Speyer König Richard III. hinkt im Ratssaal

„The Spirit of Shakespeare“: Unter diesem Titel stand das dritte Konzert der Reihe „Kontrapunkte“ am Sonntagabend im Historischen Ratssaal Speyer. Mittelpunkt des Programms war die „Royal Winter Music“ – Sologitarrenwerke des Komponisten Hans Werner Henze (1926–2012).

„Shakespeare soll selbst zu Wort kommen“, sagte der künstlerische Leiter der „Kontrapunkte“, der Speyerer Pianist Stephan Rahn, in seiner Einführung zum Konzert. Bei der „Royal Winter Music“ handelt es sich um musikalische Porträts von Dramenfiguren des vor 400 Jahren gestorbenen englischen Dichters. Komponist Henze hatte sich zu Lebzeiten stets gegen die Festlegung auf einen bestimmten Stil oder eine bestimmte Technik gewehrt. Damit hatte er sich im Widerspruch zur Strömung der Darmstädter Schule um seine Kollegen Pierre Boulez, Luigi Nono und Karlheinz Stockhausen befunden. Entsprechend hatte er auf eine streng serielle – auf Reihen von Tönen oder Tongruppen beruhende – Organisation seiner Werke verzichtet. Henzes Kompositionen gelten daher als schwer zu spielen, doch Gitarrist Maximilian Mangold brachte die schwierigen Soli am Sonntag mit Bravour dar. So war aus Shakespeares „Richard III.“ – 1. Akt, 1. Szene – der hinkende Gang des missgebildeten Königs förmlich herauszuhören. Gefühlvoll charakteristisch setzte Mangold die tragischen Erlebnisse der Ophelia und die Liebesgeschichte von Romeo und Julia in ein klangvolles Saitenspiel um. Einen weiteren Programmpunkt bildete das Stück „Gertrude’s Delirium“. Der Amerikaner Sidney Corbett hatte es eigens für Mangold im ähnlichen Stil wie Henze komponiert. Bei der Aufführung am Sonntag war der 56-jährige Kompositionsprofessor der Mannheimer Hochschule für Musik selbst dabei. Der in Berlin geborene Tenor Clemens Löschmann stellte die Dramengestalten aus der „Royal Winter Music“ vor. Darüber hinaus erklärte er einige Hintergründe, die zur Entstehung von Shakespeares Dramen geführt haben könnten. Zudem zitierte er Textpassagen mit besonderer schauspielerischer Begabung. Löschmann, der sich in seinen Soloprogrammen der Pflege des klassischen Kunstliedes widmet, trug in Begleitung von Mangold im zweiten Konzertteil Lautenlieder von John Dowland (1563–1626) vor. Dabei wurde die Gitarre mit einem Kapodaster – einem Werkzeug zur Verkürzung der schwingenden Gitarrensaiten – der Gesangsstimme angepasst. Die Balladen erklangen so im historischen Umfeld authentisch wie aus dem 17. Jahrhundert.

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