Pfalz Forscherin über Weltraum-Missionen: Ohne Muckis kein Mars

Eine SpaceX Falcon 9-Rakete hebt am 19. November von Cape Canaveral in Florida ab.
Eine SpaceX Falcon 9-Rakete hebt am 19. November von Cape Canaveral in Florida ab.

Ein Saarländer im Weltall? Das ist noch nicht alles: An der Uniklinik in Homburg wird schon seit Jahren in Sachen Medizin im Weltraum geforscht. Dabei immer im Blick: die Reise zum Mars.

Bei einem Flug ins All werden Astronautinnen und Astronauten in der Schwerelosigkeit größer. „Die Bandscheiben dehnen sich aus und man wächst in den ersten 24 Stunden um durchschnittlich fünfeineinhalb Zentimeter in die Länge“, sagt die Weltraummedizinerin Bergita Ganse, die an der Uniklinik im saarländischen Homburg arbeitet. Aber: „Wenn man auf die Erde zurückkommt, schrumpft man wieder auf die Ausgangsgröße zurück. “ Professorin Ganse lehrt an der Universität des Saarlandes und verfolgt die sechsmonatige Mission des saarländischen Astronauten Matthias Maurer (51) auf der Internationalen Raumstation ISS genau.

Ganse erklärt: Langfristig bauen sich bei Astronauten die Muskeln ab, da man sie im schwerelosen Raum nicht oder kaum benutzt. Auch der Herzmuskel werde kleiner. Auf der ISS seien daher täglich für die Astronauten zweieinhalb Stunden Training angesetzt: mit einem Fahrradergometer, einem Krafttrainingsgerät und einem Laufband, auf dem man sich mit Gummibändern festschnalle.

Mars-Mission würde zweieinhalb Jahre dauern

Bei künftigen Missionen etwa zum Mars könnten diese Geräte aber wegen Platzmangels nicht mitgenommen werden: Daher suche man nach anderen Methoden, um Muskelabbau zu verhindern. Ganse forscht mit einer internationalen Gruppe zur elektrischen Stimulation. „Wenn man die Muskeln zusätzlich mit Strom stimuliert, braucht man eventuell nicht so viel Training“ – und weniger Platz. 16 Weltraumfahrer auf der ISS sollen über die nächsten Jahre in das Experiment eingebunden sein.

Bei einer Mars-Mission werde mit einer Dauer von rund zweieinhalb Jahren gerechnet, so Ganse, was neue Fragen an die Weltraummedizin stelle. Denn von der ISS könne man im Notfall in sechs bis acht Stunden zurück zur Erde fliegen. Auf dem Mars oder auf dem Weg dorthin müsse man vor Ort handeln. Daher werde diskutiert, welche medizinischen Geräte an Bord sein müssten. Beim Thema Arzneimittel werde versucht, ein Gerät zu entwickeln, mit dem man Medikamente „drucken“ könne. Heißt, dass man Chemikalien mitnehme, mit denen man „Medikamente im Flug baut“, sagt die Expertin. Das sei technisch nicht einfach, hätte aber den Vorteil, dass man sich nicht vor dem Flug entscheiden müsse, wie viel von welchem Medikament man mitnehmen muss.

Ärztin: Maurer kommt fit zurück zur Erde

Ein solches Gerät zum Medikamente-Drucken könnte auch auf der Erde von großem Nutzen sein, zum Beispiel in ländlichen Regionen oder in Entwicklungsländern, sagt Ganse. Ebenso sei die Elektrostimulation zum Aufbau von Muskeln möglicherweise ein Durchbruch für ältere Menschen auf der Erde.

Weltraummedizin sei noch nicht so weit entwickelt, weil man auf Erkenntnisse von und mit Menschen angewiesen sei, die ins Weltall fliegen. Und da seien Zahl und Experimente begrenzt. Hoffnung setzt die Medizinerin hier auf Weltraumtouristen, die seit diesem Jahr mit verschiedenen kommerziellen Unternehmen Kurztrips ins All unternehmen: „Da fliegen jetzt zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ältere und erkrankte Menschen ins Weltall. Dazu gibt es bisher noch überhaupt keine Daten.“ Wichtig wäre es daher, diese Daten der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.

Dass Astronaut Maurer „in einem guten Zustand“ zurück zur Erde kommen werde, davon ist Medizinerin überzeugt. Sie geht davon aus, dass er nach zwei bis drei Wochen auf der Erde wieder ganz fit sein wird, abgesehen von einem „richtigen Muskelkater“, wenn er seine Muskeln dann wieder einsetzt“. lrs

Astronaut Maurer auf der ISS.
Astronaut Maurer auf der ISS.
Forscherin Bergita Ganse.
Forscherin Bergita Ganse.
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