Zweibrücken Andréas auf dem Dach

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Wer zu ihm ins Atelier will, muss sich vorher anmelden, seinen Personalausweis am Eingang hinterlegen und wird durchleuchtet wie am Flughafen. Noch nie ist ein Zweibrücker Künstler besser bewacht worden als Andréas Lang. Der Fotograf arbeitet zurzeit als erster Kunststipendiat des Auswärtigen Amtes in Berlin in dem Atelier, das Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf dem Dach seines Amtssitzes eingerichtet hat.

Andréas Lang wurde für das Stipendium vom Landesverband Berliner Galerien vorgeschlagen, denn er arbeitet an einem Thema, das auch das Außenministerium interessiert: der deutsche Kolonialismus in Afrika. Dafür bekommt Lang das Dach-Atelier im achten Stock – ein heller, unverputzter 70-Quadratmeter-Raum im siebten Stock mit großer Terrasse und einer tollen Aussicht über Berlin. Und 2700 Euro pro Monat. 2010 kam er – nach Stationen in Stuttgart, München und Paris und längeren Aufenthalten in anderen europäischen Städten und im Nahen Osten – in Berlin an. Seit Mitte Mai arbeitet der 1965 in Zweibrücken geborene Künstler nun im Außenministerium. Großformatige Fotografien aus Kamerun hängen an der Wand. An Stellwänden sind Texte und Fotos befestigt. Auf einem Foto sieht man seinen Urgroßvater auf einem Nilpferd reiten. „Meine Mutter hatte mir immer davon erzählt, dass ihr Großvater in Afrika war, mit wilden Tieren und Kannibalen. Ich dachte nie, dass das interessant für mich sein könnte. Doch dann habe ich eine Kiste gefunden mit alten Fotografien, Reiseberichten, Tagebuch, habe reingelesen und dachte, es geht um Kolonialismus. Da fand ich es spannend.“ Der Urgroßvater war als deutscher Soldat in Kamerun, als die Deutschen das Land besetzten. Das war nicht gerade friedlich, „an der Einnahme eines Dorfes war mein Urgroßvater beteiligt, da gab es auch ein paar Tote“, erzählt Lang. Er hat recherchiert, er ist nach Afrika gereist. Er hat Fotografien gemacht von der Gegend, wie sie heute aussieht: verlassene Häuser und Landschaften, zum Teil überwuchert. Die Fotos haben etwas Geheimnisvolles. Sie schweben zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Realität und Imaginärem. Ab September sind sie in Langs Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen. Parallel gibt es eine Werkschau in einer nahen Berliner Galerie. Dort zu landen, in einem etablierten Museum, hatte sich Lang, der am Helmholtz-Gymnasium Abitur machte, damals wohl kaum vorgestellt. In den 80er Jahren in Zweibrücken war er ein Punk mit gefärbten Haaren und Ohrringen, ein Rebell. Zusammen mit Peter Rohr und Kirk Saunders-Beer war er Mitglied der „Nassen Hunde“, der einzigen Punkband im Umkreis. „Kirk hat deutsch gesungen – mit Akzent. Aus ,I Wanna be your dog’ von Iggy Pop wurde ,Jetzt will ich dein Hund sein’“, erinnert sich Lang und lacht. Er war der Jüngste in der Band. „Wir hatten sogar das Angebot, in Frankreich auf Tour zu gehen.“ Daraus wurde dann doch nichts. Musik macht Lang heute nicht mehr, aber Ohrringe trägt er immer noch. Rheinpfalz am Sonntag

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