25 Jahre RHEINPFALZ Die Influencer des Journalismus: Arbeit mit „Hate Speech“ auf Social Media

„Hate Speech“ oder nicht? Über 3000 Kommentare müssen in der Woche allein auf Facebook gesichtet und bewertet werden.
»Hate Speech« oder nicht? Über 3000 Kommentare müssen in der Woche allein auf Facebook gesichtet und bewertet werden.

Wer Internet sagt, muss auch Social Media sagen. Plattformen wie Facebook und Co. sind aus dem Onlinegeschäft mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Zur Arbeit mit Sozialen Netzwerken gehört nicht nur ein Gespür für Themen und Zahlen, sondern auch ein dickes Fell.

Es ist manchmal harter Stoff, den die Redakteure bei ihrer Arbeit mit Social Media zu lesen bekommen. Unter einem Artikel, in dem es um die schwere Misshandlung eines Kindes in Ludwigshafen geht, schreibt ein Nutzer auf Facebook beispielsweise: „Die Täter gehören erschossen.“ Obwohl es verständlich ist, darauf sehr emotional zu reagieren – so ein Kommentar ist nicht in Ordnung. Solche Aussagen sind strafbar. Beleidigungen etwa werden mit Geld- oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren sanktioniert.

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Von fragwürdigen politischen Meinungsäußerungen über Beschimpfungen bis hin zu Drohungen. Solche Kommentare fallen unter den Begriff „Hate Speech“. Das Wort kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Hassrede“. Doch was ist „Hate Speech“ und wieso ist sie gerade auf Facebook so präsent? Für den Begriff „Hate Speech“ existiert keine einheitliche wissenschaftliche Definition. Trotzdem lässt sich sagen, dass dabei andere Menschen, besonders Bevölkerungsgruppen sowie Religionen und deren Anhänger abgewertet und verurteilt werden. Ähnlich Phänomene im Internet sind „Hasspropaganda“ und „Cybermobbing“. Hasspropaganda zielt darauf ab, mit manipulativen Methoden Menschen und die Öffentlichkeit zu beeinflussen. Beim Cybermobbing wird eine Einzelperson beleidigt, bedroht oder bloßgestellt.

Humor gegen Hasskommentare

Die vermeintliche Anonymität des Internets macht es für Nutzer einfach, ihr Gedankengut ohne Selbstreflexion in die Welt zu setzen. Klar ist: Beleidigungen und Unverschämtheiten lassen sich viel leichter äußern, wenn man dem Gegenüber nicht persönlich ins Gesicht sehen muss. Belastend sind solche Worte für den Empfänger trotzdem. Diese Erfahrung machen nicht nur die Kollegen in der Redaktion, die sich mit den Kommentaren täglich auseinandersetzen müssen. „Hate Speech“, „Cybermobbing“ und „Hassrede“ kennen leider auch viele aktive Nutzer von ihren privaten Social Media Seiten.

Durch die regelmäßige Arbeit mit Facebook und Co. haben viele Redakteure der RHEINPFALZ jedoch ein „dickes Fell“ entwickelt. Immerhin müssen über 3000 Kommentare in der Woche gesichtet werden. Dabei geht jeder Kollege unterschiedlich mit „Hate Speech“ um und besonders persönliche Anfeindungen oder beispielsweise rassistische Aussagen können einen auch nach der Arbeit noch beschäftigen. Humor und ein lockerer Umgang damit können eine Lösung sein. Eine pfiffige Antwort macht viele Kritiker schnell mundtot. Oft kann es auch eine Hilfe sein, mit anderen Kollegen zu sprechen und sich Luft zu machen. Um „Hate Speech“ von vornerein zu vermeiden, wird auch genau darauf geachtet, welche Artikel auf den Sozialen Kanälen geteilt werden.

Böse Kommentare unvermeidbar

Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit mit den Sozialen Medien ist die Moderation der geteilten Beiträge. Deshalb behalten die Redakteure Kommentare unter Themen zur Flüchtlingsdebatte über Klimaaktivisten wie die „Letzte Generation“ und Straftaten, bei denen die ausländische Herkunft des Täters im Mittelpunkt steht, auf den insgesamt 15 Facebook-Seiten der RHEINPFALZ besonders genau im Blick. Aber selbst auf vermeintlich harmlose Texte wird manchmal mit teilweise aggressiven Kommentaren reagiert – über den 1. FCK beispielsweise. Unter den Artikel über die weiteren Aufstiegschancen des Vereins schreibt ein Nutzer auf Facebook: „Haltet doch euer Maul und nehmt das Wort Aufstieg nicht in den Mund. Ihr habt keine Ahnung.“

Für die Verfasser haben „Hate Speech“-Kommentare natürlich Konsequenzen. So hat die RHEINPFALZ auch im Internet ihre Regeln, an die es sich zu halten gilt. Diese sind in der „Netiquette“ dokumentiert, die häufig unter Kommentare gepostet wird. Darin heißt es beispielsweise: „Höflichkeit, Respekt und Toleranz sind für uns selbstverständlich. Beleidigungen, Bedrohungen, Schimpfwörter, rechtsradikale, linksradikale, rassistische, sexistische oder pornografische sowie alle strafrechtlich relevanten Äußerungen sind nicht erlaubt.“

Löschen, sperren, Anzeige

Wer sich nicht an die Regeln hält, muss zunächst damit rechnen, dass sein Kommentar gelöscht und nach einem weiteren Verstoß sein Profil gesperrt wird. Bei extremen Fällen von „Hate Speech“ wird auch Anzeige gegen den Nutzer erstattet. Ganz so anonym, wie viele Nutzer denken, sind sie im Internet nämlich nicht. Ihre Identität kann mit Hilfe von bestimmten Daten durch Experten leicht festgestellt werden.

Doch die Arbeit in den Sozialen Medien und besonders der Austausch mit den Nutzern hat natürlich nicht nur schlechte Seiten – im Gegenteil. Schließlich gibt es auch Nutzer, die einem die Arbeit mit „Hate Speech“ förmlich abnehmen, andere in die Schranken weisen, Artikel erklären oder sogar verteidigen. Von Online-Lesern kommen auf Facebook sowohl Lob als auch konstruktive Kritik, und aus guten Diskussionen können sogar weitere, interessante Themen generiert werden.

Wichtiges Werkzeug

Auch wenn der Austausch nicht physisch über Facebook stattfindet – für die Tageszeitung von heute ist er obligatorisch. Denn der Journalismus braucht die Sozialen Medien. Nicht nur, um so mit seinen Lesern in einen schnellen und unkomplizierten Austausch zu gehen, sondern auch für Themen oder Ansätze von tiefer gehenden Recherchen. Die Plattformen helfen dabei möglichst schnell zu erkennen, was die Nutzer gerade interessiert. In der heutigen Zeit ist Schnelligkeit gerade für Eilmeldungen und Trends besonders wichtig geworden. Das Geschäft hat sich gewandelt. Durch die Sozialen Medien steht die Zeitung, sowohl gedruckt als auch digital, mittlerweile in direkter Konkurrenz mit anderen Medien wie Radio und Fernsehen. Wer eine Nachricht zuerst vermeldet, bekommt Leser und damit Aufmerksamkeit – eine äußerst wichtige Währung im 21. Jahrhundert.

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Ein Journalist schaut sich auf der Internetseite Presseportal einen von der Polizei Lippstadt zur Verfügung gestelltes Posting mit Hasskommentaren an.
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