Zweibrücken Telefonaktion: RHEINPFALZ-Leser hängen am Grün hinter der Festhalle

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Kindergarten, Wohnpark und Hotel am Schwarzbach: Die meisten der mehr als 40 Leser, die gestern bei der RHEINPFALZ-Telefonaktion mitmachten, lehnen diese Neubau-Pläne entschieden ab.

Elke Jager

ist eine der wenigen Anrufer, die den Plänen von Stadt und Investor Helmut Gottschall etwas abgewinnen. Sie fände einen Wohnpark für Ältere auf dem Gelände zwischen Festhalle und Reithalle gut, „vielleicht können die künftigen Bewohner dann Pflege aus dem Awo-Altenheim bekommen“. Auch Karola Knaust hätte dort nichts gegen einen Neubau: „Einen eingeschossigen Kindergarten könnte ich mir gut vorstellen.“ Derzeit sei die Fläche in erster Linie ein Hundespielplatz. Für Gerlinde Scheerer hat ein Kindergarten Vorrang − mit einem schönen Außengelände. Für Wohnhaus und Kindergarten zusammen sei die Fläche zu klein, sind sich die Frauen einig. Jager würde auch ein Hotel begrüßen, das ein noch nicht benannter Investor neben dem Awo-Heim plant. Ein Vier-Sterne-Haus, nicht zu hoch, könne Touristen anlocken. „Den Bedarf muss der Investor untersuchen.“ Genau diesen Bedarf bezweifeln viele, die sich gestern zu Wort meldeten, etwa Horst Müller: „Da wird am Bedarf vorbeigeplant.“ Am Awo-Altersheim fehlten schon jetzt Parkplätze, gibt Harald Burtscher zu bedenken. Auch der Parkplatz gegenüber der Festhalle sei bereits gut gefüllt, „von Leuten, die in der Stadt arbeiten“, vermutet Walter Wolfsturm. Burtscher regt zudem einen Zebrastreifen vorm Altersheim an. Wenn schon ein weiteres Hotel her soll, dann lieber an anderer Stelle, meint Siegfried Winter. Der Interessent solle lieber ein bestehendes Gebäude umbauen. „Man muss die Natur nicht noch mehr kaputtmachen.“ Auch Dietlinde Buchmann befürchtet: „Ein neuer Klotz dahingestellt ist schnell.“ Da Zweibrücken „sehr wahrscheinlich keine tolle Einkaufsstadt“ mehr werde, müsse es sich auf andere Qualitäten besinnen, etwa „das viele Grün mitten in der Stadt“. Werner Muscheid sieht das ebenso: „Welche Stadt hat das noch zu bieten? Hier würde Schönheit zerstört!“ Rosemarie Klimmer und Roswitha Fries teilen die Bedenken. „Man muss auch mal aushalten können, dass Flächen nicht bebaut sind“, sagt Manfred Dörner. „Mut zur Lücke!“ Er schwärmt zudem vom alten Baumbestand am Awo-Altersheim, den man für ein Hotel opfern müsste. Etliche Anrufer betonten, die Stadt müsse stolz sein auf ihre Grünachse und dürfe sie nicht verändern. „Erst aufwändig Grünanlagen planen und dann zubetonieren, das geht nicht“, sagt Günther Langenbahn. „Wir lassen uns das nicht kaputtmachen.“ Esther Ringling regt eine Unterschriftenaktionen an, sollten die Vorhaben konkret werden. Wie berichtet, handelt es sich um Pläne. Der Stadtrat hat noch nicht entschieden. „Als Nicht-Zweibrücker hoffe ich, dass die gewählten Stadtvertreter unter Bewertung des aktuellen Bedarfs und des langfristigen Nutzens die Prioritäten erkennen und ihre Entscheidung treffen“, erklärt Friedrich Stucky aus Kleinbundenbach. Karin Weis ist „geschockt“ von den Plänen. „Ich finde Zweibrücken so toll wegen der vielen grünen Flächen. Es soll genauso bleiben, wie es ist.“ Auch Esther Ringling „war der Tag verdorben, als ich von den Plänen las“. Sie schlägt vor, die Hauptschule Nord zum Kindergarten umzubauen. Christel Conrad verweist auf die Jugendverkehrsschule als Standort für eine neue Kita. „Warum baut man nicht den Kindergarten Heilig Kreuz aus und integriert ihn in die Baumaßnahme Stadt am Wasser?“, regt Uwe Menzner an. „So hätte man die grüne Lunge erhalten und könnte Jung und Alt darin vereinen.“ Reinhard Kunze hat einen anderen Vorschlag: „Die Kita kommt an die Rennwiese, der Wohnpark kann in die Eremitage, Landauer Straße.“ Die Fläche zwischen Festhalle und Gestüt solle frei bleiben für Pferdeanhänger. „Wohin sonst mit den vielen Autos und Fuhrwerken, wenn Veranstaltungen sind?“, fragt Dorothea Rehfeld. Martin Krück hat sich ebenfalls Gedanken gemacht: „Den neuen Kindergarten sollte man neben das Awo-Heim bauen und gleich den dortigen städtischen Kindergarten ,Klitzeklein’ integrieren.“ Annette Peetz mahnt, die Stadt müsse mit ihrem „Kleinod sehr sensibel umgehen“. Die Fläche hinter der Festhalle sei ein „Filetstück“. „Die Stadt sollte sich um andere Brachen kümmern, etwa die Weiße Kaserne.“ Wobei die nicht mehr der Stadt gehört, ebenso wenig das Hilgardhaus. Mehrere Anrufer, darunter Dita Schmidt und Angelika Borger, regten an, diese Immobilien zu nutzen statt Neubauten hochzuziehen. Auch der frühere „Kronprinz“ in der Maxstraße kam mehrfach ins Spiel. „Bevor man neue Dinge auf die Bahn setzt, sollte man die vorhandenen zum Laufen bringen. Das wäre eine Aufgabe des Stadtmarketings“, findet Armin Gehl und listet weitere Problemzonen auf: die alte Parkbrauerei („ideal für ein Erlebnis-Hotel“) und das Bahnhofsumfeld. Auch Volkhard Gabriel aus Maßweiler würde Flächen in der Fruchtschuppen- und Luitpoldstraße prüfen. Elfriede Hildebrandt könnte sich dort außer einem Kindergarten ein Hotel vorstellen: „Da stört es nicht, und Grünanlagen müssen nicht weichen. Außerdem ist der Bahnhof in unmittelbarer Nähe, also eine gute Anbindung an Zug und auch Bus.“ Thomas Althoff fragt sich, wie die geplanten Neubauten angebunden werden sollen. „Die vorhandenen Straßen reichen da sicher nicht aus. Mein Eindruck: In der Stadtverwaltung wartet man schon auf die Gelegenheit, die Allee abzuholzen.“ Sigrid Gnoth ahnt Beschwerden voraus, sollte die Wiese zwischen Gestüt und Festhalle bebaut werden: „Pferde sind eine Geruchsbelästigung. Es gibt jede Menge Fliegen, der Mist stinkt.“ Die Fläche solle frei bleiben fürs Gestüt. „Allein der Gedanke, das Gelände zuzubauen, ist doch schon strafbar. Das ist der Gipfel!“, findet Rosemarie Mayer. Investoren könnten sich nicht nur „Sahnestücke heraussuchen“, sondern sollten verfallene Gebäude modernisieren. Karola Steuer ist es wichtig, dass das 22er-Denkmal neben dem Awo-Heim erhalten bleibt. Stichwort Denkmal: „Ich habe manchmal den Eindruck, jeder Bürgermeister will sich eins setzen“, kommentiert sie die Bauvorhaben. Man brauche kein Hotel in der Saarlandstraße, denn die Heimbewohner erlebten schon jetzt durch die Autos genug Lärm. Almut Caspar stört die Aussage von Stadtsprecher Heinz Braun, wonach ein Hotel den Blick zum Rosengarten nicht mehr störe als die Bäume, die dort stehen. „Ich hab’ selten etwas Blöderes gehört.“ Braun hatte den Bereich als sehr ruhig bezeichnet. „Er sollte sich mal zu Spitzenzeiten an die Saarlandstraße begeben“, empfiehlt Hans Christoph. „Es wäre Wahnsinn, ausgerechnet die schönsten Stellen von Zweibrücken zuzubauen“, findet Anneliese Conzelmann. Stattdessen solle sich die Stadt für den Bahnhaltepunkt Rosengarten stark machen. Besagte Grünflächen zu versiegeln „muss auf jeden Fall verhindert werden“, sagt auch Rosemarie Rittmann. „Wie kommt man nur auf solche Ideen, das ist hirnrissig“, schimpft Walter Heim. „Ich frage mich, ob alle verrückt geworden sind“, erklärt auch Wolfgang Bach. Einerseits werde mit riesigem Aufwand „Stadt am Wasser“ gebaut und „alles Mögliche renaturiert“, um dann die „Filetstücke“ zubauen zu lassen. „Das Projekt ,Stadt am Wasser’ braucht großzügige Weitsicht am Schwarzbach“, ergänzt Evelin Hodek. Bach vermisst „eine langfristige Planung“. Zwar sei er dafür, „einem Investor den roten Teppich auszurollen“. „Aber nicht für etwas, das niemand braucht.“ Man könne meinen, „dass die Stadt das Landgestüt schon aufgegeben hat“. Es heiße, „dass es dem Gestüt finanziell schlecht geht“, merkt Markus Huff an. „Das wird nicht besser, wenn man den einzigen Platz für Pferdetransporter wegnimmt.“ Auch Springreiter Steffen Hauter bedauert das „kurzfristige Denken“ hinter den Plänen. „Das löst eine Einmalzahlung in einer gewissen Höhe aus, doch dadurch fallen viele mögliche Konzepte fürs Landgestüt weg. Dann sind die hohen Investitionen in die Reitplätze und die Hallen Makulatur.“ Vor zwei Jahren hatte Hauter ein Konzept fürs Gestüt erarbeitet, die Gespräche mit der Stadt verliefen allerdings im Sande. „Der Bereich ist ein Sahnestück von Zweibrücken“, sagt Hauter. Sollte der Platz zwischen Reit- und Festhalle bebaut werden, sei das „das Ende für das Landgestüt als Veranstaltungsort“. Selbst im Südschwarzwald sind die Pläne Gesprächsstoff. „Ich bin völlig dagegen, dass der Bereich bebaut wird. Das Grün ist doch das, was Zweibrücken ausmacht“, meint Traute Wildt aus Kirchzarten. Sie ist sich mit ihrem Bruder Ludwig einig: „Zweibrücken hat schon Bausünden genug, zum Beispiel das City Outlet.“ „Die Grünachse muss auf jeden Fall erhalten werden, auch wenn die Flächen bei manchen Begehrlichkeiten wecken“, findet Bernd Schenkenberger. „Eine wertvolle, stadtbildprägende Fläche dieser Art gibt man nicht auf wegen einer ,Wohnanlage’“, findet Wolfgang Lauer. Die Stadt solle Landschaftsplaner und andere Fachleute einbinden.

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