Speyer In China zu Elektroauto inspiriert

Waldsee. Als Michael Wohlfahrt mit dem City-Stromerle auf die B 9 Richtung Neuhofen auffährt, lenkt er den Wagen vor einem Transporter auf die Fahrbahn. Dessen Fahrer gibt Gas, nähert sich, wohl um zu überholen. Doch auch das Elektrofahrzeug lässt sich beschleunigen, schnell ist es bei 100 Stundenkilometern. Womöglich wundert sich der Fahrer des Transporters über die Leistung des Elektroautos, den Überholversuch bricht er jedenfalls ab. Wohlfahrt sagt, es sei ihm wichtig gewesen, dass sein Zweisitzer „kein Hindernis auf der Landstraße“ ist. Schließlich preist er es nicht nur für den Stadt- sondern auch den stadtnahen Verkehr an. Das City-Stromerle kann laut Wohlfahrt bis zu 120 Kilometer in der Stunde fahren, dennoch gibt er die Höchstgeschwindigkeit offiziell mit 95 km/h an. Der Grund: Wenn der Fahrer dauerhaft über diese Marke kommt, steigt der Stromverbrauch unverhältnismäßig an. Aus diesem Grund sind die Reichweiten-Angaben für Elektroautos auch immer nur Zirka-Werte. Bei Elektroautos habe der Fahrer einen größeren Einfluss auf den Verbrauch als bei Benzinern, erläutert der Waldseer Ingenieur. Wenn das City-Stromerle normal gefahren wird, sollte es 120 Kilometer am Stück schaffen. Und „es bleibt auch nicht plötzlich stehen“, versichert Wohlfahrt, der die weit verbreitete Angst vor dem Liegenbleiben kennt. Bevor die Batterien ganz leer werden, reduziert sich die Leistung des Fahrzeugs, sind nur noch 30 km/h möglich. Der Fahrer hat dann noch 20 Kilometer, um eine Steckdose zu erreichen. In die Elektromobilität ist Michael Wohlfahrt vor ein paar Jahren eingestiegen. Bereits seit 1990 betreibt er ein eigenes Ingenieurbüro, sorgt für die Fertigung von Komponenten für die Autoindustrie; so ist der Sportwagenhersteller Porsche ein wichtiger Kunde. 20 Leute sind bei dem Waldseer beschäftigt. Zwar hatte Wohlfahrt schon 1995 ein Elektrofahrzeug entworfen, doch fand er damals niemanden, der es ihm baute. Nach einem China-Aufenthalt vor vier, fünf Jahren nahm er dann einen neuen Anlauf. Im Reich der Mitte faszinierten ihn die elektrisch betriebenen Roller. Benzin-Roller seien dort wegen des Smogs nicht erlaubt, berichtet der Ingenieur. So begann er, in Waldsee Elektro-Roller zu verkaufen. Wohlfahrt wollte auch unbedingt in den Automarkt einsteigen. Dazu fand er einen chinesischen Produzenten, der die ursprüngliche Variante des City-Stromerle produziert. „Dort rollen pro Tag 100 Stück vom Band, das ist keine Bastelbude mehr“, sagt der 53-Jährige. Für den hiesigen Markt musste und wollte er den Wagen „europäisieren“. Schließlich seien hier die Zulassungsbedingungen andere, zum Beispiel was die Durchsicht der Scheiben angeht. Zudem hat das City-Stromerle einen stärkeren Motor als das chinesische Modell. 13.550 Euro kostet der Wagen mit ABS, Klimaanlage und CD-Player. Ohne diese Extras werden knapp 12.000 Euro fällig. Wer eine stärkere Reichweite möchte, kann auf 220 oder 330 Kilometer aufrüsten. Der Aufpreis beträgt dann aber 6650 beziehungsweise fast 10.000 Euro. Wohlfahrt sagt, bisher gebe es „sehr konkrete Interessenten“ für die Autos, die eine Lieferzeit von drei bis vier Monaten haben. Verkauft hat er aber noch keines. Er räumt ein, dass mögliche Käufer schon ein wenig Idealisten sein müssten, die „den Umweltschutz-Gedanken mittragen“. Dennoch ist er optimistisch, dass sich dieser Geschäftszweig einmal selbst trägt. Die Kundschaft, die bisher den Elektro-Roller gekauft habe, sei bunt gemischt, berichtet der Waldseer. Viele fänden das Fahrgefühl der elektrisch betriebenen Gefährte einfach toll. In ein Klischee passten die Käufer nicht: Es seien auffallend „keine Ökos“, sagt Wohlfahrt. (snf)

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