Speyer Ein Rauchzeichen in die Heimat

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Einmal im Monat bringt Hannah Wadle internationales Flair in die RHEINPFALZ-Lokalredaktion – auf eine Weise, die niemand so ohne weiteres vermuten würde. Die 31-Jährige ermittelt die monatlichen Bestsellerlisten des Speyerer Buchhandels und verbindet sie mit eigenen Literaturtipps – und das vom englischen Manchester aus.

Zur Zeitung gekommen ist die Speyererin durch ein Schulpraktikum vor 15 Jahren – und seitdem dabei geblieben. „Während der Schulzeit schrieb ich fast wöchentlich für die RHEINPFALZ“, erinnert sie sich. In ihrem Studium kamen auch andere deutsche und ausländische Medien hinzu. Wadle studierte in Freiburg, Straßburg und Posen Osteuropäische Geschichte und Europäische Ethnologie. Nach ihrem Magister-Abschluss promovierte sie in Manchester und Leeds in Sozialanthropologie (2015). Den Speyerer Bestsellern ist sie die ganze Zeit über treugeblieben – und das aus Überzeugung. „Ich liebe Literatur und habe gemerkt: Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Stadt unabhängige Buchhandlungen hat“, erklärt sie. In Manchester etwa gebe es weniger davon als in Speyer. Deshalb sei es ihr wichtig, dazu beizutragen, dass in ihrer Heimatstadt die gemeinsame Lesekultur und ein lokaler Büchermarkt erhalten blieben. „Wir haben großartige und vielfältige Buchhandlungen mit unterschiedlichen Profilen, die sich alle auf ihre Weise für eine kulturelle Lesegemeinschaft in der Stadt engagieren“, unterstreicht Wadle. Sie helfe aus der Ferne ein wenig mit, sie gegenüber den Internetriesen stark zu machen. Außerdem mache es ihr Spaß, das literarische Feld zu beobachten. Gerne grabe sie Neuerscheinungen aus, die nicht gleich auf den Bestsellerlisten landen, weil sie kein großes Werbebudget haben oder von weniger bekannten Autoren stammen. Die 31-Jährige berichtet von viel persönlichem Feedback auf ihre monatlichen Artikel. „Wenn ich für die RHEINPFALZ schreibe, ist das für mich deshalb auch ein wenig, als würde ich ein Rauchzeichen in die Heimat senden“, sagt sie. Seit ihrem Abitur 2004 beschäftigte Wadle sich auf vielfältige Weise mit der polnischen Gesellschaft und den deutsch-polnischen Beziehungen: als Europäische Freiwillige, in der Jugendbildung, als freie Journalistin, Historikerin, Kulturbeauftragte und Sozialanthropologin. In ihrer Promotion befasste sie sich mit dem Wandel von Tourismus und touristischen Identitäten im Masurischen Seengebiet Nordostpolens. Darüber hinaus widmet die 31-Jährige sich als Forscherin, Künstlerin und Kuratorin verschiedenen Ausstellungsprojekten: Im Auftrag der Technischen Universität Dresden erstellt sie eine Schau über die Geschichte des Schlosses Steinort/Sztynort seit 1945, die demnächst eröffnet wird. Ein weiteres Projekt soll in eine Ausstellung über Pierogis (Teigtaschen), Gesundheit und das kulturelle Erbe älterer osteuropäischer Bürger in Manchester und Salford münden. Für September schließlich bereitet sie eine Ausstellung über die Situation junger Akademiker nach der Promotion vor. Begegnungsprojekte für junge Erwachsene, Studenten und Migranten. Freiwilliges Engagement für einen wohltätigen Verein, der Migranten in Manchester betreut. Organisation eines Animationsfilmfestivals in der englischen Stadt. Ein Theaterprojekt zur Stärkung der kulturellen Identität von Einwanderern aus Polen und dem Baltikum. Die Organisation wissenschaftlicher Tagungen: Hannah Wadle ist alles andere als „unausgelastet“, um einen von Bundeskanzlerin Angela Merkel neulich in anderem Zusammenhang gebrauchten Begriff zu verwenden. Die Serie Ob Kammerkonzert, Ausstellung oder Theaterpremiere: Ohne die engagierten Mitarbeiter der Lokalredaktion Speyer wäre die Seite „Kultur regional“ nicht möglich. Diese Serie stellt einige der RHEINPFALZ-Journalisten vor, die regelmäßig über lokale Kulturereignisse schreiben.

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