Speyer Wochenchronik

Gezählt, vorbei, aus: Quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat der Wahlausschuss am Montag offiziell den Europa- und Kommunalwahlsonntag beendet. Das Wahlfieber ist runter. Neben dem Wahlleiter, OB Hansjörg Eger, den zuständigen Sachbearbeitern, Beisitzern und einem Pressevertreter war nur noch Zapfhahn-Wirt Aurel Popescu im Stadtratssaal. Der war vor allem daran interessiert, ob richtig ausgezählt worden war. Denn nach linkem Empfinden hätte im Wahllokal 274 (Siedlungsschule) mehr in der Urne liegen müssen als die kärglichen 0,4 Prozent. Doch Eger und Wahlamtschefin Olga Klein konnten darlegen, dass akkurat gezählt und mehr an der Stelle eben nicht Wählerwille war. Auch wenn die Linken dort ein Unterstützernest randvoll mit Solidarität vermutet und sich wahlkampftechnisch richtig reingehängt hatten. Unterstützt hat Gastwirt Popescu aber auch den OB nicht wirklich. Eger musste – notarhaft trocken, formal und korrekt – Namen um Namen sowie Zahl um Zahl vorlesen. Seine Stimme wurde dabei trocken und trockener. Doch Flasche leer beziehungsweise gar keine da. Wir setzen, wie an dieser Stelle schon angeregt, in der Frage weiter ganz fest darauf, dass die Absprache in der Wirte-Phalanx im Rat bis zur ersten Sitzung des neuen Gremiums ein wenig besser funktioniert. Trockene Angelegenheit in trockener Ratssaal-Luft. Das muss doch nicht sein? Ein neues, bisher völlig unbekanntes Fieber ist in der Oase der Rentenwächter auf den Fluren und im Schatten des Hochhauses in Speyer-West ausgebrochen: das Stellplatzfieber. Es grassiert massiv in der Belegschaft der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Sie ist einer der größten Arbeitgeber in Speyer. Dort gilt seit 1. Juni eine neue Vergaberegel für die insgesamt 210 Stellplätze in der DRV-eigenen Tiefgarage. Kurz gesagt, lautet die Regel: Entfernung vor Dienstalter. Wer weiter weg wohnt, hat bessere Chancen auf einen Stellplatz. Das gefällt nicht jedem, vor allem nicht den „Altgedienten“. Solchen, die schon Jahre da sitzen und dort parken. „Stellen Sie sich vor, da kommt eine Auszubildende von der Haardt und kann reinfahren“, echauffierte sich eine neuerdings „Stellplatzlose“. Das Problem: Es ist kein Medikament gegen das Stellplatzfieber auf dem Markt. Nicht einmal „Vitamin B“ soll akut was bewirken. Schwarz-Rot, schwarz-grün, schwarz-weiß, schwarz-gelb? – Ja wer rührt eigentlich mit im Farbtopf der künftigen Stadtparlament-Mehrheit, die gestalten will? Seit wenigen Minuten nach Auszählung der Stimmen – Beobachter sagen, sogar schon vorher – haben „Sondierungsgespräche“ begonnen. So heißt das offiziell. In Wahrheit ist das Schönfärberei. Es geht um Macht, Personal, Ämter, Geld, Posten. Geschacher wäre das passendere Wort. Verständlich, dass das Feilschen ohne öffentliche Beobachtung vonstatten gehen soll. Klappt leider nicht immer wie von den Protagonisten gewünscht. So sammelte sich in dieser Woche eines schönen Sondierungsabends eine grüne Gruppe unter einem überdimensionalen, bunten Regenschirm vor der Pforte des schwarzen Staatsschlosses „Domhof“. Die Delegation war ohne Zweifel einbestellt und vorgeladen. Die Schwarzen gewährten Audienz. Die Grünen schnatterten aufgeregt, als der schwarze Zeremonienmeister heraustrat. Michael Wagner. Der geht bekanntlich gerne blau und/oder orange gekleidet. Was aber trug er an dem Abend? Grün. An den Füßen zumindest. Grüne Schuhe. Einladung, Hoffnungssignal oder Veräpplung. Das ist noch nicht ganz raus. Die Audienz währte jedoch nicht allzu lange. Und sondiert wird mit anderen ja schließlich auch noch. Einen ersten Erfolg gab es dennoch: Aufgeregt waren alle, weil es die Falschen gesehen hatten. Die Polizei, dein Freund und Helfer: Bei einer 87-Jährigen hat es vor wenigen Tagen gepiept: Die Batterie im Rauchmelder ihrer Wohnung war schwach geworden. Die betagte Dame selbst war nicht mehr in der Lage, sie zu wechseln. Also bat sie die Polizei um Unterstützung. Der Dame konnte geholfen werden. Nach fachgerechtem Austausch war die Dame wieder beruhigt und in Sicherheit. Wie wichtig so ein funktionierendes Teil an der Decke ist, zeigt ein anderer Fall am selben Tag. Eine 51-Jährige hatte in ihrer Wohnung den Elektroherd statt ihn auszuschalten bis zum Anschlag hochgedreht. Das bekam dem Essen im Topf darauf nicht. Es dampfte, der Rauchmelder schlug an, die Nachbarn alarmierten die Feuerwehr. „Das Essen war ungenießbar“, lautet die Schadensbilanz im Polizeibericht. Da konnten weder Polizei noch Feuerwehr helfen. Verbrannt ist verbrannt. Ja, sie hat allen wirklich allen Grund zum Feiern. Am Donnerstag wurde die Grande Dame der SPD Speyer, Margarete Boiselle-Vogler, 92 Jahre alt. Die Unternehmerin ist fit wie ein Turnschuh, aktiv, kein bisschen müde. Fast wäre sie erneut in den Stadtrat eingezogen. Von Platz 44 ist sie über 30 Plätze nach vorne geschossen. Es hat aber nicht mehr ganz gereicht. Ein paar Stimmen haben gefehlt. Ihre Tochter Gabriele hat ihrer Mutter auf deren Facebook-Seite in einer ganz persönlichen Hommage gedankt und Bewunderung ausgedrückt: Margarete sei ein unkonventionelles Beispiel für Konsequenz sowie Freude am Leben: „... altmodisch in Deiner Beständigkeit und modern im Denken“, schreibt sie darin. Und dann formuliert die Tochter versteckt und zugleich deutlich einen Herzenswunsch: „Natürlich bist Du aus dem politischen und sozialen Leben in Speyer nicht wegzudenken und ich hoffe, dass dir die gebührende Ehre erwiesen wird“. Gabriele Boiselle dürfte dabei nicht an einen Sitz im Bauausschuss gedacht haben ... Irgendjemand im neuen Stadtrat wird das doch richtig verstehen und die Ehrenbürgerschaft beantragen. Möglicherweise verstehen sogar alle Ratsmitglieder diesen Wink. Merken Sie, wie es steigt? Von Tag zu Tag. Noch sechs Tage, dann bricht es mit Macht aus – das Fußball-WM-Fieber. Die Diagnose ist eindeutig. Die Augen werden runder, die Biervorräte im Keller größer, die Nervosität größer – und Zuversicht und Hoffnung? Die sterben bekanntlich zuletzt. So weit ist es noch lange nicht. In der Halle 101, in zahlreichen Kneipen, in Höfen, in Gärten, Garagen, Wohnzimmern wird sich das Virus erbarmungslos ausbreiten und seine Opfer fordern. Da hat doch glatt ein nicht ganz Unprominenter in Speyer diese Woche mitten in das Mutmaßen über Neuers Schulter, Khediras Knie und Schweinis Wade hinein seine Gesprächspartner unvermittelt sprachlos gemacht. „Mich interessiert die WM nicht, lässt mich alles kalt.“ Seitdem stellt sich folgende Frage: Von welchem Fieber ist der denn befallen und wie vermeide ich Ansteckung?

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