Pirmasens Wohltat oder gutes Geschäft?

Müssen die 5,4 Millionen Euro an Fördergelder, die vom Land, dem Landkreis Südwestpfalz, der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland und der Stadt Dahn an die Investorengesellschaft Pro Objekt zur Umnutzung des leerstehenden Krankenhauses in ein Senioren- und Pflegeheim flossen, zurückgezahlt werden? Ja – meint die Hinterweidenthaler Eugeria GmbH. Der Betreiber des dortigen Seniorenparks klagt nämlich gegen die Förderung. Gestern war das Verwaltungsgericht Neustadt zum Ortstermin mit anschließender Verhandlung ins Haus des Gastes gekommen.

Um es zu vorweg zu nehmen: Eine Entscheidung ist nach rund viereinhalb Stunden nicht gefallen. Zu vielschichtig war der abzuarbeitende Fragenkomplex, zu unterschiedlich sind die Auffassungen beider Seiten. Und selbst wenn die Kammer vermutlich im nächsten Monat einen Beschluss gefasst hat, geht der Streit um die hohe Förderung mit öffentlichen Geldern weiter. Denn auch beim Europäischen Gerichtshof ist ein Verfahren in dieser Sache anhängig. Dessen Urteilskraft ist weitreichender. Im Kern geht es um die Frage, ob der städtebauliche Vertrag zwischen Stadt und Investor, der auch die finanzielle Förderung beinhaltet, der EU-Kommission zur Genehmigung hätte vorgelegt werden müssen. Ist dies der Fall, wovon der Kläger ausgeht, wäre der Vertrag nichtig und die Förderung müsste zurückgezahlt werden. Die Stadt meint, dass keine Entscheidung durch die EU notwendig gewesen sei, da es sich bei der neuen Nutzung um eine „Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse“ handelt, die zustimmungsfrei ist. Nur: Was genau diese zustimmungsfreie Dienstleistung ist, da gingen die Meinungen weit auseinander. Die Richterin ließ durchblicken, dass ihrer Meinung nach lediglich die Baumaßnahmen dazu zählen können. Denn um auch die Nutzung als Pflegeheim festzuschreiben – wie im städtebaulichen Vertrag zu dem Projekt geschehen – dazu habe die Stadt keine Kompetenz gehabt. „Diese Frage hat das Land dem Markt überlassen“, so Seiler-Dürr. Damit lag sie ganz auf Linie der Klägerseite. Hans Jung vom Seniorenpark Hinterweidenthal, gemeinsam mit seinem Bruder Martin Gesellschafter von Eugeria, sprach von einer „volkswirtschaftlich irrsinnigen Idee“, in einer Region, die statistisch ohnehin die meisten Leerstände in den Pflegeheimen habe, ein weiteres Pflegeheim einzurichten. Durch die hohe Förderung, die aus der Berechnung der Investitionskosten – ein Bestandteil des Pflegesatzes – herausgerechnet werde, könne der dortige Betreiber günstigere Preise verlangen, führte er aus. So liege SenVital aktuell bei grob gerechneten 11 Euro, sein eigenes Haus bei 15,44 Euro – und das, obwohl die Zimmer in der neuen Einrichtung in Dahn zwischen 50 und 100 Prozent größer seien als seine in Hinterweidenthal. Das sei eine massive Form der Wettbewerbsverzerrung – und wirke sich bereits in Belegungszahlen aus. Im zweiten Halbjahr 2013 verzeichnete er einen Rückgang von 96 auf 80 Betten. Sein Anwalt Hartmut Fischer (Kanzlei Rittershaus, Mannheim) hatte eine Vermutung: Man hatte in Dahn ein leerstehendes Haus und eine Zusage des Landes über fünf Millionen Euro – „dann hat man nach einem Weg gesucht, wie man das hinbekommt“. Und da das Land seine Richtlinien geändert hatte und keine stationären Pflegeeinrichtungen mehr fördert, „musste man den Weg über die Städtebauförderung gehen“, die nur „Vehikel“ zur Umsetzung des Projekts gewesen sei. „Hier wurde eine Wohltat suggeriert. Aber war es eine Wohltat – oder ein Geschäft?“ Das bestritt die Gegenseite. Man habe nicht nach einem Betreiber für ein Pflegeheim gesucht, sondern „in alle Richtungen“, erinnerte Matthias Brunner von Pro Objekt. Für das geplante Hotel habe man aber keine Betreiberkette gefunden und auch im Pflegebereich sei SenVital – nach Absagen etwa von Casa Reha und der Diakonie – das einzige Unternehmen gewesen, das bereit war, einen Pachtvertrag unter den gegebenen Konditionen zu unterschreiben. Das Haus selbst habe erhebliche Mängel aufgewiesen, fügte sein Kompagnon Uwe Stegner hinzu. Es sei „unrealistisch“ gewesen, den vorherigen Eigentümer, das Institut St. Dominikus (Speyer), zu verpflichten, Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen, ergänzte Rechtsanwalt Jakob Steiff (Kanzlei CMS Hasche Sigle, Frankfurt). Ob die von der Stadt übernommenen Ordnungsmaßnahmen in diesem Umfang notwendig waren, stellte die Gegenseite in Frage. Auch Richterin Seiler-Dürr gab zu, hinter einige Maßnahmen „ein Fragezeichen gemacht“ zu haben. „Ein Abriss wäre vielleicht günstiger gewesen“, so ihre Einschätzung – was Verbandsbürgermeister Bambey verneinte. Begonnen hatte der Verhandlungstag mit einem Paukenschlag. Einrichtungsleiterin Monika Schmechel gestattete unter Hinweis auf die ansonsten zu großen Störungen für die Bewohner nur den direkten Prozessbeteiligten den Zutritt. Der Grundsatz der öffentlichen Sitzung werde durch die etwa halbstündige nichtöffentliche Beweisaufnahme nicht verletzt, so die Richterin. (hll)

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