Zweibrücken Bei den Mädels war der süße Persico Favorit

An die kleine Kult-Diskothek „Sunset“ im Ernstweilertal, in der Ende der 70er Jahre musikalische Entwicklungshilfe geleistet wurde, erinnern sich nach über 30 Jahren immer noch viele Zweibrücker beiderlei Geschlechts mit Wehmut. War sie doch für manche Jugendliche eine zweite Heimat.

Dort konnte man bei Funk- und Rockmusik Spaß haben, abtanzen und Freundschaften fürs Leben schließen. Mit dem nachfolgenden Rock-Café „Budokan“ traf Betreiber Wolfgang Schäfer auch den Nerv der Hard- und Heavy-Fans. Den Grundstein des legendären „Sunset“ legten Wolfgang („Wolle“) Schäfer und Ilse Greif-Schacherer, die ursprünglich im Reisebüro Columbus in Mannheim ihren Kunden die Türen in die weite Welt öffneten. In der Großstadt wurde die fixe Idee geboren, im fernen Hinterland die Gaststätte Friedrichsruhe in Ernstweiler, die Wolfgangs Schwester Ursula Schwarz und ihr Mann aus Zweibrücken gekauft hatten, in eine Diskothek zu verwandeln. War doch nach dem Ende der „Disko 70“ in der Homburger Straße damals ein Feier-Vakuum in der Rosenstadt entstanden. Am 16. April 1977, abends um halb acht, war es dann so weit. Eine riesige Menschenmenge strömte zur Eröffnung der idyllisch im Wald gelegenen „Sunset Club Discotheque“ in die Ernstweilertalstraße 150. „Eine sensationelle Belohnung für unsere Arbeit“, erzählt die quirlige Greif-Schacherer, die heute wieder in einem Reisebüro arbeitet. Francesco Papa aus Zweibrücken war am ersten Abend „in der Kiste“, wie manche respektlos die Institution nannten: „Die Schlitten standen beidseitig bis zum Tierheim.“ Ende April 1979 sagte „die gute Seele des Sunsets“ zusammen mit dem Chefmusiker Stephen („Steve“) Balsamo aus persönlichen Gründen dem Treffpunkt von Billi, Brutus, Cherry, Django, Fummel, Ralli, Siebche, Trixer und vielen anderen wieder ade. „Meine zwei Jahre im ,Sunset’ waren die schönsten Jahre meiner Jugend, und so ist es vielen unserer Gäste ergangen.“ „Das Geheimnis unseres Erfolgs waren wohl die Musik, dargeboten von Steve aus New York, unsere familiäre Atmosphäre und die legendären Feste“, sagt Greif-Schacherer, die Mitgründerin, die mit Balsamo aus Mannheim liiert war, der in Zweibrücken Pionierarbeit in Sachen Musik leistete. Der Amerikaner hatte erstklassige Beziehungen zu den Landsleuten auf der Air Base und kam dadurch schnell an die neusten Platten aus den Staaten heran. „Im ,Sunset’ gab es jede Menge rockige Musik zu hören, die vorher noch nicht im Radio war“, schwärmt noch heute die ehemalige Erbacherin Andrea Ulsamer, 53 Jahre, von der „total geilen Zeit“ – und von den Millionen Glühwürmchen im Ernstweilertal. Karl Rottmann, Baujahr 1956, vom Gabelsberg ist stolz darauf, den Clubausweis Nummer 1 erhalten zu haben. „Ganz am Anfang war das Haus für alle offen. Dann haben wir orangefarbene Clubausweise mit Sonnenstrahlen entworfen, sie drucken lassen, nachmittags beschriftet und die Fotos draufgeklebt.“ „Wir hatten auch eine richtig gute Fußballmannschaft“, erzählt er. „In Althornbach hat sie bei einem Turnier einmal den ersten Platz gemacht.“ In der Elf spielte die Clique von Gerhard Pinl, 57 Jahre. Der Mörsbacher blickt zurück: „Für einige war das ,Sunset’ die Wochenendbeschäftigung von Freitag bis Sonntag.“ Gern erinnern sich die Hobby- und Vereinskicker wie Werner Boßlet, Karl Dahl oder Martin von Blon noch an die Appelkorn-Abende mit dem aus Apfelsaft und Korn selbstgemachten Muntermacher „zum Freundschaftspreis“. Bei den Mädels war der süße Persico Favorit. Auch die damals jungen VTZ-Handballer wie Joachim Hein, Hans-Jürgen Müller, Jürgen Uhland und Hermann Walter zog es ins „Sunset-Valley“.

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