Interview Exklusiv: So erklärt Christian Baldauf seinen Rückzug vom CDU-Vorsitz

Partei- und Fraktionsvorsitz gehören vor einer Landtagswahl in eine Hand, findet CDU-Mann Christian Baldauf. Er selbst war 2021
Partei- und Fraktionsvorsitz gehören vor einer Landtagswahl in eine Hand, findet CDU-Mann Christian Baldauf. Er selbst war 2021 Spitzenkandidat seiner Partei in Rheinland-Pfalz.

Christian Baldauf gibt das Amt des CDU-Landesvorsitzenden Rheinland-Pfalz ab. Beim Parteitag im September in seiner Heimatstadt Frankenthal tritt er nicht zur Wiederwahl an. Ebenso verzichtet er auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2026. Im Interview mit RHEINPFALZ-Chefredakteur Yannick Dillinger legt der 56-Jährige dar, wie er zu der Entscheidung gelangt ist, wie selbstbestimmt diese ist und wie gerne er ausgerechnet einem seiner großen Widersacher den Weg bereitet.

Herr Baldauf, es ist anderthalb Jahre her, dass Sie von Teilen Ihrer Partei als Fraktionsvorsitzender abgesägt wurden. Das Amt des Landesvorsitzenden haben Sie behalten. Bis jetzt. Wieso nun der Rückzug und der Verzicht auf eine mögliche Spitzenkandidatur?
Generalsekretär Gordon Schnieder und ich haben seit Monaten versprochen, nach der Kommunal- und Europawahl den weiteren Fahrplan für wichtige Entscheidungen innerhalb der rheinland-pfälzischen CDU bekanntzugeben. Am Dienstag haben wir uns erklärt.

Ihr Timing überrascht: Gerade hat Ihre CDU bei der Kommunal- und Europawahl ein vergleichsweise gutes Ergebnis erzielt …
Ich finde das Timing genau richtig. Wir sind mit weitem Abstand Wahlsieger in Rheinland-Pfalz. Auch ein Erfolg unserer CDU-Arbeit hier im Land auf so vielen Ebenen und an so vielen Stellen! Die CDU Rheinland-Pfalz ist geschlossen, der Kompass stimmt. Und deshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt, den Wechsel einzuleiten.

Es gibt Stimmen in Ihrem Landesverband, die sagen, Ihre Chancen auf ein hohes Amt in Partei oder Fraktion seien ohnehin marginal gewesen. Wie selbstbestimmt ist denn Ihr Rückzug?
Absolut selbstbestimmt. Die Entscheidung, die ich zu treffen hatte, lautete ja nicht: Machst du es noch mal, gehst Du wieder in den Ring? Nein, die Frage war vielmehr: Wie werde ich meiner Verantwortung gerecht? Heißt: Die CDU so aufzustellen, dass wir 2026 die besten Chancen auf einen Wahlsieg haben. Jeder, der sich in der Politik engagiert, weiß: Ein Amt ist nur auf Zeit gegeben. Davon lebt Demokratie. Und das erneuert eine Partei von innen her.

Sie hätten auf die Spitzenkandidatur verzichten, aber Landesvorsitzender bleiben können …
Damit hätte ich gegen einen Grundsatz verstoßen, den ich selbst formuliert habe. Vor einer Landtagswahl gehören Fraktions- und Parteivorsitz in eine Hand. Alles andere führt, gerade in der Opposition, zu unnötigen Reibungsverlusten.

Wie geht es mit Ihnen weiter: Kandidieren Sie trotzdem für den Landtag?
Das ist noch weit hin. Ein Komplettrückzug aus der Politik steht jedenfalls definitiv nicht an.

Beim Parteitag im September steht für die CDU Rheinland-Pfalz nun ein Richtungsentscheid an. Alles deutet darauf hin, dass Gordon Schnieder die Ämter des Landesvorsitzenden und des Fraktionschefs vereinen wird. Als starkem Mann an der Spitze wäre ihm die Spitzenkandidatur kaum zu nehmen. Eine gute Perspektive für die Christdemokraten?
Wir haben viele gute Perspektiven. Über die Spitzenkandidatur entscheidet unsere Partei. Aber noch nicht jetzt, sondern im September in Frankenthal. Wir werden im Landesvorstand den Entscheidungsprozess entwickeln und der Partei vorschlagen.

Gordon Schnieder soll an Ihrer Demission im Dezember 2022 beteiligt gewesen sein. Wie leicht fällt es Ihnen, möglicherweise ausgerechnet ihm den Weg zu bereiten?
Es geht hier nicht um persönliche Gefühle oder irgendeine Vergangenheitsbewältigung. Es geht vielmehr darum, den Blick nach vorne zu richten und sich dabei in den Dienst der Partei zu stellen. Nur darauf kommt es an.

„Klar in seinen Positionen und nah an den Themen der Menschen“: So schätzt Christian Baldauf (rechts) seinen möglichen Nachfolge
»Klar in seinen Positionen und nah an den Themen der Menschen«: So schätzt Christian Baldauf (rechts) seinen möglichen Nachfolger an der Parteispitze, Gordon Schnieder, ein.

In Umfragen sieht die CDU traditionell gut aus, in die Staatskanzlei hat sie es seit mehr als 30 Jahren nicht mehr geschafft. Was würde Schnieder dazu qualifizieren, die Partei nach dieser langen Durststrecke wieder in Regierungsverantwortung zu bringen?
Gordon Schnieder ist klar in seinen Positionen und nah an den Themen der Menschen – von der Kommunalpolitik bis hin zur Landesebene. Deshalb habe ich ihn auch vor zwei Jahren als Generalsekretär berufen. Er kennt die CDU durch und durch.

Der Landesparteitag im September findet in Ihrer Heimatstadt Frankenthal statt – ein Zufall?
Nein, das war mein Wunsch.

Wen nehmen Sie denn am Abend nach dem Parteitag mit auf einen Absacker in Ihre Lieblingskneipe?
Meine Familie und enge Freunde, wir fahren raus an den Lambsheimer Weiher.

Zur Person

CDU-Politiker Christian Baldauf (56) ist in Frankenthal geboren und aufgewachsen . Nach dem Abitur am Albert-Einstein-Gymnasium 1986 studierte er Rechts- und Verwaltungswissenschaften in Mannheim und Heidelberg. 1995 trat Baldauf in die damalige Frankenthaler Anwaltskanzlei Menzel & Kroll ein. An seinem 30. Geburtstag hat Baldauf seine Frau Martina geheiratet. Mit ihr hat er zwei Kinder. Die Parteikarriere Baldaufs begann Anfang der 1980er-Jahre in der Jungen Union. Für die CDU ist er seit 1994 Stadtrat. 2001 holte er erstmals das Direktmandat im Wahlkreis, das er seither viermal verteidigt hat. Vorsitzender der Landtagsfraktion war Baldauf von 2006 bis 2011 und wieder seit Julia Klöckners Wechsel in die Bundespolitik 2018. Im März 2023 legte er diesen Posten nieder, behielt aber zunächst das Amt als Chef der Landespartei, das er von 2006 bis 2010 und dann wieder seit 2022 innehatte.

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