Zweibrücken Eine Rarität mit großer Vergangenheit

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Die protestantische Kirche in Niederauerbach ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Gotteshaus. Gegründet 1750, wurde sie 1956 nach umfassender Renovierung in Zwingli-Kirche umbenannt. Mit Berlin-Friedrichshain gibt es somit in ganz Deutschland nur zwei Kirchen, die nach dem Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531) benannt sind. Am Sonntag, 19. März, um 9.30 Uhr feiert die Kirchengemeinde nach einer zehnmonatigen Innensanierung mit einem Festgottesdienst die Wiedereröffnung.

Pfarrer Matthias Strickler ist stolz, dass die Gemeinde mit viel Engagement den größeren Teil der Kosten gestemmt hat: „Es war und ist mit sehr großen Anstrengungen verbunden, durch vielerlei Aktionen immer wieder Geld zu sammeln.“ Dass die protestantische Kirche in Niederauerbach Zwingli-Kirche heißt, verdankt sie der Überlieferung, dass der Schweizer Reformator auf dem Weg zu den Marburger Religionsgesprächen im Jahr 1529 in Niederauerbach übernachtet haben soll. „Deshalb wurde der Kirche dieser Name gegeben. Es bleibt aber alles historisch etwas vage“, sagt Strickler. Sicher belegt ist hingegen, dass Kirchengemeinde und Pfarrer die Bauphase mit kreativen Ideen überbrückt haben. Gottesdienste zum Reformationstag und an Weihnachten samt Krippenspiel zwischen Schutthaufen und Baugerüsten und einer Predigt „von der Leiter aus“ – das habe eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen, sagt Strickler. Selbst der Weihnachtsmarkt mit dem Auftritt des Musikvereins und den Kindern vom Kindergarten Vogelnest sei in der Baustellen-Kirche über die Bühne gegangen. „Gefährliche Stellen wurden abgesichert, die Gemeinde nahm auf Bierbänken Platz, und der Engel, der den Hirten die frohe Botschaft verkündet, stand auf dem Gerüst.“ Im Laufe der letzten Jahrzehnte war das Innere der Zwingli-Kirche sichtbar in die Jahre gekommen. Böden, Bänke, Beleuchtung, Elektrik und Mauerwerk mussten erneuert werden, schildert Strickler. Bei diesen Arbeiten habe sich eine kleine Sensation offenbart: „Wir stießen auf Knochen, die von Beisetzungen auf dem ehemaligen Kirchhof rund um die Kirche stammten, und fanden alte Münzen“. Durch eine in den Boden eingelassene Glasscheibe im hinteren Bereich kann der Besucher nun die historischen Sandsteinplatten betrachten, unter denen Strickler die Gebeine beigesetzt hat. „Selbstverständlich sieht man von den Knochen nichts. Wir wollen ja keine Wallfahrtsstätte schaffen“, merkt der Pfarrer an. Stolz sind Pfarrer Strickler und die Kirchengemeinde auf das Energiesparkonzept, das mit der Sanierung umgesetzt wurde. Inzwischen seien alle Gebäude der Kirchengemeinde auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt worden. „Diese und andere Maßnahmen führten dazu, dass wir zu den ersten zehn Kirchengemeinden gehören, die von der Landeskirche als Vorbildgemeinden geehrt wurden“, so Strickler. Die Gesamtkosten für die Sanierung belaufen sich auf rund 220 000 Euro, so Strickler. Etwa 40 000 Euro habe die Herzog-Wolfgang-Stiftung beigesteuert, 60 000 Euro seien durch ein zinsloses Darlehen der Landeskirche gedeckt worden, und den Rest habe die Gemeinde selbst aufgebracht. „Das Zentrum, von dem alles ausgeht, ist der Gottesdienst. Daher war es für mich ein sehr großes Anliegen, den wichtigsten Ort unserer Gemeinde, die Kirche, zu renovieren“, sagt Strickler, der seit elf Jahren Pfarrer in Niederauerbach ist. Die protestantische Kirche, ab 1755 von dem schwedischen Hofbaumeister Jonas Erikson Sundahl erbaut, wurde 1956 in Zwingli-Kirche umbenannt. Sie steht im alten Kern des Stadtteils in der Denkmalstraße. Festgottesdienst Beim Gottesdienst zur Wiedereröffnung der Zwingli-Kirche hält Oberkirchenrat i.R. Gottfried Müller am 19. März, 9.30 Uhr, die Festpredigt. Mitwirkende sind der Kirchenchor und der Kindergarten Vogelnest. |rhp/lk

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