Zweibrücken Liebe, Liebe, es ist einfach zu viel Liebe

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Am Freitag um 17 Uhr begibt sich die Münchener Freiheit auf dem Christian-Weber-Platz zum Soundcheck. Abends ist die einst erfolgreiche deutsche Popgruppe Stargast beim Homburger Maifest. Was man dabei hören kann, stimmt optimistisch. Die Herren beherrschen ihr Handwerk. Doch das Konzert krankt an zu viel Liebe.

Mitte der 80er Jahre bereitet die Neue Deutsche Welle (NDW) den Boden für einheimische Künstler, die deutsche Texte sangen und eine Musik spieltenm die auch Jugendlichen gefiel. Denn deutsche Musik hing bis dahin in der Schlagerfalle. Sie war eher was für Mutti und Vati. Dem Rest wurden schon Udo Lindenberg und Kraftwerk geboten. Doch diejenigen, die später für den Durchbruch der deutschen Popmusik sorgten, – Bap, Grönemeyer und Westernhagen– steckten alle noch in den Kinderschuhen. Wie aus dem Nichts kam kurz zuvor die Neue Deutsche Welle; elektrisch, humorvoll, modern, zuweilen nervtötend. Trio und Co. eroberten trotzdem die Hitparaden. Als Musikproduzenten begriffen, dass man sogar mit Quatsch massig Geld scheffeln kann, warfen sie zu viel Blödsinn auf den Markt. NDW starb deshalb schnell, gilt aber als Geburtsstunde des modernen Deutschpop. Manche Interpreten von damals schufen übrigens danach noch Bedeutendes. Annette Humpe zum Beispiel war zuerst bei Ideal. Später verweichlichte sie im seichten, aber sehr erfolgreichen Pop von Ich und Ich. Mitten in diesem unübersichtlichen Getümmel tauchte auch die Münchener Freiheit auf. Wochenlang hält sich 1986 ihre Single „Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein)“ in den Charts. Die war aber mehr Pop als NDW. Ende der 80er Jahre wurde die auf den Namen Freiheit verkürzte Band mit „Keeping the Dream Alive“ sogar international ein wenig erfolgreich. Doch dann ging der Freiheit irgendwie die Luft aus. Was viele andere nicht schafften sollten, ist der Münchener Freiheit immerhin gelungen. Sie existiert noch. Wenn auch Stefan Zauner, markante Stimme der guten alten Zeit, im Jahr 2011 einen Schlussstrich zog. Seitdem ist Tim Wilhelm der Mann am Mikro, dem noch das Gründungsmitglied Aron Strobel zur Seite steht. Michael Kunze, Bass, und Renard Henry Hatzke, Schlagzeug, sind seit 1983 dabei. Bis auf den Sänger stehen also die Zeitzeugen von damals auf der Homburger Bühne. Die Musiker präsentieren sich beim Homburger Maifest als äußerst freundliche Menschen. Autogrammwünsche werden gerne erfüllt. Selfies für die Fans sind ebenfalls kein Problem. Die Musik stellenweise leider schon. Denn die Münchener Freiheit steckt in der ersten Konzertstunde vor rund 1200 Gästen zu sehr in der Midtempo-Falle. Die Songs sind nicht zu schnell, nicht zu langsam; aber ziemlich unverbindlich. Es fehlt zudem textlich an Abwechslung im Einheitsbrei aus Liebe, Liebe und nochmals Liebe. Die bietet endlich „Katrin“, ein Song, der rockig ist und nicht ohne Grund nach NDW klingt. Er wurde nämlich schon 1983 veröffentlicht. Dankbar hört man dem „Sommernachtstraum“ zu. Er beginnt mit einem Keyboardsolo, das an Pink Floyd erinnert und sich an Progressive Rock wagt. Der Text? Liebe halt. Die Münchener Freiheit spielt, was man von ihr hören will. Bis zum Schluss das Lied kommt, das zeitlos schön bleibt. „Ohne dich“ sticht aus der Menge heraus. Die Stimmung im Publikum wegen der Ansammlung an Hits ist zum Schluss auf dem Höhepunkt. Man hört, dass den Musikern mit diesem Song ein Klassiker der deutschen Popmusik gelungen ist. Sie spielen ihn gern und leidenschaftlich. „Ohne dich“ begeistert 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung immer noch. Das ist doch was.

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