Speyer Reisefachleute und Sumo-Ringer

Herr Herschel will’s nicht begreifen. Erst wenn die Musik zu Ende ist, darf er sich setzen – sofern noch Platz auf einem der Stühle ist, die inmitten des Schulhofs aufgestellt sind. Das Regelwerk der Reise nach Jerusalem sollte eigentlich jedem bekannt sein. Das Vergehen des Purrmann-Pädagogen, sich zu früh niederzulassen, wird geahndet. Ab ins Lehrergefängnis, morgens, 10 Uhr. Gestern beim Abi-Gag im Doppelgymnasium.

Es ist eine Premiere nach langer Auszeit. Nach etlichen Jahren Individualismus haben das Hans-Purrmann- und das Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasium wieder einen gemeinsamen Abi-Gag auf die Beine gestellt. Und der hat’s in sich. Wohin das Auge auch blickt. Überall Aktionen. Entkommen kann keiner. Will auch niemand wirklich. Fünf Stunden lang haben die rund 200 Abiturienten beider Schulen am Vortag aufgebaut, eingeräumt, umsortiert und gefüllt. Luftballonraum, Strandbar, Bratwurststation – alles wollte vorbereitet sein. Morgens, 7.30 Uhr, wurde erneut zum Appell geblasen. „Wir wollten für jede Altersstufe was dabei haben“, erklärt Moritz Fessenmayer, Kopf des Schwerd-Planungsteams. Er ist erleichtert, dass sich selbiges nach langer Diskussion doch auf die gemeinsame Variante mit dem Purrmann eingelassen hat. Das gilt auch für Andrea Schewior. „Ich musste zwar dreimal anfragen, aber dann hat’s geklappt“, verrät sie lachend. Dass sich wenige Lehrkräfte in den Tumult trauen, finden beide schade. „Aber die, die da sind, sind voll motiviert“, freut sich Schewior. So wie Michaela Knäble. Die Lehrerin am Schwerd ist voll bei der Sache, umrundet die Jerusalem-Stühle im bunten Strickjankerl mit galantem Springschritt zu aktuellen Rhythmen. Allen Mahnungen für das zu frühe Hinsetzen zum Trotz setzt sie sich durch. Die Burger-King-Krone ist der „Reisefachfrau“ sicher. Purrmann-Kollege Christoph Janz gibt sich mit weniger zufrieden: Er ist Sieger der Herzen – wenngleich die Sprechchöre seiner Schüler-Fans ihn früher aus dem Rennen gekickt haben. Ums Kicken geht’s parallel dazu in der Sporthalle. Genauer gesagt ums „Bubble Soccer“. In aufgeblasene Riesenballons gesteckt versuchen die Gymnasiasten Bälle zu treffen und im besten Fall Tore zu erzielen. Ein Bild für Götter – oder, um mit einigen Worten der Umstehenden zu sprechen: „Wie geil ist das denn?“ Das Sumo-Ringen löst nicht minder Begeisterung aus – zumindest bei den Umstehenden. „Max! Nein! Steh auf!“ Außer sich sind die Kumpels des Blondschopfs, der in dem gewaltigen kiloschweren Sumo-Ringeranzug nur zu erahnen ist. Kaum auf den Beinen, ist Max vom Gegner schon wieder auf die Matte gelegt. Die Abiturienten haben weder Kosten noch Mühen gescheut, um sich einen denkwürdigen Abschied zu verschaffen – zentimeterdicke Abizeitungen inklusive. „Es soll auch einen After-Show-Movie geben“, kündigt Schewior an. Auf den Jahrgangsseiten im Internet sei der zu finden. Ebenfalls in Planung: ein gemeinsames Denkmal für „Purrmänner“ und „Schwerdler“ aus Stein oder Metall. „Damit man sieht, dass die beiden Schulen zusammengehören“, betont Fessenmayer. Und damit die nachfolgenden Generationen Lust haben, gemeinsame Sache zu machen – am besten nicht nur beim Abi-Gag.

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