Zweibrücken Als das Schultheater noch Pflichtfach war

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts gibt es Schultheater in Hornbach und Zweibrücken. Es ersetzte zeitweilig sogar das Hoftheater. Was für die Qualität der Aufführungen spricht. Von den Anfängen des Schultheaters erzählt jetzt eine Ausstellung der Biblioteca Bipontina. Anlass ist das 30-jährige Bestehen der AG Klassisches Theater des Helmholtz-Gymnasiums, dem Nachfolger des frühen Gymnasiums.

Schon 1559, im Gründungsjahr des Hornbacher Gymnasiums, gehörte Schultheater zum Lehrplan. Aus religiösen Gründen. Denn Martin Luther und Melanchthon sorgten nicht nur dafür, dass die Bevölkerung lesen und schreiben lernte, damit sie auch die Texte der Reformation verstehen konnte – sie setzten sich auch für das Schultheater ein, genauer gesagt für religiöse Stücke in lateinischer Sprache. Die lateinische Sprache und ein sicheres öffentliches Auftreten, sollten spielerisch vermittelt werden – durch Komödien auf der Bühne. Damit aus den Schülern später gute Pfarrer, Lehrer und Juristen werden, die in der Öffentlichkeit sicher auftreten und den Glauben weiter verbreiten. Sie sollten „kecklich zu Reden geschickt werden“ (so ein Ratsbeschluss), gemeint war, dass sie angeleitet werden, frei zu sprechen. Für die Lehrpläne und die Theaterstücke war im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken der Straßburger Pädagogen Johannes Sturm verantwortlich. Bei Schulfeiern und Festen am Hof gehörten besonders lateinische Komödien von Terenz (etwa 195-158 v. Chr.) und Plautus (etwa 254-184 v. Chr.) lange Zeit zum festen Bestandteil des Programms. Das Gymnasium (das 1631 nach Zweibrücken umzog) ersetzte daher im 16. und 17. Jahrhundert das Hoftheater in Zweibrücken. Diese Tradition wurde 1778 gestoppt von Georg Christian Crollius (1728-1790), dem damaligen Schulleiter. „Philotas“ von Lessing im März 1778 war das letzte Stück, das aufgeführt wurde. Auf den Blick erstaunt das, denn derselbe Crollius, hatte die Idee, lateinische Klassiker zu veröffentlichen und brachte die berühmten „Editiones Bipontinae“ auf den Weg. Dennoch verbot er das Schultheater, denn er mochte die neuen deutschen Dramen von Schiller, Goethe und Lessing überhaupt nicht. Die Schüler sollten zwar Latein lernen – dagegen hatte er nichts –, aber nicht gerade mit Theaterstücken, die lenkten doch die Schüler eigentlich nur ab. So wurden die Schüler nun auf andere Weise ans freie Sprechen herangeführt. Bei Schulfeiern und anderen Festen mussten sie nun Reden rezitieren, die ihre Lehrer geschrieben hatten (was auch für deren Eitelkeit spricht) . Alternativ mussten sie mit erfundenen fingierte Gesprächen historischer Persönlichkeiten auftreten, was immerhin noch ein bisschen mit Theater zu tun hatte. 131 Jahre lang gab es kein Schultheater. am Gymnasium. Erst 1909 trat eine Schülergruppe des humanistischen Gymnasiums mit „Wallensteins Lager“ von Schiller wieder in Zweibrücken auf einer Bühne auf und begründete mit engagierten Lehrern eine neue Theatertradition. Zumindest zehn Jahre lang. Dann war wieder Schluss, aus naheliegende Grund: der Erste Weltkrieg begann. Nun betrug die Schultheaterpause 40 Jahre, denn erst nach dem Zweiten Weltkrieg, 1949, wurden am Gymnasium wieder Stücke gespielt. Die Ausstellung in der Bipontina zeigt mit etwa 70 Büchern, Stichen und Grafiken vor allem Beispiele aus den Anfängen des Schultheaters in Zweibrücken. Hinzu kommen prächtige Darstellungen des Theaters besonders im Barockzeitalter aus den Büchersammlungen der Zweibrücker Herzöge, denn Zweibrücker Landesherren förderten aus Interesse für Theater die Schüleraufführungen intensiv. Ein Herzog tat sogar noch mehr: Herzog Wolfgang stand selbst als Schauspieler auf der Bühne.

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