Pirmasens Musikalische Intelligenz statt Effekthascherei

91-72852200.jpg

Das hätte auch George Gershwin gefallen, wie das deutsch-belgische Trio „Sounds And Grooves“ am Freitag in der Kirche St. Martin in Großbundenbach vor allem die jazzige Substanz seiner Songs zum Vorschein gebracht hat. Das gut besuchte Konzert war für dieses Jahr die letzte Veranstaltung im Rahmen des Festivals Euroclassic in der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land.

Jahr um Jahr verfestigt sich der Eindruck, dass es vor allem die kleineren Orte sind, wo sich das Festival Euroclassic von seiner inspirierendsten Seite zeigt. Oft intime, ja höchst originelle Spielstätten wie jetzt die Kirche St. Martin in Großbundenbach haben eine Ausstrahlung, die für Zuhörer wie Musiker den Konzerten das Moment des Besonderen über die reine Darbietung hinaus mitgeben. Auch die aus Belgien stammende Sängerin Hilde Vanhove und ihre deutschen Begleiter Michael Kotzian am Klavier und Stefan Werni am Kontrabass haben sich vom Geist des Ortes stimulieren lassen. Es ist nun mal schon ein Unterschied zwischen der Coolness eines Jazzclubs und der doch strengen Kühle eines Kirchenraums. Das Trio hat das auf sich wirken lassen und den vielgespielten Gershwin-Songs einen neuen, aufregenden Impuls mitgegeben. Die aufschlussreichen Conférencen von Hilde Vanhove mit vielen Informationen zu den Songs wurden sehr dankbar aufgenommen.Es ist nur vordergründig eine Banalität, wenn man mit Freude darauf hinweisen darf, dass man es bei „Sounds And Grooves“ mit einer Band zu tun hat, in der die Musiker aufeinander hören. Viel zu oft hat man es – auch bei Jazzern – mit musikalischen Erbsenzählern zu tun, die stoisch an ihren Noten kleben statt sich auf ihre Kollegen, die Musik und das Publikum einzulassen. Es trifft auch nicht wirklich zu, dass Piano und Kontrabass lediglich die Begleitung für ihre Sängerin lieferten. Das waren drei Solisten, die so selbstbewusst sind, dass sie sich ganz der Musik unterordnen können. Auch das ist selten. Noch seltener ist aber eine Jazz-Sängerin wie Vanhove, die tatsächlich jazzig und nicht wohltemperiert intoniert, die ihren Melodien jene aufreizende Reibung mitgibt, von der guter Jazzgesang eigentlich lebt. Vanhove fühlt sich besonders in den unteren Registern wohl und lässt bei den tiefen Tönen ein angenehm langsames Vibrato in ihre Alt-Stimme einschwingen. Dabei widersteht sie der Versuchung, Gershwin-Songs als aufgedonnerte Show-Tunes zu geben – man denke nur an „Summertime“ oder „It Ain’t Necessarily So“. Stattdessen kommen bei ihr Emotion und Groove aus einem tiefen, höchst intelligenten Verständnis für die Musik. Kein Ton ist nur auf Effekt gebürstet, jede Note und Phrasierung hat ihre Begründung in der Musik selbst. Das ist so erfrischend wie großartig. In übertragenem Sinne gilt das auch für Michael Kotzian am Klavier und Stefan Werni am Kontrabass. Werni beispielsweise spielt tatsächlich Bass, lässt die tiefen Töne summen und brummen, slapt bisweilen perkussiv, versteigt sich aber nie in die Unsitte, den Kontrabass als etwas sperriges Cello zu verstehen. Vor allem aber beherrscht er die hohe Kunst des musikalischen Webens, wenn er mit dem Pianisten interagiert. Sein melodienseliges Spiel ist nie nur Ergänzung sondern Weiterung dessen, was vom Piano kommt. Michael Kotzian – so sehr er auch richtig gut groovt und einem Bossa-Rhythmus viel Feuer abgewinnen kann – ist ein echter Klangmeister, keiner der seine Kadenzen und Akkord-Umkehrungen nur nach harmonisch-funktionalen Gesichtspunkten arrangierte, sondern immer dem Sound und der Stimmung nachhört. Am ohrenfälligsten wurde das bei der nur von Piano und Bass gespielten Nummer „My Man“s Gone Now“ wo er der Manier von Keith Jarrett folgt. Mit einer Zugabe – „La vie en rose“ von Édith Piaf – bedankte sich die sympathische Band bei ihrem aufmerksamen Publikum.

x