Speyer Zwischen Wasser und Licht

Seit Wochen ausverkauft war die Aufführung des Oratoriums „Stella Maris“ von Helge Burggrabe am Freitagabend im Speyerer Dom mit zahlreichen Mitwirkenden, darunter auch Iris Berben als Rezitatorin, unter der Gesamtleitung von Domkapellmeister Markus Melchiori.

Zehn Jahre nach seiner Uraufführung in der Kathedrale zu Chartres – das Werk entstand als Auftragswerk zur dortigen 1000-Jahr-Feier – kam es nun in die deutsche Partnerstadt nach Speyer, und zwar als deutsch-französisches Projekt mit dem Kinderchor „La Maitrise de la Cathédrale de Chartres“ neben dem Vokalensemble des Doms zu Speyer. Die Kathedrale von Chartres war auch präsent durch die Lichtinstallation: Das berühmte Blau der dortigen Glasfenster illuminierte den Dom zu Speyer und machte ihn damit auch sichtbar zur echten Schwesterkirche von Chartres. Fünf Teile – oder Sätze – hat das Oratorium, das mit vielen Mitteln, nicht nur denen der Musik, daran arbeitet, das, was diese Kathedralen ausmacht, und das, was ihre Patronin Maria, die Mutter Jesu, repräsentiert, zumindest aufscheinen zu lassen. Die Musik verbindet mittelalterlichen liturgischen Gesang – zwei originale Gesänge von Fulbert, dem Baumeister der Kathedrale von Chartres, sind ins Oratorium integriert – bruchlos mit Helge Burggrabes zeitgenössischer Musik. Es ist der Bezug der alten oder neuen Klänge zum Raum des Domes, der eine Brücke zwischen Mittelalter und Neuzeit bildet. Dazu gehört auch mal Sologesang von der Orgelempore, der vom Chor unten beantwortet wird. Maria, der sehr menschlichen Frau, von Iris Berben mit allen Mitteln ihrer großartigen, ausdrucksreichen Stimme gespielt, wird Sophia, die personifizierte Weisheit, zur Seite gestellt. Die Mezzosopranistin Maria Jonas aus Köln, Spezialistin für alte, auch mittelalterliche Musik, singt sie und wirkt dabei ganz und gar wie eine mystische Gestalt, in lange, faltenreiche Gewänder gehüllt. Zu Beginn trägt sie langsam eine große, dunkle Glasscheibe herein, deren Bedeutung unklar bleibt, und hängt sie an ein Gestell. Es ist, wie später Markus Melchiori erklärte, eine Glasscheibe mit dem Blau der Kathedrale von Chartres, die eigentlich von hinten angestrahlt werden sollte. Eine weitere Reminiszenz an Chartres ist der große runde Bildschirm im Chorraum über allen Mitwirkenden, der an die Fensterrosette erinnert. Auf ihm erschienen Bilder, die Wasser in einer Schale als Reaktion auf den Klang produziert – die Wasserklangbilder des Alexander Lauterwasser. Es gibt noch mehr Wasser: ein sehr ungewöhnliches Instrument ist eine durchscheinende hohe Schale mit Wasser, blau leuchtend, in der eine Percussionistin plätschernde Geräusche macht. Neben dieser und weiteren Percussion-Instrumenten wie Marimbaphon und Gong sorgen vor allem die Orgel, gespielt von Domorganist Markus Eichenlaub, Klarinette (Jochen Bauer) und Cello (Olivia Jeremias) dafür, dass sich dieses so Vielfältige zu einem Ganzen verbindet. Am Ende brauchte es einen Moment der Stille, bis das tief beeindruckte Publikum in einen Beifallssturm ausbrach.

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