Speyer Speyer, Provence, Oberammergau

Schon über 100 Jahre alt: Krippe im Haushalt von Helmut und Barbara Hanten.
Schon über 100 Jahre alt: Krippe im Haushalt von Helmut und Barbara Hanten.

Die Krippe im Haushalt von Helmut und Barbara Hanten in Speyer-Nord ist mehr als 100 Jahre alt. Eine Figur trage die Kennzeichnung „1907“ berichtet der Landwirt. Sie sei erstmals auf dem Kratzensteinhof aufgestellt worden, den sein Großvater, Jahrgang 1873, im niederrheinischen Erkrath betrieben habe. Er habe diesen 1935 übernommen – und mit ihm die Krippe. Geerbt habe sie sein Onkel Otto, er selbst habe sie 1980 „als männlicher Namensträger und Landwirt“ geschenkt bekommen, schreibt Helmut Hanten. Seither baue er sie jedes Jahr mit seiner Familie gemeinsam auf. 1,80 Meter auf 60 Zentimeter groß ist die Szenerie, allein 30 Zentimeter misst das Kamel. Das sei aber nicht alles an Besonderheiten, berichtet Hanten. Die Truhe, auf der sie stehe, sei schon wegen ihres Alters einzigartig: Auf ihr prangten die Jahreszahl 1754 und die Initialen „JHS“. Eingemottet werde sie alljährlich in RHEINPFALZ-Papier, seit er die alten Blätter einer „Propagandazeitung aus dem Dritten Reich, die nicht zu den Figuren und meiner Einstellung passte“, entsorgt habe. Das Lager unter der Kellertreppe habe er fünf Jahren umräumen müssen, nachdem sich eine Mäusefamilie dort eingenistet hatte. „Seit der Zeit haben wir zwei Hauskatzen.“ Und noch einen Grund gibt es, warum Helmut Hanten immer, immer sentimental wird, wenn er die Krippe auspackt: „Den Engel ,Hosianna’, der im Baum hing, haben mein Bruder Karl und ich angeschossen, als wir ein Luftgewehr zu Weihnachten bekamen. Dafür haben wir mehr als eine gute Tracht Prügel bekommen – an Weihnachten. Das war ein Fest.“ Irgendwann sei die alte Krippe „unseres protestantischen Doms nicht mehr würdig“ gewesen, sagt Elke Zils, Presbyterin an der Gedächtniskirche. Engagierte Gemeindemitglieder sorgten für Abhilfe: In den vergangenen fünf Jahren sei eine alle zwölf Monate erweiterte Szenerie entstanden, die nicht nur „würdig“ sei, sondern nach Gottesdiensten und in sonstigen Öffnungszeiten auf sehr gute Resonanz stoße. Herzstück: von Ehrenamtlichen in liebevoller Handarbeit gebastelte Egli-Figuren. Dabei handelt es sich um gefilzte biblische Figuren, die von der Schweizerin Doris Egli erfunden worden sind. „Wir haben mit Maria, Josef und dem Kind sowie Ochs und Esel angefangen“, berichtet Zils. Die Hirten kamen hinterher, ein Elefant und ein Kamel, vor zwei Jahren auch noch „neun Schäfchen, darunter ein schwarzes“. Die Diakonissen hätten jeweils Räume für die Basteleinheiten zur Verfügung gestellt. Es kamen beträchtliche Wollmengen zum Einsatz, aber auch Leder als Material für Schuhe, die die Bleifüße der Figuren umhüllen. „Die sind richtig schwer“, berichtet Zils. Den einen Meter großen Elefant stabilisierten Eisenstäbe, den könne sie nicht allein tragen, da benötige sie eine männliche Unterstützung. Positiver Nebeneffekt laut Zils: Der Dickhäuter sei so stabil, dass sie als Kirchenhüterin von der Krippe faszinierte Kinder darauf reiten lassen könne. „Vor drei Jahren beschloss ich, bei mir vorm Haus eine Krippe aufzustellen. Inspiriert wurde ich durch das Krippendorf Bornheim bei Landau in der Pfalz“, berichtet Ursula Stiefel aus dem Kämmerergebiet in Speyer. In Bornheim könne man beim Spaziergang durch den Ort unzählige Krippen in den Vorgärten betrachten. Ihre eigenen Holzfiguren wären für den Einsatz bei Wind und Wetter ungeeignet gewesen, sagt Stiefel. „Dann hatte ich die zündende Idee: Im Jahr zuvor hatte mir mein Patenkind einen Engel aus einem Holzscheit gebastelt. In dieser Art fertigte ich dann meine Krippenfiguren.“ Es gebe jetzt Heilige Familie, Ochs und Esel, einen Hirten mit einem Schaf, einen Engel sowie die Heiligen Drei Könige. Sie erhalte viel Anerkennung von Passanten, berichtet Stiefel. „Es gab aber auch schon besorgte Mitmenschen, die Bedenken äußerten, ob die Figuren da auch gut aufgehoben sind und nicht verloren gehen.“ Dazu könne sie nur sagen: „Sie stehen noch.“ Es werde offenbar verstanden, dass sie sie für alle gefertigt habe, die vorübergehen. „Ich möchte damit meine Weihnachtsfreude mit meinen Mitmenschen teilen.“ Sie nennt die Darstellung „Meine Krippe für alle.“ Stiefel ist ein so großer Fan, dass sie sich auch im Krippenteam der katholischen Pfarrkirche Sankt Joseph engagiert. In dem Gotteshaus stehe ihre „Lieblingskrippe“, sagt sie. Sie stehe in diesem Jahr unter dem Motto „Jesus ist geboren – für alle Menschen“. Deutlich werde dies an den verschiedenen Flaggen, die rechts und links vom Stall aufgehängt wurden. Kita-Kinder von St. Joseph hätten diese gemalt. Sie zeigten die Herkunftsländer ihrer Familien. Die Krippe selbst habe eine lange Tradition. Die alten Holzfiguren seien um 1947 vom Speyerer Schnitzer Karl Wex gefertigt und später nach einigen Verlusten um Ton- und Gipsfiguren ergänzt worden. Kita-Kinder hätten die Schafherde mit selbst gefertigten Schafen beträchtlich anwachsen lassen, Tobias Doll und sein Team investierten alljährlich viel Zeit in den Aufbau. Ihr Wunsch: Spenden, um wieder einheitliche Holzfiguren anschaffen zu können. Für den Lingenfelder Alban Gutting, 80 Jahre alt, ist diese Krippe sein Leben: „Sie ist eine ganz wichtige Verbindung zu meinem Vater und eine stetige wie teure Erinnerung an einen lieben Menschen, wie ich ihn kaum kannte.“ Er teilt das Schicksal zahlreicher Menschen der Kriegsgeneration, dass der Vater gefallen ist. 1945 war das. Vier Jahre zuvor habe der damals in Frankreich stationierte Soldat seinem dreijährigen Sohn eine bescheidene Weihnachtskrippe aus der Provence geschickt. Er habe ihm zwar eigentlich eine „starke Eisenbahn“ zum Fest schenken wollen, aber keine für das „Albansche“ bekommen. Gutting: „So schrieb er in einem Brief vom 2. Dezember 1941, den ich heute noch besitze.“ Für Gutting, der später Ortsbürgermeister von Lingenfeld war, ist diese Krippe „ein Schatz, der alljährlich unterm Weihnachtsbaum nicht fehlen darf. Sie hält die Erinnerung an meinen Vater bis heute wach.“ Im Seniorenzentrum Haus am Germansberg erinnert eine besondere Krippe an den früheren Bewohner Hans Osche. Sie steht in der Adventszeit im Fest- und Speisesaal des Hauses. Osche, selbst Bildhauer, hatte die Anlage einst entworfen und gebaut. Die handgeschnitzten Figuren stammen laut Tanja Starck von der Verwaltung des Heimes jedoch aus der Oberammergauer Schnitzerei Bergmann. „Leider gibt es die drei Könige nicht mehr.“ Den Stall habe Osche aus weiß schimmernden Steinen errichtet, die er dafür in Südtirol gesammelt habe. „Wir bemühen uns jedes Jahr, die Umgebung des Stalles besonders zu gestalten“, sagt sie stolz. Bewohner wie Besucher verweilten gerne.

In den vergangenen Jahren immer wieder erweitert: die Krippe in der Gedächtniskirche mit Egli-Figuren und schwerem Elefanten.
In den vergangenen Jahren immer wieder erweitert: die Krippe in der Gedächtniskirche mit Egli-Figuren und schwerem Elefanten.
Hirte mit Schaf: steht in der Krippe von Ursula Stiefel.
Hirte mit Schaf: steht in der Krippe von Ursula Stiefel.
Verbindung zum Vater: Krippe von Alban Gutting.
Verbindung zum Vater: Krippe von Alban Gutting.
Die Steine für den Stall in Südtirol gesammelt: Krippe von Hans Osche im Seniorenzentrum Haus am Germansberg.
Die Steine für den Stall in Südtirol gesammelt: Krippe von Hans Osche im Seniorenzentrum Haus am Germansberg.
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