Pirmasens Prozess am Amtsgericht: Wenn ein Nacktfoto zur Nebensache wird

Über Whatsapp soll der Angeklagte ein freizügiges Foto verschickt haben.
Über Whatsapp soll der Angeklagte ein freizügiges Foto verschickt haben.

Heftige Nebenkriegsschauplätze gab es am Montag in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Pirmasens. Es hätte der Stoff zu einem Wirtschaftskrimi sein können. Am Ende gab es einen Freispruch für den Angeklagten.

Angeklagt war ein 37-Jähriger Unternehmer aus der Baubranche – wegen Verstoßes gegen das Kunst-Urhebergesetz. Laut Anklage soll er am 17. August 2022 über Whatsapp einem anderen Mann auf sein Firmenhandy ein Nacktfoto einer Frau geschickt haben. Das Foto hatte deren Freund mit ihrem Einverständnis gemacht.

Dieser Vorwurf geriet am Montag fast zur Nebensache. Der Angeklagte erhob schwere Vorwürfe gegen die genannten Männer, seine ehemaligen Mitarbeiter. Der Verteidiger versuchte, von den Zeugen Informationen für eine Strafanzeige gegen sie wegen anderer Vorwürfe zu erlangen. Diese wiederum erhoben ihrerseits schwere Vorwürfe gegen den Angeklagten. Und die Richterin war sehr nachsichtig mit dem Verteidiger, auch wenn seine Fragen vom eigentlichen Thema weit abschweiften. Es gehe um die „Motivlage“ der Anzeigeerstatter, erläuterte er seine Beweggründe.

Angeklagter hat beide Mitarbeiter entlassen

Im Einzelnen: Der Angeklagte gab an, die beiden Mitarbeiter hätten als Finanzexperten Fördermittel für sein Unternehmen an Land gezogen. Aber einige Zeit später habe er festgestellt, dass der Geldbestand im Gegensatz zu den Umsätzen zurückgegangen war. Kunden hätten ihn angesprochen, dass sein Mitarbeiter ihn schlecht mache und Gerüchte über seine Firma streue. Und sein Businessplan sei im Besitz anderer Leute gewesen. Eine Überprüfung der Buchhaltung habe ergeben, dass etwas nicht stimme. Es sei deshalb der Verdacht entstanden, dass der Buchhalter private Ausgaben über das Firmenkonto bezahlt und in die Kasse gegriffen hätte. Deshalb habe er die beiden Mitarbeiter entlassen. Die hätten von ihm gefordert, dass er alles an eine bestimmte andere Firma abgeben solle. „Abgründe taten sich auf“, klagte der 37-Jährige.

Zum Anklagevorwurf konterte er: Der Mitarbeiter, also der Freund der Geschädigten, habe viele freizügige Fotos im Kollegenkreis herumgezeigt und verschickt. Er habe diesem Treiben schließlich Einhalt geboten. Der andere Mitarbeiter, dem er das fragliche Foto angeblich geschickt haben soll, habe überall Zugang gehabt. Und alle Mitarbeiter auf eine Firmen-App.

Mitarbeiter zeigen Ex-Chef an

Der Freund der Geschädigten teilte wiederum gegen seinen ehemaligen Chef aus: Der Kollege aus der Buchhaltung habe ihn informiert, dass Daten von seinem Handy gestohlen worden seien und ein Foto aufgetaucht sei. Der habe ihm einen Screenshot über seine Verläufe gezeigt. Seine Freundin habe er erst Monate später informiert. Das Foto sei vom privaten Handy des Chefs geschickt worden, behauptete er. Der Mann, wie der Angeklagte 37 Jahre alt, stritt ab, dass er zu Kunden Kontakt aufgenommen und den Angeklagten schlecht gemacht habe. Er stritt auch ab, anzügliche Fotos weitergeschickt oder herumgezeigt zu haben.

Der 55-jährige Ex-Buchhalter bekannte, dass er zusammen mit seinem Kollegen gegen seinen Ex-Chef Anzeige erstattet hatte, nachdem der ihm gekündigt hatte. Die Anzeige habe „von Steuerhinterziehung bis zu dem Bild gereicht“. Er habe die Frau seines Chefs gewarnt, dass die Kosten zu hoch seien, so würde die Firma bankrottgehen. Er habe der Frau auch offenbart, dass ihr Mann sie betrüge – bei gemeinsamen Etablissement-Besuchen. Danach sei er gekündigt worden. Sein Handy habe er auf dem Weg in den Urlaub verloren, Daten später aber wiederherstellen lassen können. Erst nach seiner Anzeige habe er seinem Kollegen das Bild geschickt, das er wiederum vom Angeklagten erhalten gehabt habe. Der Zeuge beschuldigte seinen Ex-Chef, private Rechnungen von seinem Facebook-Account gestohlen und als Firmen-Ausgaben verwendet zu haben. Der wiederum konterte, er habe private Rechnungen des 55-Jährigen physisch, also auf Papier, im Büro gefunden.

Im Zweifel für den Angeklagten

Die Richterin betonte, dass nicht nur der Angeklagte auf den Firmen-Account Zugriff hatte. Wie das fragliche Foto in die Firma gekommen sei, sei offen. Die Aussagen seien nicht widerspruchsfrei. Sie sprach den Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Kunst-Urhebergesetz frei. Der Geschädigten riet sie, solche Fotos im privaten Bereich nicht zu gestatten. Der Staatsanwalt hatte hingegen eine Geldstrafe von 2000 Euro (40 Tagessätze à 50 Euro) gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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