Speyer Industrie und Winzer in Sorge

Der Entwurf einer neuen Wasserschutzverordnung für Neustadt beunruhigt sowohl die Industrie als auch die Landwirtschaft. Das kommt jetzt in den Stellungnahmen zum Ausdruck, die die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Landwirtschaftskammer sowie der Bauern- und Winzerverband bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd abgegeben haben.

Der Entwurf der SGD habe in der Neustadter Industrie eine große Verunsicherung verursacht, sagt Tibor Müller, Geschäftsführer für Innovation, Umwelt und Energie bei der IHK. Das Wasserschutzgebiet im Vergleich zu seiner bisherigen Ausdehnung soll erheblich vergrößert werden. Rund 25 Quadratkilometer soll es künftig umfassen, bisher waren es 11,5. Neu ist die Schutzzone 3b, die rund 17 Quadratkilometer umfasst und bis kurz vor den Haardtrand reicht. Die Schutzzone 3a umfasst rund sieben Quadratkilometer und ist nur leicht vergrößert worden. Eine Schutzzone 2 gibt es nicht mehr. Unumstritten ist der Schutz unmittelbar um die Quellen (Schutzzone 1). „Die Industrie ist massiv betroffen“, sagt Tibor Müller. Bei bestimmten Branchen, darunter Chemie, Recycling und Galvanik, seien dem Entwurf zufolge künftig Neuansiedlungen, Erweiterungen und Umsiedlungen höchstens mit einer Ausnahmegenehmigung zu erreichen. „Dann stellt sich die Frage, ob das noch wirtschaftlich ist.“ Bei der IHK habe sich, so Müller, „eine ganze Reihe von Unternehmen“ gemeldet, zudem habe die Kammer all jene angeschrieben, die betroffen sein könnten. Müller räumt ein, dass die Situation schwierig sei. Die Brunnen seien nun einmal da und das Einzugsgebiet des Wassers größer als bisher gedacht. Dennoch stelle sich die Frage, ob das Gebiet komplett unter Schutz gestellt werden müsse. Um die Größe der Fläche geht es auch der Landwirtschaft. Tim Henninger, Sachbearbeiter Raumordnung, regionale Entwicklung und Naturschutz bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, moniert, dass das geologische Modell, das der Ausweitung zugrunde liegt, den Unterlagen nicht beigelegt ist. Die Berechnungen seien deshalb nicht nachvollziehbar. 28 Prozent der Fläche, die künftig Wasserschutzgebiet sein soll, werde vom Weinbau genutzt, sagt Henninger. „Da sind einige Betriebe komplett drin.“ Ziel der Kammer sei es, dass die geplante Schutzzone 3b gestrichen und durch eine freiwillige Kooperation zwischen der Landwirtschaft und dem Wasserversorger ersetzt wird. Die Argumentation für die Errichtung der Schutzzone 3b sei nicht überzeugend. Einerseits heiße es ausdrücklich, dass die Düngung im Weinbau mittlerweile kein Problem mehr darstelle. Andererseits begründe man die Ausweisung des Schutzgebiets mit der Gefahr eines steigenden Dünge-Eintrags. „Das ist vollkommen unrealistisch.“ Wichtig ist der Landwirtschaftskammer, dass die Lagerung von Trester (Rückständen von Traubenpressungen), Grünschnitt und Biokompost sowie von Stallmist als zeitlich begrenzte „Feldlager“ auf landwirtschaftlichen Flächen erlaubt bleibe. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz argumentiert ähnlich wie die Landwirtschaftskammer. Er stellt in Frage, „ob eine Ausweisung in solch einem Flächenumfang wirklich nötig ist“. Der Verband hätte dazu gerne „weitere wissenschaftliche Unterlagen“, sagt Bezirksgeschäftsführer Dirk Gerling. Und auch Gerling hält ein generelles Verbot von Tresterlagerung für sinnlos. „Da kommt in den tiefen Schichten nichts an.“ Für die Mußbacher Winzer, die von der Ausweitung des Gebiets besonders betroffen sind, ist unverständlich, warum Flächen nördlich des Gebiets „Straßwiesen“ mit einbezogen wurden. Aufgrund der Hauptfließrichtung von Südwesten nach Nordosten wirke das „nicht nachvollziehbar und willkürlich“, sagt Werner Kerth, Vorsitzender des Mußbacher Weinbauvereins. (kkr) info —Die Stadt Neustadt muss im Rahmen des Verfahrens zur Festlegung des neuen Wasserschutzgebiets ebenfalls eine Stellungnahme abgeben. Der Stadtrat hatte in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, zuvor die Meinung von Fachleuten zu hören. Bei der Sitzung am kommenden Donnerstag wird ein Vertreter der SGD Süd die Sicht der Behörde erläutern.

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