Pirmasens Wiederaufbau und Wandel: Wie ein Strumpfladen Krisen übersteht

Geschäftsführer Peter Edrich im Traditionsgeschäft am Exe.
Geschäftsführer Peter Edrich im Traditionsgeschäft am Exe.

In der Schloßstraße von Pirmasens steht ein Geschäft, das nicht nur Strümpfe verkauft, sondern auch Geschichten erzählt. „Strumpf Fischer“ hat über ein Jahrhundert hinweg Krisen, Kriege und Modewechsel überstanden. Alles beginnt mit der Geschichte zweier Frauen, die jede Menge Mut, Überzeugungskraft und Pioniergeist bewiesen haben.

Im Jahr 1923 wagten Maria und Johanna Fischer den Schritt in die Selbstständigkeit. Während die Hyperinflation auf den Höhepunkt zusteuerte, gründeten die Schwestern in der Schuhstadt ein Strumpfgeschäft. Die beiden hatten die Zeichen der Zeit erkannt: In der Weimarer Republik herrschte nach dem Ersten Weltkrieg eine erstaunliche Freizügigkeit der Mode. Die Frauen verzichteten ganz selbstverständlich auf Korsetts, trugen tagsüber weite Männerhemden und abends kurze Röcke. Das hatte natürlich eine starke Nachfrage für elegante Strümpfe zur Folge. Das kleine Geschäft in der Schloßstraße, damals eine beliebte Flaniermeile für die Pirmasenser, wurde aller Krisen zum Trotz im Handumdrehen zu einer ersten Adresse für Strumpfwaren in der Horebstadt.

Nach Hitlers Machtergreifung zogen allerdings dunkle Wolken am Horizont auf. Als eines von wenigen Häusern in der Schloßstraße hatte das Ladengeschäft der Fischer-Schwestern den Bombenhagel zunächst noch unversehrt überstanden. Als jedoch am 15. März 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, erneut Bomben fielen, wurde das Haus komplett zerstört. Das historische Rückgebäude hingegen blieb verschont. Von dort aus trieben Maria und Johanna Fischer sofort nach Kriegsende den Wiederaufbau des Unternehmens voran. Umgeben von Trümmern und unter persönlichen Entbehrungen, aber voller Tatendrang und Optimismus gelang es dem Geschwister-Duo, auf den Ruinen ein repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus zu errichten.

Reparaturservice wird irgendwann eingestellt

1948 setzten sich die beiden erfolgreichen und inzwischen doch betagten Inhaberinnen zur Ruhe und verkauften das Einzelhandelsgeschäft an Karl Emmler, der in der Folgezeit das Strumpfsortiment um Dessous und Nachtwäsche erweiterte. Auch Emmler blieb die erste Adresse für Strümpfe in Pirmasens. Damals brachte man ja auch noch regelmäßig seine Strümpfe mit Laufmaschen zum Reparieren ins Geschäft. Ehefrau Annemarie, die 1994 nach dem Tod ihres Mannes das Geschäft übernahm, und heute mit 82 Jahren immer noch fast täglich im Laden anzutreffen ist, erzählt lächelnd: „Die Strümpfe wurden damals in Hinterweidenthal repariert und anfangs hat einer der Busfahrer die Reparaturware immer für uns mitgenommen. So sind wir immer zur Bushaltestelle vorn am Exe rüber gelaufen und haben die Strümpfe mitgegeben und wieder abgeholt. Später fuhr man dann natürlich mit dem Auto. Nachdem es dann mehr und mehr Strumpfhosen statt Strümpfe und Strumpfhalter gab, wurde irgendwann dieser Service eingestellt.“ Ebenfalls im Jahr 1994 stieg auch ihr Sohn Peter Edrich, der heutige Geschäftsführer, in das Traditionsunternehmen ein.

Die Inhaber setzen bis heute auf die Qualität fast ausnahmslos deutscher Marken. Das Geschäft in der Schloßstraße präsentiert sich heute hell, schlicht und modern. Nur der alte Schriftzug „Strumpf Fischer“ an der Eingangstür erinnert noch an früher. Das Strumpfsortiment ist schmal geworden. Dezente, klassische Farben ersetzen bunte Vielfalt. „Das Internet ist für uns keine Konkurrenz, denn nichts was wir hier verkaufen, gibt es da oder auch im Outlet günstiger“, erklärt Peter Edrich. 2001 wurde in der Schlossgalerie zusätzlich die Boutique „Hautnah“ eröffnet, wo vorwiegend Dessous verkauft werden.

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