Rhein-Pfalz Kreis Grabungsfunde im Schaufenster

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Was die Landesarchäologen im Frühsommer 2015 kurz vor dem Bau der Heßheimer Umgehungsstraße an der Trasse gefunden haben, wird ab 3. November in einer Ausstellung in Speyer zu sehen sein. Am morgigen Donnerstag gibt es dazu einen Vortrag.

Überraschend für die Archäologen war der Fund an einem verregneten, stürmischen Freitagnachmittag. Da entdeckten sie das Grab einer um das Jahr 500 herum bestatteten jungen Frau (wir berichteten). 29 kostbare Grabbeigaben förderten die Fachleute zutage, was die Vermutung nahelegte, dass die Frau von hohem Stand, vielleicht sogar adelig gewesen sein musste. Weitere Funde mussten des Wetters und der Eile wegen als Lehmblock eingegipst werden. Nach dem Röntgen diesen Blöcke in diesem Frühjahr begann Restauratorin Ilona Hoffmann anhand der Aufnahmen, die Teile vorsichtig freizulegen. Ein 35 Zentimeter langes Eisenteil entpuppte sich als Mittelachse eines hölzernen Klappstuhls – ein ebenfalls seltener Fund. Als Sitzmöbel und Statussymbol ist der Klappstuhl schon seit 3000 vor Christus bekannt. Im Frühmittelalter wurde er Gräbern beigegeben, um den sozialen Status der Toten und ihrer Familien zu zeigen. Im zweiten Gips-Lehm-Block schälte Hoffmann viele winzige Glasperlen heraus. Aus deren Lage unter dem Kinn der Toten schließt Hoffmann auf ein „feines Kettchen oder aufgenähte Perlen“. Die Farbe changiere zwischen Dunkelblau und Grün, berichtet sie. „Man sieht es nicht mehr, die Perlen sind dunkel und ganz fein.“ Besonders zu erwähnen ist auch der sehr seltene Fund eines Spinnwirtels aus Bergkristall, den die Frau als Statussymbol neben einem Messer mit vergoldetem Knauf oder einem silbernen Sieblöffel am Gürtelgehänge getragen hatte. Auch Haarnadeln, eine Kette aus Bernstein und Glasperlen, goldene Riemenzungen, ein goldener Fingerring mit Almandin-Steinen, vergoldete Broschen und Bügelfibeln, Gebrauchsgegenstände wie Knochenkamm, Trinkglas und Schüsseln oder eine silberne Wadengarnitur als Strumpfhalter wurden in dem Grab geborgen. Allein das Skelett war schlecht erhalten. Heßheim habe relativ viel Geschichte zu bieten, urteilte damals der Leiter der Landesarchäologie Speyer, Ulrich Himmelmann. Denn freigelegt wurden Funde aus nahezu jeder Epoche, so Himmelmann bei einem Vortrag im April in Heßheim. Reste bemalten Wandputzes auf Holz datierte er in die Bronzezeit, Pfeilspitzen in die Eisenzeit. Auch auf die Reste einer mittelalterlichen Wüstung, also einer um etwa 1400 verlassenen Siedlung, sowie auf Kinder- und Erwachsenengräber stießen die Archäologen. Über die Gesamtheit der Funde wird Ulrich Himmelmann am morgigen Donnerstag im Archäologischen Schaufenster Speyer berichten. Ab 3. November werden dann in einer Ausstellung zum 70-jährigen Bestehen der Landesarchäologie erstmals auch die Funde der Heßheimer Grabung zu sehen sein. Termine Vortrag „Adelsgrab, Grubenhäuser, Schützengräben: Überraschende Entdeckungen in Heßheim“ von Ulrich Himmelmann morgen, Donnerstag, 19.30 Uhr, und Eröffnung der Ausstellung „Archäologische Schätze der Pfalz – 70 Jahre Landesarchäologie“ am Donnerstag, 3. November, 19.30 Uhr, jeweils im Archäologischen Schaufenster Speyer, Gilgenstraße 13. Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, an Heiligabend und Silvester ist sie geschlossen. |cei

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