Zweibrücken Nach der Flut: Jetzt geht’s ans Aufräumen

Riesige Schäden hinterließ das Wasser bei Privatleuten in Ixheim und Bubenhausen.
Riesige Schäden hinterließ das Wasser bei Privatleuten in Ixheim und Bubenhausen.

Sehr viel Wasser und sehr viel Glück im Unglück – so könnte man Pfingsten in und um Zweibrücken überschreiben. Das Wasser ist wieder weg, jetzt heißt es Schlamm schippen und aufräumen. Die Schäden sind immens und können noch gar nicht beziffert werden.

Was für Schäden das Hochwasser angerichtet hat, sieht man erst, als das Wasser schon wieder weg ist. In Bubenhausen und Ixheim etwa, wo die Häuser an den Hornbach grenzen. Die Container, die Stadt und UBZ aufgestellt haben, sind schnell voll mit durchweichten und kaputten Möbeln, Spielsachen, Haushaltsgeräten. In der Lanzstraße lehnt am Sonntagabend eine Bewohnerin an einem Straßenschild und schaut auf den Haufen Unrat auf dem Gehweg. Auf all das, was sie in den vorherigen Stunden aus dem überfluteten Keller holen musste und was nun nicht mehr zu gebrauchen ist. „Ich bin total fertig“, sagt sie und schüttelt den Kopf.

Am Schlossplatz wurden Erinnerungen an das Weihnachtshochwasser vor 30 Jahren wach.
Am Schlossplatz wurden Erinnerungen an das Weihnachtshochwasser vor 30 Jahren wach.

Weil in den überfluteten Kellern die Gefahr von Stromschlägen besteht, wurde in den am schwersten betroffenen Straßenzügen ab Freitagabend der Strom abgestellt. Das Rote Kreuz bot den Betroffenen kostenloses Essen im Quartierstreff Breitwiesen und in der Hallplatzgalerie an. Laut DRK-Kreisgeschäftsführer Hans Prager waren am Sonntag in den Breitwiesen 60 Personen gekommen, in der Hallplatzgalerie waren es bis Mitte des Abends etwa 20. Das Rote Kreuz kümmert sich zudem um die Verpflegung der Helfer. Seit Freitag hat es laut Prager 2500 Essen ausgegeben. Zeitweise galt es, 300 Einsatzkräfte zu versorgen.

An der Schwarzbachtreppe.
An der Schwarzbachtreppe.

Die Helfer kamen aus großen Teilen von Rheinland-Pfalz und sogar aus Baden-Württemberg. So übernahmen am Samstagmorgen Feuerwehren aus Rheinhessen und dem Hunsrück in der Innenstadt, wo sie Keller in der Fußgängerzone und den angrenzenden Straßen auspumpten. Die Kaiserstraße war in der Nacht auf Samstag überflutet. Die Feuerwehr legte eine mehrere hundert Meter lange Schlauchleitung an den Schwarzbach. „Wir pumpen uns sonst einen Kreislauf“, beschrieb ein Feuerwehrmann die Situation. Wasser aus den Kellern konnte nicht über den überlasteten Kanal abfließen und drückte sich wieder zurück in die Häuser.

Von überall her kommt Unterstützung

Die Feuerwehren aus dem Norden von Rheinland-Pfalz waren am Samstag um 3 Uhr losgefahren, um die Kameraden aus Zweibrücken und den Nachbarstädten abzulösen. Am Sonntag übernahmen Wehren aus dem Donnersbergkreis. Das THW hatte Unterstützung aus Pirmasens, Kaiserslautern, Neustadt und Speyer. Am Sonntag waren sogar Einheiten aus Stuttgart, Böblingen und aus Igersheim in der Nähe von Würzburg hier.

In der Kaiserstraße stand das Wasser in der Nacht auf Samstag knöchelhoch.
In der Kaiserstraße stand das Wasser in der Nacht auf Samstag knöchelhoch.

Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehörte es am Samstagmittag auch, gemeinsam mit dem Zweibrücker Ordnungsamt die Straßen direkt am Schwarzbach abzusperren. Der Herzogplatz und ein Teil des Hallplatzes wurden zur Sperrzone erklärt. Aus Contwig und Dellfeld wurde eine zweite Welle befürchtet, nachdem im schwer betroffenen Contwig die Schleuse geöffnet worden war. Die zweite Welle in Zweibrücken blieb aber aus, ebenso eine dritte Welle, die die Stadt am späten Nachmittag hätte treffen können.

In der Allee wurden die Unterführungen unter der Saarlandstraße gesperrt.
In der Allee wurden die Unterführungen unter der Saarlandstraße gesperrt.

Laut Zweibrückens Oberbürgermeister Marold Wosnitza hat sich das Frühwarnsystem bewährt, das seit knapp einem Jahr im Einsatz ist und deutlich schneller als früher steigende Pegelstände ankündigt. DRK-Chef Hans Prager sah es ähnlich: Das Hochwasser sei genauso schlimm gewesen wie an Weihnachten 1993, aber diesmal sei man besser vorbereitet gewesen und habe „gewusst, wo die neuralgischen Punkte sind“.

Erinnerungen ans Hochwasser von 1993

Ans Hochwasser vor 30 Jahren erinnerte sich am Samstagmorgen auch Hans Otto Streuber, der 1993 Oberbürgermeister war und mit Gästen aus Zweibrückens Partnerstadt Boulogne-sur-mer in der Innenstadt unterwegs war. Er sei damals froh gewesen, Feuerwehrchef Oskar Theisinger an seiner Seite zu haben, erzählte er im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Oskar Theisinger ist der Vater des heutigen Feuerwehr- und Katastrophenschutzinspekteurs Frank Theisinger. Der war am Samstag ein begehrter Interviewpartner für mehrere Fernseh- und Radiosender, die nach Zweibrücken gekommen waren.

In der Allee lief der Schwarzbach fast über.
In der Allee lief der Schwarzbach fast über.

Sie warteten auf einen Tross aus Mainz: Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Umweltministerin Katrin Eder und Innenminister Michael Ebling machten sich am Nachmittag ein Bild von den Schäden in Zweibrücken, Contwig und Hornbach. Die Landeschefin konnte im Hochwasserchaos vermelden: Es kam landesweit niemand in den Fluten ums Leben, und verletzt wurde eine Rettungskraft aus Rheinland-Pfalz, die im benachbarten Saarland für die DLRG mit einem Boot im Einsatz war. Sie musste laut Dreyer ins Krankenhaus, war aber nicht lebensgefährlich verletzt. Bei einem Rettungseinsatz in Saarbrücken wurde eine Frau von einem Einsatzfahrzeug erfasst. Sie starb später an den Folgen, wie am Montagmorgen bekannt wurde.

Malu Dreyer reist aus Mainz an

„Der Katastrophenschutz hat hier herausragend funktioniert“, lobte Dreyer vor Ort, und: „Der Hochwasserschutz wird hier meisterlich beherrscht.“ Koordination und Kommunikation hätten hervorragend funktioniert. Rheinland-Pfalz sei ein Hochwasserland, weshalb man Überschwemmungen leider schon öfter erlebt habe. Aus diesen habe man aber auch gelernt und das Gelernte am Pfingstwochenende umgesetzt. Malu Dreyer betonte, dass das aktuelle Hochwasser nicht vergleichbar sei mit der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, bei der weit über hundert Menschen starben.

In der Fußgängerzone.
In der Fußgängerzone.

Die Bilder vom Ahrtal waren in der Nacht von Freitag auf Samstag in vielen Köpfen. Wer in Gewässernähe wohnt, verbrachte eine schlaflose Nacht voller Angst, wohin die Pegel noch steigen und die Wassermassen sich noch ausbreiten würden. Es zeigte sich aber auch ein riesiger Zusammenhalt in der Bevölkerung. Betroffene bekamen umgehend Hilfe von Freunden, Kollegen, Nachbarn oder auch völlig Unbekannten, die spontan in Regenmantel und Gummistiefel schlüpften und mit Schippe und Werkzeugkasten dort unterstützten, wo Not am Mann war. „Die Menschen haben ganz eng zusammengehalten“, freute sich denn auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei einer Pressekonferenz am Rathaus.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei einer Pressekonferenz am Rathaus.

Am zur Hälfte überschwemmten Bubenhauser Kreisel informierte OB Wosnitza die Delegation aus Mainz, dass die Kräfte aus Zweibrücken und Umgebung seit Freitagmorgen 9 Uhr ohne Pause im Einsatz waren. Bis zum Mittag habe man zusammen mit den Kräften aus der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land und Pirmasens gearbeitet, danach seien weitere Helfer aus dem ganzen Land angerückt. Abends hätten Helfer aus Mainz, Ingelheim und Bad Kreuznach übernommen, damit die hiesigen Retter sich ausruhen konnten. 300 Männer und Frauen seien im Einsatz gewesen, dazu seien noch 80 THW-Helfer aus Stuttgart mit Pumpen, die in Zweibrücken alle vergriffen waren, gekommen. Das sensorische Zweibrücker Hochwasser-System sei „die beste Investition, die wir seit Jahren getätigt haben“, meinte Wosnitza.

Trost für schwer Getroffene

Landesweit seien über 1000 Kräfte im Einsatz, ergänzte die Ministerpräsidentin, die sich wie auch Eder und Ebling sehr froh darüber zeigte, dass der Katastrophenschutz reibungslos funktioniert. Im schwer getroffenen Hornbach sprach Dreyer Betroffenen Mut zu, so dem Arzt Thomas Guth, dessen Praxis überschwemmt worden war und dem Unternehmer Thomas Schiwek, dessen Parkklinik immense Schäden erlitten hat. Schiwek zeigte sich dennoch optimistisch. „Aufgeben ist keine Option“, sagte er zur Landesmutter.

Umweltministerin Katrin Eder, OB Marold Wosnitza, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Innenminister Michael Ebling und die Beigeord
Umweltministerin Katrin Eder, OB Marold Wosnitza, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Innenminister Michael Ebling und die Beigeordnete Christina Rauch (von links) am Bubenhauser Kreisel.
Der überschwemmte Rathauskeller.
Der überschwemmte Rathauskeller.
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