Rhein-Pfalz Kreis „So politisch wie ein Kaktus“

Erwin Fuchs hat sich fest vorgenommen, seinen vorzeitigen Ruhestand zu genießen und seiner Frau mehr im Haus zu helfen.
Erwin Fuchs hat sich fest vorgenommen, seinen vorzeitigen Ruhestand zu genießen und seiner Frau mehr im Haus zu helfen.

«Obersülzen/Grünstadt.» Erwin Fuchs war Bauamtsleiter mit Leidenschaft. Das mag abgedroschen klingen, ist aber wahr. Seit 1990 stand er der fürs Bauen und Planen zuständigen Abteilung der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land vor und verlangte sich und seinen Mitarbeitern mitunter viel ab, wenn Projekte trotz Termindrucks ein Erfolg werden sollten. In der neuen Verbandsgemeinde Leiningerland will er den Job aber nicht mehr machen. Seit Anfang Oktober ist der 60-Jährige im Ruhestand.

Gerade von einer Reise zurückgekommen willigt Erwin Fuchs ein, sich von der RHEINPFALZ zu Hause in Obersülzen besuchen zu lassen. Ein Porträt zum Abschied muss sein, meint die Redaktion, denn wer fast 30 Jahre lang in ungezählten Gemeinderatssitzungen sowie auf Bürgerversammlungen und Richtfesten Gesicht und Sachverstand gezeigt hat, hat Promi-Status. „Ich habe diesen Beruf wirklich gerne gemacht“, sagt der gebürtige Frankenthaler. Angefangen hat seine Vorliebe für Bauangelegenheiten in der Verwaltung seiner Heimatstadt, für die er nach der Ausbildung für den gehobenen Dienst tätig war und wo seine Frau Ute noch immer arbeitet. Dort hätte alles so schön sein können, wenn der Oberbürgermeister nicht auf den regelmäßigen Stellenwechsel der Mitarbeiter gepocht hätte. „Ich fühlte mich im Bauamt so wohl und musste in die Abteilung Schulen und Sport“, erinnert sich Fuchs. Da bewarb er sich auf die Bauamtsleiterstelle in Grünstadt. In der Verbandsgemeinde traf Fuchs wieder auf Reinhold Niederhöfer (SPD), den er von der Ausbildung her kannte und der zunächst Werkleiter und Beigeordneter, später Verbandsbürgermeister wurde. Die beiden wurden nicht nur enge Freunde, sondern auch ein agiles und erfolgreiches Verwaltungsduo. „Als ,Bollwerk dritter Stock’ hat man uns im VG-Rathaus oft bezeichnet, weil dort die Bauabteilung und die Werke ganz eng zusammengearbeitet haben“, sagt Erwin Fuchs. Dass er nicht wie Niederhöfer das rote Parteibuch hat, können viele nicht glauben. Der Wahl-Obersülzer schüttelt den Kopf. „Ich war nie einer Partei verpflichtet, und Verbandsbürgermeister Eugen Ackermann (SPD) hat gegenüber anderen beteuert: ,Der Fuchs ist so politisch wie der Kaktus in meinem Zimmer.’“ Gefragt nach den für ihn und die Verbandsgemeinde Grünstadt-Land bedeutsamsten Bau- oder Planungsprojekten nennt der 60-Jährige vor allem die Breitbandversorgung durch die Firma Inexio („Das war zu der Zeit etwas Besonderes“), das Gewerbegebiet in Kirchheim, wo heute der Autohof und die Logistikzentren von Aldi und Metro die Gewerbesteuerkasse der Ortsgemeinde klingeln lassen, sowie die Renaturierung des Landgrabens von Grünstadt bis fast nach Dirmstein. Fuchs: „Das war gleichzeitig Hochwasserschutz und eine positive Veränderung der Landschaft.“ Den Prozess der Integrierten Ländlichen Entwicklung habe man angestoßen und zudem „massenhaft Baugebiete entwickelt, manchmal drei gleichzeitig“. Und was ist mit Misserfolgen? „Das kleine Einzelhandelskonzept“, sagt Fuchs und seufzt. Wie mehrfach berichtet, wollte die Mehrheit des Laumersheimer Gemeinderats das Konzept nicht mittragen, sodass nach Jahren doch noch ein großräumiges Gutachten in Auftrag gegeben werden musste, um in Dirmstein einen größeren Edeka-Markt ansiedeln zu können. Das hat den freundlichen Verwaltungsrat vor zwei Jahren sichtlich sehr verärgert. Auch der lange und heftige Streit in Großkarlbach um das Baugebiet Weiherwiesen und das Rückhaltebecken ist ihm in schlechter Erinnerung. „Ansonsten habe ich immer versucht, ruhig zu bleiben, wenn in Räten aus parteipolitischen Querelen heraus fachlich richtige Lösungen blockiert wurden“, sagt er. Dienstleister für die Ortsgemeinden und vor allem die Bürger zu sein, sei sein Leitspruch gewesen. Deshalb habe es ihn sehr getroffen, als ein Ratsmitglied mal öffentlich behauptet habe, er sei korrupt. In der neu gegründeten VG Leiningerland unter Frank Rüttger (CDU), der im Mai 2017 die Bürgermeisterwahl in der VG gegen Fuchs’ Freund Niederhöfer gewonnen hat, wollte Erwin Fuchs ursprünglich bis Ende 2019 Bauamtsleiter bleiben und dann gemäß einer Regelung für Fusionsgemeinden in Pension gehen. „Loyalität ist bei mir stark ausgeprägt, deshalb hätte ich genauso unter Frank Rüttger gearbeitet“, versichert Fuchs. Doch nun ist er bereits Ende September aus der Verwaltung ausgeschieden und hat sich schon vor Wochen mit einem Brief an die Ortsbürgermeister verabschiedet, in dem er zeigt, dass Rüttger und er nicht gerade im Guten auseinandergegangen sind. Der neue Bürgermeister, der laut eigener Aussage große Stücke auf Fuchs’ bisherige Arbeit hält, hat kurz vor dessen Abschied ein etwas heikles Bauleitverfahren zugunsten eines Betriebs in einer Ortsgemeinde zur Chefsache erklärt. Erwin Fuchs hätte die Sache gern noch selbst „eingetütet“, wie er sagt, doch sein Vorgesetzter befand, dass die Planung für den Gemeinderat noch nicht entscheidungsreif sei. Der frischgebackene Ruheständler lässt durchblicken, dass ihn das gekränkt hat. Was er selbst für sich schätze, nämlich „eigenständiges Arbeiten bis zu dem Punkt, an dem meine Zuständigkeit aufhört“, das habe er auch versucht, den Mitarbeitern seiner Bauabteilung zuzugestehen, sagt er. „Ich habe relativ viel delegiert, denn Eigenverantwortlichkeit hebt die Arbeitsfreude.“ Erwin Fuchs ist zuversichtlich, dass er seinen Traumjob innerlich bald loslassen kann. Das Abschalten jedenfalls sei ihm bisher in Urlauben immer gut gelungen. Apropos: Das Reisen beziehungsweise das Organisieren von Reisen hat ihm schon immer viel Freude bereitet und könnte ihm beim Abnabeln helfen. Ebenso das Elektrofahrrad, das er vor wenigen Tagen zum 60. Geburtstag bekommen hat. „Der Sport ist bei mir in all den Jahren immer zu kurz gekommen“, verrät Fuchs. Gibt es weitere gute Vorsätze? „Im Innenbereich mehr machen“, sagt er und muss gemeinsam mit seiner Frau Ute lachen, denn das Wort Innenbereich ist ein Fachbegriff aus dem Baurecht. Was die Eheleute meinen ist, dass er jetzt nicht mehr nur für die Gartenpflege zuständig ist, sondern auch im Haushalt mithelfen soll. Auf jeden Fall werde er versuchen, „es zu genießen, dass ich nicht mehr von Termin zu Termin hetzen muss“.

x