Zweibrücken „Bargeld wird verschwinden“

91-68481933.jpg

Ralf Knauft testet sie schon, Rolf E. Klein hat sie bestellt: Die neue Wunder-Computer-Uhr des US-Konzerns Apple, die fast alles kann. Sogar eigenständig Alarm auslösen, wenn ihr Träger beim Joggen im Wald zusammenbrechen sollte. Ralf Knauft hat daran sozusagen ein natürliches Interesse, denn er ist bei der Sparkasse Südwestpfalz zuständig für neue Kommunikationswege oder für „Alternative Vertriebswege“, wie seine vor rund fünf Jahren geschaffene Abteilung formell heißt. Und der Vorstandsvorsitzende Rolf E. Klein will der Entwicklung nicht hinterherhinken, schließlich ist seine Bank mitten drin im Wandel von analoger zu digitaler Kultur. Mitarbeiter und Kunden der Sparkasse sind längst Teil dieses Prozesses. Seit mindestens 20 Jahren können Kunden Geldgeschäfte per Computer tätigen; etwa 40 Prozent der zirka 80.000 privaten Girokonten werden heute „online“ geführt, bei den etwa 7000 Geschäftskonten liegt die Online-Quote bei 65 Prozent. Seit etwa fünf Jahren gibt es Anwendungssoftware für Mobilgeräte (App), mit der Kunden sich auch „Konto-Wecker“ einstellen können, etwa für Benachrichtigungen bei bestimmten Kontobewegungen. Nach verhaltenem Start entwickele sich die App gut, stellt Knauft fest: Etwa 7500 Kunden nutzen die Sparkassen-App, der übrigens gerade Finanztest in punkto Sicherheit ein gutes Zeugnis ausgestellt hat. Moderne Geldgeschäfte sind aber nicht auf die Kommunikation zwischen Heim- und Bank-Computer beschränkt. Denn auch Internet-Nutzer haben individuellen Beratungsbedarf. Und dafür gibt es seit etwa vier Jahren ein in dieser Form neues Kundenservicecenter, das sich per Telefon und E-Mail um Kundenbelange kümmert – von der Überweisung bis zur Devisenorder. Kein Call-Center, wie Klein betont, sondern ein Dienstleistungsbereich mit derzeit 15 Bankfachleuten. „Da sitzen Problemlöser“, betont Klein – „und niemand, der sagt: Rufen Sie am Montag wieder an.“ Damit wollten sie Service wie in einer Zweigstelle bieten, sagt Klein. Nur unabhängig von deren Öffnungszeiten: Die „Internet-Filiale“ ist von 7 bis 22 Uhr geöffnet, am Wochenende bis 20 Uhr; ab 18 Uhr übernimmt ein zentrales Kundencenter aus einem Zusammenschluss mehrerer Sparkassen den Dienst. Noch gibt es in Stadt und Land Filialen mit Menschen aus Fleisch und Blut am Schalter. Aber die Richtung ist klar: Je mehr Kunden digital agieren, umso weniger werden analoge Wege vorgehalten. Die Folge: Filialnetze werden dünner, Angebote spezialisiert und konzentriert. Negativ verstärkt wird dieser branchenweite Trend durch die aktuelle Niedrigzinsphase, die Bankgewinne schrumpfen lässt. Sicher sei Online-Banking für die Bank kostengünstiger als herkömmliche Kontoführung, sagt Klein, aber man könne auch dies nicht kostenlos verarbeiten. Dienstleistungen für Datensicherheit und -schutz – bei Sparkassen weitgehend zentralisiert – müssten ja berücksichtigt werden. Noch ist Online-Banking bei der Sparkasse aber kostenfrei. Gerade hat das Haus angekündigt, acht seiner Geschäftsstellen zu Selbstbedienungs(SB)-Filialen umzugestalten; damit gibt es noch 20 Geschäftsstellen mit Personal und 21 SB-Filialen. Betriebsbedingte Kündigungen bei den 540 Mitarbeitern hat die Bank vermieden. Dies schließt Klein derzeit auch für 2016 aus – sofern sich die Situation nicht „drastisch verschlechtert“. Wie wird die Bank der Zukunft aussehen? Eine klare Antwort vermag Klein darauf nicht zu geben. Denn noch befindet sich die Bank im Kulturwandel, in einer ambivalenten Welt zwischen „analog“ und „digital“. Genau wie ihre Kunden, die eine heterogene Gruppe darstellen: vom konsequenten Zweigstellen-Besucher bis zum strikten Online-Nutzer, übrigens unabhängig vom Alter. „Wir müssen herausfinden, welche Wege von Bedeutung für unsere Kunden sind“, stellt Klein fest. Deswegen müsse man bei Marketing und Umsetzung noch doppelt investieren: in analoge und digitale Erreichbarkeit und Dienstleistung. Dabei dürfe der persönliche Kontakt nicht verloren gehen, beschreibt Klein seine größte Befürchtung beim Blick in die Zukunft. Noch legen viele Kunden Wert auf persönliche Beratung. Dies wird nach Kleins Einschätzung auch so bleiben – vor allem bei komplexeren Geldfragen. Filialen wird es daher weiterhin geben, nur in anderer Form. Umfassende Leistungen übernehmen „Kompentenzcenter“ wie in Pirmasens und Zweibrücken, Zweigstellen könnten zu größeren – und betriebswirtschaftlich günstigeren – Einheiten zusammengefasst werden. SB-Filialen dürften erst einmal bleiben; sie sind nach wie vor frequentiert. Zumindest so lange, wie es Bargeld geben wird. Doch über dessen Ende wird längst diskutiert. Befürworter sehen im digitalen Geldverkehr einen kostengünstigeren Weg, der Schwarzarbeit und Betrug entgegenwirkt; Kritiker befürchten den gläsernen Kunden – und dass Sparer Negativzinsen nicht mehr ausweichen könnten, weil Horten unmöglich würde. Klein glaubt nicht an den Fortbestand des Bargeldes. „Es wird verschwinden“, sagt er – womöglich schon in fünf bis zehn Jahren. Er bereitet sich vor: „Ich habe gar keinen klassischen Geldbeutel mehr.“

x