Speyer Drama mit Atempause

Mit hochdramatischen Stücken und einem kleinen Ruhepunkt dazwischen hat der Kantor des katholischen Dekanats St. Ingbert, Christian von Blohn, am Sonntag eine „Geistliche Abendmusik“ an der Orgel in der Speyerer Gedächtniskirche gestaltet. Auf dem Programm standen Werke von Johann Sebastian Bach, Olivier Messiaen, Franz Liszt und Charles Marie Widor.

Auftakt war die Chaconne aus Bachs Partita Nr. 2, eigentlich für Solovioline komponiert und für viele Violinsolisten, etwa Yehudi Menuhin, „das Größte, was je für die Geige geschrieben wurde“. Das Stück enthält eine Vielzahl an technischen Schwierigkeiten und spektakulären Effekten, mit denen Bach einen hochklassigen Interpreten seiner Zeit herausfordern konnte. Christian von Blohn hatte eine Transkription aus Frankreich ausgesucht. Nun hat die Orgel als eine Art Orchester in einem einzigen Instrument vielfältigere technische und klangliche Möglichkeiten als die Violine. Die wusste der Solist gut zu nutzen. So spielte er mit Klangfarben und Steigerungen der Lautstärke, die auf der Geige nicht möglich wären. Insgesamt war der Ton zudem wesentlich weicher. So entfiel das Spektakuläre zugunsten einer größeren „Durchsichtigkeit“ oder „Durchhörbarkeit“ etwa bei den Variationen. Das „modernste“ Stück des Programms war „Offrande et Aleluia final“ aus Messiaens „Livre du Saint Sacrement“, das als sein letztes Orgelwerk etwa 1984 entstanden war. Dabei gilt es, sich in Ungewohntes einzuhören. Kurze fremdartige Harmonien stehen hintereinander wie Feuerwerksexplosionen oder plötzlich aufspringende Blüten, aufregend und dramatisch. Im Gegensatz dazu stand am Sonntagabend das sehr entspannende und entspannt gespielte kleine „Andante sostenuto“ aus Charles Marie Widors „Symphonie Gothique“, ein Atemholen vor Liszts gewaltiger Fantasie und Fuge über den Choral „Ad nos, ad salutarem undam“. Das Thema ist einer Oper Giacomo Meyerbeers über die Wiedertäufer („Le prophète) entnommen. Im ersten Akt erklingt der Choral im Stil frühprotestantischer Kirchenlieder. Aus diesem Choralthema hatte der Komponist seine eigene, monumentale „große Oper“ für die Orgel gemacht. Alles, was an Hochdramatik, erschütternden Klängen, Fanfaren, Blitz und Donner, Marsch und feinen, leisen Variationen dazwischen nur irgend möglich war, hatte er hineingepackt. Entsprechend leise und kontemplativ fing von Blohns Wiedergabe in Speyer an. Im weiteren Verlauf steigerte sie sich zu immer größeren Höhepunkten, um schließlich in einer langen, triumphierenden Koda in voller Orgellautstärke zu enden, die den Hörer fast von seinem Platz blies.

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