knoop fuhren 2014 täglich 66.000 Fahrzeuge auf dem Abschnitt, 2030 würden es 84.000 sein. Eine Besucherin, die sich als Ortsbeiratsmitglied der Grünen vorstellte, hält das für unrealistisch: Der Bau von Fahrradschnellwegen und das drohende Dieselfahrverbot werde den Verkehr verringern. Außerdem sieht sie die Belange der Umwelt verletzt. „Was ist eigentlich mit der Hufeisenfledermaus?“ , fragte sie noch. Knoop verwies auf die Umweltverträglichkeitsuntersuchung, rechnete vor, wie etwa durch einen schmalen Mittelstreifen Platz gespart und die Natur geschont werde. Hartnäckige Gegner überzeugte er nicht. Auch der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner ist nicht überzeugt. Nicht die Pläne kritisiert er, aber die Zeitpläne: „Seit 2005 weiß man, dass die Vorland-Brücke erneuert werden muss“, empört er sich. 2021, wenn der Planfeststellungsbeschluss fertig sein könnte, sind übrigens wieder Landtagswahlen. Wer weiß, wer dann regiert.

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