Rheinland-Pfalz Prüfung bestanden

MAINZ/GERA. Eine Genossenschaft, die mehreren Prüforganisationen angehört, darf sich ihren Wirtschaftsprüfer selbst aussuchen. Das ist der Kern einer Entscheidung des Landgerichtes Gera. Damit scheiterte der Genossenschaftsverband in Neu-Isenburg mit seinem Versuch, einen Erzeugergroßmarkt in Thüringen zu zwingen, seinen Jahresabschluss von ihm unter die Lupe nehmen zu lassen. Das Urteil betrifft auch Pfälzer Genossenschaften.

Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Machtkampf zwischen dem großen Neu-Isenburger Verband und dem erst Ende 2011 aus der Taufe gehobenen „Verband ländlicher und gewerblicher Genossenschaften“ mit Sitz in Mainz. Laut Gesetz sind Genossenschaften verpflichtet, ihre Bücher regelmäßig prüfen zu lassen. Zu diesem Zweck müssen sie Mitglied in einem anerkannten Prüfungsverband wie demjenigen in Neu-Isenburg sein. Der Verband erhält für seine Prüftätigkeit von den Genossenschaften eine Vergütung. Jahrzehntelang dominierten traditionsreiche Verbände, die durch Fusionen immer größer wurden, dieses einträgliche Geschäft. Einige Genossenschaften fühlten sich schließlich bei der Neu-Isenburger Organisation nicht mehr gut aufgehoben, gründeten deshalb den Mainzer Verband. Der wurde vor zwei Jahren vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium ebenfalls als Prüfungsverband anerkannt; ihm gehören auch mehrere Genossenschaften in der Pfalz an – darunter der Pfalzmarkt in Mutterstadt mit seinen über 1400 Mitgliedern. Gewissermaßen als Rückversicherung behielten die „Rebellen“ aber zunächst ihre Mitgliedschaft bei den Neu-Isenburgern. Denn sonst hätten sie riskiert, bei Startschwierigkeiten der Mainzer Neugründung überhaupt keinem Prüfverband mehr anzugehören. In diesem Fall ist das Gesetz unerbittlich: Solche Genossenschaften werden von Amts wegen aufgelöst. Auch der Thüringer Erzeugergroßmarkt trat zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft bei den Neu-Isenburgern dem Mainzer Verband bei. Die Mainzer informierten die Neu-Isenburger Ende 2012, dass die Thüringer ihren Geschäftsabschluss ab jetzt von ihnen prüfen lassen werden. Das mochten die Neu-Isenburger unter Verweis auf ihre Satzung nicht hinnehmen. Mit einer Klage wollten sie die Thüringer zwingen, sich weiter von ihnen prüfen zu lassen. Und zwar so lange, wie die Genossenschaft Mitglied des Neu-Isenburger Verbandes ist. Die Thüringer haben zwar Ende 2013 ihre Mitgliedschaft bei den Neu-Isenburgern gekündigt. Der Verband teilte ihnen daraufhin aber mit, dass laut Satzung ihre Mitgliedschaft erst zwei Jahre später auslaufe. Die Klage des Neu-Isenburger Verbandes wies das Landgericht Gera jetzt ab: Die Thüringer Genossenschaft dürfe selbst bestimmen, welcher der beiden Verbände ihren Jahresabschluss prüfen soll. Begründung: Zum einen schließe das Genossenschaftsgesetz eine Doppelmitgliedschaft nicht aus. Zum anderen könne jener Verband, bei dem die Genossenschaft zuerst Mitglied wurde, aus dieser Tatsache kein Prüfungs-Vorrecht ableiten. Schließlich biete jeder anerkannte Verband die Gewähr, dass er die vom Gesetz beabsichtigten Zwecke erfülle. Den Umkehrschluss, dass sich eine Genossenschaft im Falle einer Doppelmitgliedschaft von beiden Verbänden prüfen lassen müsse, hielt das Gericht ebenfalls für nicht zwingend. Vielmehr sei es Sache einer solchen Genossenschaft, „frei zu entscheiden“, wer von beiden ihre Bücher unter die Lupe nehmen soll. Auch das Argument der Neu-Isenburger, sie bräuchten Planungssicherheit, da sie entsprechendes Personal für die Prüfungen vorhalten müssten, überzeugte die Richter nicht. Dürfe doch eine Genossenschaft ihre Mitgliedschaft in einem Verband je nach Satzung mit einer Frist von ein bis zwei Jahren kündigen. Manfred Pipper, eines von zwei Vorstandsmitgliedern des Mainzer Verbandes, begrüßte das Geraer Urteil: „Das ist eine Bestätigung unseres eingeschlagenen Weges.“ Kritik kam von der Gegenseite: Im Kern gehe es um die Frage der Rechtssicherheit, kommentierte ein Sprecher des Neu-Isenburger Verbandes die Entscheidung: Könne man auf die Einhaltung bindend vereinbarter Fristen bauen? Ein Urteil wie dieses „kann nicht im wohlverstandenen Interesse der Rechtsgemeinschaft sein“, so der Sprecher weiter. Deshalb sehe es sein Verband „als unbedingt erforderlich an, in einer letztinstanzlichen und damit rechtskräftigen Entscheidung endgültige Sicherheit in der Sache zu erlangen“. (Foto: Verband)

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