Rheinland-Pfalz Gasexplosion: Angriffe auf Glaubwürdigkeit der Zeugin

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Im Strafprozess um die Gasexplosion von Harthausen (Rhein-Pfalz-Kreis) bemühen sich die Verteidiger des Hauptangeklagten, die Tat alleine der mitangeklagten Ex-Freundin anzulasten. Der jungen Frau wird von mehreren anderen Seiten Glaubwürdigkeit bescheinigt, doch objektive Beweise für ihre Version zur Tatnacht gibt es nicht.

FRANKENTHAL

. Die 27-Jährige aus Franken ist nicht nur mitangeklagt, sie ist auch die zentrale Zeugin in dem Strafverfahren vor dem Landgericht Frankenthal. Nach ihrer Darstellung legte ihr heute 41-jähriger Ex-Freund am frühen Morgen des 28. September des vergangenen Jahres den Brand auf dem Gelände eines Harthausener Gashandels. Das Feuer führte zu einer schweren Explosion, bei der 17 Feuerwehrleute zum Teil schwer verletzt wurden und ein Millionenschaden entstand. In der Folge musste Harthausen für mehr als 30 Stunden evakuiert werden. Die Mitangeklagte hatte angegeben, sie habe ihrem damaligen Freund nur zwei Benzinkanister über den Zaun gereicht. Sie sei davon ausgegangen, dass er Lastwagen anzünden wolle. Dass es auch zu Gasexplosionen kommen könnte, habe sie nicht gewusst. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage sogar davon aus, dass der Mann die Explosionen bewusst herbeiführen wollte, um den Gashändler und dessen Tochter, die auf dem Gelände schliefen, zu töten. Hintergrund sollen Streitigkeiten gewesen sein. Die Tochter hatte eine geschäftliche und private Beziehung zu dem Angeklagten, einem Schrotthändler aus Franken, gehabt. Die Richter haben inzwischen zu erkennen gegeben, dass sie den Vorwurf des Mordversuchs möglicherweise für überzogen halten. Klar geworden ist in dem seit Anfang September laufenden Prozess, dass es keine objektiven Beweise dafür gibt, dass der Hauptangeklagte in der Tatnacht in Harthausen war. Mehrere Ermittler haben das eingeräumt. Die Anwälte des Franken, der eisern zu den Vorwürfen schweigt, haben ihre Strategie deshalb darauf ausgerichtet, die Glaubwürdigkeit der 27-Jährigen in Frage zu stellen. Immer wieder bringen sie ins Spiel, dass sie die Tat womöglich alleine begangen habe. Ein Motiv habe sie gehabt, schließlich sei die Tochter des Gashändlers eine Nebenbuhlerin gewesen. Außerdem wisse sie, wie man Lastwagen anzündet. Die junge Frau hatte zugegeben, im April 2013 einen Lastwagen der Gashändlerstochter in Franken in Brand gesetzt zu haben. Nach ihrer Aussage war sie von dem Angeklagten dazu gedrängt worden. Tatsächlich zeigte sich in dem Verfahren, dass die Angaben der Frau in manchen Details nicht zueinander passen. Doch in der Darstellung der eigentlichen Tat blieb sie konstant. Das bestätigte auch eine psychiatrische Gutachterin, die sich mit der Persönlichkeit der 27-Jährigen auseinandergesetzt hatte. Mehrere Polizeibeamte hielten die Aussage der Frau ebenso für glaubwürdig wie der Haftrichter, dem sie im Dezember vergangenen Jahres vorgeführt worden war. Eine Kriminalbeamtin sagte vor dem Landgericht, die Mitangeklagte sei als Alleintäterin nur schwer vorstellbar. Schließlich hätte sie mit den Benzinkanistern über den Zaun klettern müssen; und das mit einer Schlüsselbeinverletzung, unter der sie damals litt. Der Angeklagte hatte sich für die Tatzeit zudem ein Alibi verschafft, das sich als falsch herausstellte. Eine große Rolle spielte in dem Prozess die Beziehung zwischen den beiden Beschuldigten. Die Frau berichtete von regelmäßigen gewalttätigen Übergriffen, denen sie ausgesetzt gewesen sei. Mehrere Leute aus ihrem Umfeld bestätigten das auch. Dennoch war auffällig, dass einige Zeugen frühere Aussagen relativierten, mit denen sie den Schrotthändler belastet hatten. Die Schilderungen zu dessen Wesen klangen bei den Vernehmungen durch die Polizei drastischer als dann im Gerichtssaal. Ein Zeuge behauptete in der vergangenen Woche, in seiner fränkischen Heimat hätten alle vor der Familie des Hauptangeklagten Angst. Bei ihrer Prozessstrategie kalkulieren dessen Anwälte eine mögliche Revision vor dem Bundesgerichtshof deutlich mit ein. Das hatte sich schon am ersten Verhandlungstag gezeigt, als sie einen (erfolglosen) Befangenheitsantrag gegen das Gericht stellten. Grund war, dass die 27-jährige Fränkin nur wegen Beihilfe zur Brandstiftung in Harthausen angeklagt war, also nicht angenommen wurde, dass sie eine größere Rolle bei der Tat gespielt haben könnte. Auch in der vergangenen Woche stellten die Anwälte einen Antrag mit Blick auf eine mögliche Revision. Sie forderten ein Gutachten über die Sichtverhältnisse auf dem Gelände des Gashandels. Die 27-Jährige hatte nämlich berichtet, dass sie in der Tatnacht ein Fernsehlicht in einem der beiden Häuser gesehen habe. Die Anwälte bezweifeln, dass dies von außerhalb des Grundstücks möglich gewesen sei, die Frau also auf dem Gelände gewesen sein müsse. Nachstellen lässt sich die Szene nicht, weil das Haus bei der Explosion zerstört wurde. Ein Gutachten darüber hätte den Prozess um Wochen verlängert, doch das Gericht lehnte den Antrag am Freitag ab. Daher beginnen am 27. September die Plädoyers in dem Verfahren. Das Urteil fällt dann voraussichtlich am 18. Dezember.

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